Der europäische Gesundheitssektor steht vor der Herausforderung, digitale Innovationen in den Alltag der Patientenversorgung zu integrieren und gleichzeitig die unterschiedlichen Systeme der Mitgliedstaaten miteinander zu vernetzen. Vor allem die Corona-Pandemie hat die Bedeutung von digitalen Lösungen im Gesundheitswesen noch einmal verdeutlicht und das öffentliche Interesse an diesem Thema verstärkt. E-Health-Lösungen wie Telemedizin, elektronische Rezepte und Fernüberwachung von Patientinnen und Patienten wurden plötzlich unverzichtbar, um die medizinische Versorgung auch während der Lockdowns sicherzustellen. Laut einer 2023 veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage zum digitalen Jahrzehnt erwarten 76 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger, dass digitale Technologien bis zum Jahr 2030 einen entscheidenden Einfluss auf den Zugang zu und die Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten haben werden. Künstliche Intelligenz (KI) wird dabei eine zentrale Rolle spielen, zum Beispiel bei der Diagnose von Krankheiten oder der individuellen Patientenversorgung.
Die Europäische Union hat für die Jahre 2014 bis 2020 und 2021 bis 2027 rund 16 Milliarden Euro für die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorgesehen. Diese Mittel wurden über verschiedene Programme zur Kohäsionspolitik (2,4 Milliarden Euro) und im Rahmen der Corona-Wiederaufbauhilfe (13,6 Milliarden Euro) bereitgestellt. Zwar liegt die Verantwortung für das Gesundheitswesen nach wie vor bei den einzelnen Mitgliedstaaten, doch die Union kann durch unterstützende Maßnahmen wie die Bereitstellung von finanziellen Fördermitteln oder die Festlegung unverbindlicher Ziele einen wichtigen Beitrag leisten, um den digitalen Wandel im Gesundheitswesen maßgeblich voranzutreiben.
Verfolgt werden die Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens von der EU-Kommission im Rahmen des „Politikprogramms 2030 für die digitale Dekade“. Anhand der zwei Hauptquellen – des „eGovernment-Bench-marks“ und des „eHealth-Indikators“ – werden den Mitgliedstaaten Punkte zugewiesen. Da sich die beiden Indikatoren jedoch in Umfang und Methodik unterscheiden, sind sie eigentlich nicht vergleichbar. Die Prüferinnen und Prüfer haben in diesem Zusammenhang mehrere Mängel festgestellt, etwa was die Bewertungsmethode sowie die Genauigkeit der Informationen angeht.
„Aus diesem Grund haben wir bei der Darstellung unserer Ergebnisse der beiden Überwachungssysteme die Mitgliedstaaten nicht anhand einer kombinierten Punktezahl eingestuft, sondern bewertet, ob sie bei jedem Indikator über oder unter dem EU-Durchschnitt lagen“, berichtet Elvinger. Österreich liegt dabei leicht über dem EU-Durchschnitt.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens in der EU hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht, doch es bleiben noch viele Herausforderungen. Die finanziellen Mittel, die der EU zur Verfügung stehen, sind sicherlich ein wichtiger Schritt, um die Digitalisierung voranzutreiben. Doch die bürokratischen Hürden und die mangelnde Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren erschweren den erfolgreichen Einsatz dieser Mittel.
Der Europäische Rechnungshof hat daher einige Empfehlungen an die Kommission gerichtet. „Die Berichterstattung über den eGovernment-Benchmark und den eHealth-Indikator soll verbessert werden, indem die Grenzen, Unterschiede und die Komplementarität zwischen beiden klarstellt werden“, so Elvinger. Gleichzeitig soll die Öffentlichkeit besser über die Verwendung von EU-Mitteln für die Digitalisierung des Gesundheitswesens informiert werden, indem sie einen Überblick über die verschiedenen Finanzierungsprogramme auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten gibt.