„Die heutige Datenlage zeigt eindeutig, dass eine Drainagelegung in der Viszeralchirurgie keine Vorteile mit sich bringt. Diese Aussage ist für alle Organsysteme mit dem höchsten Evidence-Level belegt“, betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Klaus Emmanuel, Leiter der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz. Eine Besonderheit, so der Experte, besteht bei der Bauchspeicheldrüse: Hier besagt die Datenlage, dass eine Drainage, die länger als drei Tage verbleibt, mehr Komplikationen verursachen kann. „Natürlich liegt es nach wie vor im Ermessen des Operateurs, ob er die Bauchhöhle drainiert oder nicht. Aufgrund der Datenlage ist allerdings als evidenzbasiert anzusehen, dass man auf viele Drainagen verzichten könnte bzw. diese eventuell sogar negative Auswirkungen nach sich ziehen können. Das heißt: Jeder Chirurg sollte bei einem Eingriff in Erwägung ziehen, ob die Drainage wirklich notwendig ist“, betont Emmanuel.
Geschichtlich begründete Routine
Die häufige Anwendung einer Drainage in der heutigen Chirurgie ist geschichtlich begründet. Die Methode kommt bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz, um Wundflüssigkeiten zu entfernen. Zudem wurde sie früher dafür benutzt, rechtzeitig feststellen zu können, ob eventuell Nachblutungen in der Bauchhöhle auftreten. „Aufgrund der heutigen Techniken, die sich in den letzten zehn bis 15 Jahren deutlich weiterentwickelt haben, treten Nachblutungen jedoch seltener auf. Auch Nahtinsuffizienz ist aufgrund moderner Materialien viel seltener ein Problem als noch vor einigen Jahren. Hochauflösende Computertomografie ermöglicht zudem eine ausgezeichnete Überwachung des Bauchraums – auch in Hinblick auf Nachblutungen. Aus all diesen Gründen ist eine Drainage nicht mehr zwingend notwendig. Sie sollte daher auch nicht aus reiner Routine gesetzt werden, sondern nur wenn ein deutige Gründe dafür sprechen“, so Emmanuel abschließend.