Für Unternehmen, die in Europa Medizinprodukte registrieren lassen, dürften die Verordnungen über Medizinprodukte (MDR) und In-vitro-Diagnostika (IVDR) die Messlatte für Produktsicherheit und Funktion höher legen und gleichzeitig auch eine Reihe von Fragen aufwerfen. Die Verordnungen werden dazu führen, dass Medizinprodukte-Unternehmen Entwicklung und Marketing ihrer Produkte in Europa völlig neu gestalten müssen.
Gemäß MDR müssen Medizinprodukte-Unternehmen nun die klinische Leistung messen und klinische Daten auch nach der Markteinführung sammeln. Die IVDR verlangt, dass auch Entwickler von Diagnostika weiterhin Nachweise für einen klinischen Nutzen sammeln, und ändert Klassifikationen, die die Verlängerung der Produktzertifizierung betreffen. Außerdem benötigen gemäß der IVDR rund 80 % der In-vitro-Diagnostika erstmals eine CE-Zulassung. Bisher traf das nur auf rund 20 % der Produkte zu.
Aufgrund der Kosten, die mit dieser Gesetzeskonformität verbunden sind, könnten diese Verordnungen erhebliche Auswirkungen auf die Produktportfolios großer wie auch kleiner Medizinprodukte-Unternehmen haben. So könnten Unternehmen beispielsweise je nach den Kosten, die für das Sammeln klinischer Nachweise anfallen, entscheiden, ob es sinnvoller ist, Bestände zu veräußern oder in die vorgegebenen Produktumstellungen zu investieren.
Zudem könnten die MDR und IVDR den Marktzugang beeinflussen. Studien prognostizieren mögliche drastische Auswirkungen auf die Anzahl der in Europa in fünf bis zehn Jahren verkauften medizinischen Technologien, da Unternehmen evaluieren, ob die Investitionen, die für verordnungskonforme Geräte erforderlich sind, auf Basis der aktuellen und künftigen Produktverkäufe gerechtfertigt sind.
Schließlich stehen die Benannten Stellen – die über 50 Stellen in ganz Europa, die die Konformitätsbewertung durchführen und staatlich autorisiert sind, Produktezertifizierungen zu erteilen – unter massivem Druck. Als Folge der MDR und IVDR müssen sie Zehntausende Medizintechnologien prüfen. Ein potenzieller Mangel an Benannten Stellen, die CE-Zulassungen erteilen können, hat möglicherweise eine Einschränkung von Produktzulassungen zur Folge.
Während die Kosten der Umsetzung der MDR und IVDR unabhängig von der Größe des Herstellers signifikant sind, stellen sie für kleinere Unternehmen eine besondere Herausforderung dar. Der für die Gesetzeskonformität erforderliche Aufwand ist so groß, dass es für kleinere Medizinprodukte-Unternehmen schwierig sein könnte, ihn zu bewältigen. Diese kleineren Unternehmen sind die Lebensader der Innovation. Als Branche müssen wir darauf achten, Mechanismen zu entwickeln, die ihnen die notwendige Unterstützung zukommen lassen, um die richtige klinische Evidenz für weitere Produktregistrierungen zu dokumentieren.
Die MDR und IVDR stellen Medizinprodukte-Unternehmen jedoch nicht nur vor Herausforderungen, sie schaffen auch Möglichkeiten. Im Rahmen der neuen Verordnungen wird es durch Kontrollsysteme schneller und einfacher möglich sein, konkrete Probleme mit Produkten auf dem Markt zu erkennen. Letztlich stärken solche Daten die öffentliche Wahrnehmung der sogenannten CE-Kennzeichnung und der Medizinprodukte-Branche insgesamt.
Tatsächlich spielt die Stärkung des Registrierungsprozesses eine wesentliche Rolle, wenn Medizinprodukte-Unternehmen Vertrauen zu Regulatoren, Ärzten und Patienten aufbauen wollen. Diese neuen Verordnungen bieten eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Reputation der Medizinprodukte-Branche in puncto Qualität und Innovation zu unterstreichen.