Kommt es im Rahmen eines operativen Eingriffs zu einer Blutung, so wird das verlorene Blutvolumen primär meist mit azellulären Lösungen ersetzt. Ziel ist die Aufrechterhaltung einer Normovolämie. Folge dieses Vorgehens ist eine Verdünnung sämtlicher Blutbestandteile, eine sogenannte Hämodilution mit konsekutiver Anämie. Diese Anämie kann bis zu einem gewissen Ausmaß vom Organismus toleriert werden. Überschreitet die Anämie allerdings die Kompensationsgrenzen des Organismus, droht eine generalisierte Gewebehypoxie. Um dies zu vermeiden, wird vor Erreichen dieser Gewebehypoxie mit der Transfusion von allogenen Blutkonserven begonnen.
Was vordergründig wie die logische Abfolge einzelner therapeutischer Schritte klingt, ist in Wahrheit ein entscheidender Baustein für ein erfolgreiches perioperatives Outcome. In den letzten Jahren konnte vielfach gezeigt werden, dass sowohl das Ausmaß der perioperativen Blutung, das Ausmaß der perioperativen Anämie wie auch die Anzahl der transfundierten Blutprodukte unabhängige Risikofaktoren für perioperative Morbidität und Mortalität sind. Das Ziel eines ganzheitlichen therapeutischen Ansatzes kann also nicht sein, einen der drei Risikofaktoren dadurch zu reduzieren, dass man einen anderen billigend in Kauf nimmt, sondern es muss im Rahmen einer Operation immer darauf geachtet werden, dass sowohl die Blutungsmenge als auch das Auftreten einer Anämie und die Transfusion von Fremdblut so weit wie möglich reduziert werden.
Was auf den ersten Blick drei konkurrierende Ziele sind, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als extrem wirkungsvolle Möglichkeit, Morbidität und Mortalität eines operativen Eingriffs zu verbessern. Die Kombination der einzelnen Maßnahmen, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann, wird seit 2007 als „Patient Blood Management“ (PBM) bezeichnet. Das Konzept besteht aus drei Säulen: der Optimierung des Erythrozytenvolumens, der Minimierung des Blutverlusts und der Ausnützung der Anämietoleranz mit strenger Indikationsstellung zur Transfusion.
Während die zweite und die dritte Säule an vielen Krankenhäusern bereits in unterschiedlichem Ausmaß etabliert sind, wird die erste Säule nur relativ selten regelhaft umgesetzt. Grund ist die notwendige Umstrukturierung des Prozesses der Patientenvorbereitung auf den Eingriff. Die präoperative Optimierung des Erythrozytenvolumens setzt nämlich voraus, dass für die notwendigen Untersuchungen ein angemessener Zeitrahmen von bis zu vier Wochen vor dem Eingriff zur Verfügung steht. Allerdings ist die frühzeitige Detektion einer präoperativen Anämie wahrscheinlich eine der wichtigsten und effektivsten Maßnahmen des PBM.