Digitale Gesundheitsanwendungen in der Erstattung

Apps auf Rezept sind innovativ und können dem Gesundheitssystem zahlreiche Vorteile bieten. Doch wie gut ist ihre Qualität tatsächlich und wie werden sie genutzt? Diesen konkreten Beitrag zur Gesundheitsverbesserung der in Deutschland erstattungsfähigen DiGA hat der aktuelle Report der Techniker Krankenkasse (TK) unter die Lupe genommen und greift auf einen umfassenden Erfahrungspool zurück. Die TK ist Deutschlands größte Krankenkasse mit insgesamt 11,4 Millionen Versicherten, 1,5 Millionen allein in Bayern. Aufgrund eines attraktiven Beitragssatzes ist die Zahl der Mitglieder allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 250.000 angestiegen.

Fünf Blockbuster-Apps

Seit Oktober 2020 können in Deutschland DiGA auf Rezept verschrieben werden und unterstützen eine flächendeckende, digitale Patientenversorgung. Alle an der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten können DiGA verordnen. Der Weg in die Erstattung wurde bewusst niederschwellig gestaltet: Hersteller können ihre Preise im ersten Zulassungsjahr selbst festsetzen und eine Erprobungsregel ermöglicht das Erbringen des Nutzennachweises nach Eintritt in die Versorgung. Bis Ende Juni 2023 wurden etwa 86.000 Freischaltcodes an knapp 69.000 der insgesamt 11,1 Millionen TK-Versicherten ausgegeben, dies entspricht knapp 0,6 Prozent. Bis zum 30. September 2023 haben insgesamt 55 DiGA das Fast-Track-Verfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchlaufen und Eingang in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung gefunden. Die Hälfte aller Anträge bezieht sich auf fünf Indikationsgebiete: Rückenschmerzen, Knie und Hüfte, chronischer Tinnitus, Adipositas sowie Ein- und Durchschlafstörungen.

Der sogenannten Erprobungsregelung kommt ein besonderer Stellenwert beim niederschwelligen Zugang zu: Vier von fünf Anwendungen wurden vorläufig in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen, der patientenrelevante Nutzen muss erst nach Eintritt in die Regelversorgung nachgewiesen werden. Sechs der ursprünglich zur Erprobung zugelassenen Apps wurden aufgrund eines fehlenden Nutzennachweises wieder aus dem Verzeichnis gestrichen. Sieben weitere Anwendungen haben ihren Nutzen nur in Teilen nachweisen können. Nur 13 der bislang 21 abgeschlossenen Erprobungsphasen endeten mit einem vollständigen Nutzennachweis.

Im Schnitt wurden die DiGA 528 Tage voll erstattet. Die verlängerten Erprobungen bei gestrichenen DiGA sind unter der Maßgabe einer evidenzbasierten und wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung ein Problem. Zudem machen sie deutlich, dass eine verlässliche Prognose des Nutzennachweises in der Regel kaum möglich ist.

Die frei festgesetzten Herstellerpreise sind seit Einführung der DiGA von anfangs 418 Euro auf aktuell rund 549 Euro gestiegen. Die Analysen zeigen, dass diese Preisentwicklung bislang nur wenig durch die Höchstbetragsregelung gebremst wurde. Mit durchschnittlich 595 Euro liegen die Herstellerpreise zur Erprobung gelisteter DiGA rund 36 Prozent über dem Herstellerpreisniveau von Anwendungen, die ihren Nutzen bereits nachgewiesen haben.

Machen Apps gesünder?

DiGA sollen aktiv auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes von Patienten hinwirken und Versorgungslücken schließen sowie bestehende Versorgungsprozesse optimieren. Sie müssen nicht nur Vorgaben zur Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität und Datensicherheit einhalten, sondern auch ihren patientenrelevanten Nutzen evidenzbasiert nachweisen. Das umfasst sowohl den medizinischen Nutzen als auch sogenannte patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen in der Versorgung. Damit sollen auch positive Auswirkungen auf die Koordination von Behandlungsabläufen, die Adhärenz oder die Gesundheitskompetenz der Versicherten abgedeckt werden. Inwieweit das gelungen ist, kann im TK-Report derzeit nur ansatzweise festgestellt werden und erfordert weitere Analysen. Gezeigt wird aber deutlich, dass DiGA-Nutzer meist bereits stark in ambulante Behandlungsprozesse eingebunden sind und häufig Ärzte aufsuchen. DiGA werden schon früh im Krankheitsverlauf eingesetzt und könnten damit ein durchaus systementlastendes Potenzial aufweisen: Bei rund einem Drittel der Patienten wurde die relevante Erstdiagnose innerhalb von drei Monaten vor der Nutzung dokumentiert.

Verschreiber verhalten

Aktuell werden 82 Prozent der DiGA-Nutzungen von Ärzten verschrieben. Insgesamt haben aber nur knapp zwölf Prozent der an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten wenigstens eine DiGA an TK-Versicherte verschrieben. Die Mehrheit der Verschreibenden zeigt sich noch zurückhaltend.

Alle bisherigen Apps weisen ihren Nutzen auf Basis von randomisierten kontrollierten Studien, dem Goldstandard der klinischen Forschung, nach, dennoch ist die Qualität der Evidenz umstritten und Kritik wird vor allem an der Methodik geübt. Die Daten der TK-Analyse zeigen, dass derzeit rund zwei Drittel aller Nutzer bestätigen, dass die App zu ihrem Behandlungserfolg beigetragen hat.