Es ist nicht immer einfach, zwischen Hautveränderungen, die in der perinealen Region durch Harn oder Stuhl entstehen, und Hautläsionen, die durch Druck oder Scherkräfte ausgelöst werden, zu differenzieren. Beckman et al. (2010) ließen 1.217 Pflegepersonen 20 Fotos (Dekubitus, IAD, gemischte Läsionen) beurteilen. Es gab insgesamt nur 44,5 % korrekte Einschätzungen. Die Verwechslung führt dazu, dass eine nicht geeignete lokale Versorgung zur Anwendung kommen kann. Überdies kommt es zu einer Verfälschung der Daten bei Prävalenz- und Inzidenzstudien.
Nach der internationalen Definition von EPUAP (European Pressure Ulcer Advisory Panel) und NPUAP (National Pressure Ulcer Advisory Panel) aus dem Jahr 2009 wird ein Dekubitus als eine lokal begrenzte Schädigung der Haut oder des darunterliegenden Gewebes, in der Regel über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder von Druck in Kombination mit Scherkräften definiert. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, die tatsächlich oder mutmaßlich mit Dekubitus assoziiert sind, deren Bedeutung aber noch zu klären ist.
Die inkontinenzassoziierte Dermatitis ist eine lokale oberflächliche Hautentzündung, die durch Exposition mit Harn oder Stuhl, chronische Belastung mit Feuchtigkeit, Reibung und okklusiven Inkontinenzversorgungen entsteht (Gray et al., 2007; Hoggarth et al., 2005). Die IAD kann den feuchtigkeitsassoziierten Hautschäden (Moisture-associated skin damage, MASD) zugeordnet werden.
Für die Risikoeinschätzung und Differenzierung wurde von Steininger und Jukic-Puntigam (2012) das „Incontinence-Associated Dermatitis Intervention Tool – IADIT“ (Junkin, 2008) für den deutschsprachigen Raum übersetzt und modifiziert. Differenziert wird in drei Schweregrade: beginnende, mäßige und schwere inkontinenzassoziierte Dermatitis. Besonders die beginnende inkontinenzassoziierte Dermatitis kann sehr leicht mit dem Dekubitus Kategorie 1 und die schwere IAD mit dem Dekubitus Kategorie 2 verwechselt werden. Um das Problem der Differenzierung in den Griff zu bekommen, werden Schulungen durch Experten und eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit empfohlen. In jeder Institution sollten Pflegepersonen mit speziellen Qualifikationen in den Bereichen Inkontinenz, Wunde und Haut vorhanden sein, die für die Beurteilung und Versorgung von Hautläsionen und für die Koordinierung der interdisziplinären Zusammenarbeit zur Verfügung stehen.
Für Mitarbeiter in der Pflege und auch für Ärzte sollten spezielle interdisziplinäre Fortbildungen angeboten werden und auch in der Ausbildung sollte intensiver auf die Themen inkontinenzassoziierte Dermatitis und Dekubitus eingegangen werden. Um diesem wachsenden Problem und dem damit verbundenen Fortbildungsbedarf gerecht zu werden, hat beispielsweise die Pflegewerkstatt OG ein neues Fortbildungskonzept entwickelt und bietet spezielle Inhouse-Seminare zu den Themen Hautpflege, Hautschutz, Dekubitus und IAD an.