Europa verfügt derzeit über 57 Benannte Stellen, bisher haben lediglich zwei davon die neuen Vorgaben der EU-Verordnungen tatsächlich erfüllen können – eine davon hat ihren Sitz in Großbritannien und wird möglicherweise den heimischen Firmen bald nicht mehr zur Verfügung stehen. Salvatore D’Acunta, Head of Unit Health Technology and Cosmetics – European Commission, sieht die Entwicklung gelassen, denn die wenigen Zulassungsstellen stocken ihr Personal um 25 bis 50 % auf. Woher also die Angst, dass es eng werden könnte? Die AUSTROMED als Interessensvertretung der heimischen Medizinprodukteunternehmen hat das Thema der „Benannten Stellen“ schon lange am Radar: Strengere Vorschriften führen dazu, dass mehr Produkte als bisher den Prozess durchlaufen müssen. Gleichzeitig stehen weniger Stellen dafür zur Verfügung, denn sie können oder wollen die hohen Anforderungen nicht erfüllen. Es braucht kein großes politisches Gesamtverständnis, um eine einfache Rechnung anzustellen, dass sich das nicht ausgehen kann. Längere Wartezeiten sind vorprogrammiert – das wird zulasten der Patienten gehen, die nicht rechtzeitig mit den Medizinprodukten versorgt werden können.
Aktuell erfreulich ist, dass das im Dezember 2018 neu gegründete Unternehmen QMD Services am 17. Juni 2019 den Antrag auf Benennung als Konformitätsbewertungsstelle nach der Medizinprodukteverordnung MDR (Verordnung (EU) 2017/745) bei der österreichischen Behörde eingebracht hat. Eine Einreichung nach IVDR ist in Vorbereitung. Was nun folgt, ist ein langwieriger Zulassungsprozess unter Mitwirkung der EU-Kommission. Die Dauer kann aus heutiger Sicht noch nicht abgeschätzt werden.
Immerhin will D’Acunta „gemeinsam eine pragmatische Lösung“ finden – wir sind dabei! Die AUSTROMED begrüßt alle Regelungen, die auf Sicherheit und Qualität abzielen, jedoch müssen sie umsetzbar sein. Die Zeit ist reif, dass wir uns europaweit endlich für praxisorientierte Lösungen einsetzen, damit das Gesundheitswesen handlungsfähig bleibt. Erst kürzlich haben die Wirtschaftslandesräte erneut ihre Forderung bekräftigt, dass Österreich dringend eine eigene, vollwertige Benannte Stelle braucht. Vorarbeiten sind im Gange und wir hoffen auf ein positives Ergebnis. Wir wissen, dass die Rechtslage nicht mehr verändert werden kann, aber wir wissen auch, dass bei der Ausgestaltung der Umsetzung dieser komplexen Materie noch viele Fragen offen sind. Die AUSTROMED hat das Potenzial, mitzugestalten und zu raschen und unbürokratischen Lösungen zu verhelfen – zum Wohl der Patienten und zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich.
Mag. Philipp Lindinger,
AUSTROMED Geschäftsführer
Gerald Gschlössl,
AUSTROMED Präsident