Die Digitalisierung und insbesondere der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) verändern das Gesundheitssystem maßgeblich und erfordern nicht nur eine technologische, sondern vor allem eine strukturelle Neuausrichtung.
„Österreichische Gesundheitseinrichtungen zeigen bereits beachtenswerte Fortschritte und eine zunehmende Bereitschaft, digitale Lösungen in den Dienst des Menschen zu stellen“ – so lautet das Ergebnis der zweiten Ausgabe der Studie „Das österreichische Gesundheitswesen: digital.ambulant.stationär“, das vom Beratungsunternehmen KPMG in Zusammenarbeit mit SOLVE Consulting durchgeführt wurde. Im Zeitraum von November 2023 bis Februar 2024 wurden rund 190 Vertreterinnen und Vertreter des österreichischen Gesundheitswesens befragt, darunter Krankenhäuser, deren Betriebsgesellschaften, Sanatorien, Rehabilitationskliniken und -zentren, Organisationen der Langzeitpflege, Gesundheits- und Diagnosezentren, Sozialversicherungsträger, Dachverband-Organisationen sowie Vereine, die einen Schwerpunkt im Gesundheitsbereich haben.
Mensch und Maschine
„Die digitale Transformation gestaltet die Schnittstellen der Patientenversorgung neu und rückt eine effiziente, datengestützte Koordination in den Mittelpunkt. Vor allem KI wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen, sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich, in naher Zukunft enorm beschleunigen“, sagt Kathrin Bruckmayer, Partnerin bei KPMG und Expertin für Digitalisierungsthemen im Gesundheitsbereich.
Das größte Potenzial von KI sehen Organisationen im Gesundheitssektor in den kommenden fünf Jahren laut Studie in der Optimierung von Ressourcen, Prozessverbesserungen und in der Steigerung der Geschwindigkeit bei der Diagnose und Behandlung. Besonders die Automatisierung von Routineaufgaben, um dadurch sowohl die Arbeitsbedingungen des Personals zu verbessern als auch die Patientenbetreuung zu optimieren, stehen im Fokus für die Anwendung von KI-Systemen. „Um das volle Potenzial zu nutzen müssen Patientinnen, Patienten und Health Professionals in die Entwicklung und Implementierung einbezogen werden. Die Gesundheitsversorgung bleibt eine zutiefst menschliche Angelegenheit, wenn auch mit digitaler Unterstützung“, ist Magdalena Sattelberger, Geschäftsführerin von SOLVE Consulting, überzeugt.
Querschnittsaufgabe als Herausforderung
Zwar liegt die Digitalisierung mit 51 Prozent nach wie vor fest in der Hand der IT-Abteilungen als hauptverantwortliche Stelle, doch auch dem Fachbereich wird immer mehr Verantwortung zugesprochen. 20 Prozent der Befragten sehen die Verantwortung für die digitale Transformation in ihrer Organisation wiederum noch gar nicht geregelt. „Digitalisierung geht über den rein technologischen Fokus hinaus und kann nur gelingen, wenn sie nicht isoliert als IT-Thema betrachtet wird. Vielmehr ist die digitale Transformation eine Querschnittsaufgabe, die tief in die Strukturen und Abläufe des gesamten Unternehmens eingreift, ein Zusammenspiel aus technischen Möglichkeiten, organisatorischen, strategischen Herausforderungen und menschlichen Faktoren“, so Bruckmayer.
Essenziell für die erfolgreiche Implementierung von Digitalisierung ist auch ein klares Bekenntnis der Führungsebene zu einer Digitalisierungsstrategie. Knapp die Hälfte der Organisationen (49 Prozent) hat bereits eine Digitalisierungsstrategie etabliert, etwa ein Fünftel (22 Prozent) gibt an, dass eine solche Strategie derzeit ausgearbeitet wird.
Komplexe IT und zögerliche Akzeptanz
Den ersten Platz bei den größten Herausforderungen der Digitalisierung nehmen mit 68 Prozent weiterhin die Komplexität der IT-Strukturen und die damit verbundenen Schnittstellen ein, gefolgt von internen Hürden: Beinahe die Hälfte (48 Prozent) der Befragten sieht die Akzeptanz neuer Strukturen und Prozesse als Herausforderung an und 39 Prozent nennen fehlendes Know-how. „Um die Akzeptanz zu steigern und die Vorteile der Digitalisierung voll ausschöpfen zu können, benötigt es spezialisierte Fähigkeiten und begleitende Maßnahmen wie Schulungen, Kommunikationsmaßnahmen und strukturierte Veränderungsbegleitung“, sagt Sattelberger.
Mit 66 Prozent ist die Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Großteil der Befragten die Hauptantriebskraft. Das unterstreicht die zunehmende Bedeutung wirtschaftlicher Aspekte im Gesundheitssektor. An zweiter Stelle nennt mehr als die Hälfte (53 Prozent) die Steigerung der Prozesseffizienz, gefolgt von der Verbesserung der Patientensicherheit mit 39 Prozent. Vermehrt in den Fokus rückt die Dringlichkeit, digitale Lösungen zu entwickeln, die nicht nur die Arbeitsbelastung reduzieren, sondern auch die Attraktivität der Arbeitsplätze steigern und damit den herrschenden Personalmangel entschärfen.