Österreich ist in vielerlei Hinsicht ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Die hohe Innovationskraft, ein international geschätztes Berufsausbildungskonzept in Form der Lehre und die hohe Lebensqualität in Österreich sind die häufig genannten Vorteile. Für die Medizinprodukte-Branche stellt sich das Land als attraktiver Produktionsstandort mit hochwertiger Technologie, qualifizierten Fachkräften, moderner Infrastruktur und zentraler Lage in Mitteleuropa dar. Trotz dieser positiven Rahmenbedingungen ortet die Branche eine Reihe von Entwicklungen, deren Einfluss sich aktuell negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Dazu zählt beispielsweise das intransparente Refundierungs- und Zulassungssystem, das ineffizient und innovationshemmend ist. Es braucht messbare und objektive Qualitätskriterien sowie eine Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen bei Ausschreibungen.
Die Ausgaben der Medizinprodukte-Unternehmen für Forschung, Technologie und Innovation (FTI) sind hoch und werden künftig weiter steigen. Die Investitionsbereitschaft wird aber durch das hohe wirtschaftliche Risiko gedämpft, das durch die verschärften Anforderungen vonseiten der „Medical Device Regulation“ (MDR) sowie der „In Vitro Diagnostic Regulation“ (IVDR) auf die Betriebe zukommt. Die EU-Verordnungen schrauben die Anforderungen im Zulassungsprozess enorm in die Höhe, sodass neue Produkte entweder mit starker Verzögerung oder gar nicht mehr auf den Markt kommen werden. Das geht zulasten der Patienten, aber auch der Betriebe, der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes.
Innovationen bieten neue Möglichkeiten für eine hochwertige Patientenversorgung und mehr Lebensqualität der Bevölkerung. Sie verbessern auch die Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität und das Wachstumspotenzial in den Unternehmen. Das fehlende Risikokapital macht neben den intransparenten Erstattungsprozessen aber viele Anstrengungen der Unternehmen am Ende zunichte.
„Der stabile und qualitätsvolle Wirtschaftsstandort und seine Weiterentwicklung haben für uns hohe Priorität. Das wurde auch als zentraler Punkt im Regierungsprogramm festgehalten. Unser Ziel ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es unseren Wirtschaftstreibenden ermöglichen, im internationalen Wettbewerb zu reüssieren und gleichzeitig attraktiv für Betriebsansiedlungen aus dem Ausland zu sein“, sagt Dr. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Dass wir dabei auf einem guten Weg sind, aber noch ein paar Hausaufgaben zu machen haben, zeigt zum Beispiel der Fachkräftemangel, der sowohl im KMU-Bereich als auch in technologiebasierten Unternehmen ein zentrales Thema ist. „Mittlerweile sind bereits drei Viertel der Unternehmen stark vom Fachkräftemangel betroffen. Wir haben bereits verschiedene Maßnahmen wie etwa den Pakt zur Arbeitszeitflexibilisierung oder den Masterplan für Digitalisierung im Bildungswesen auf den Weg geschickt, um dieser Thematik entgegenzuwirken“, betont die Ministerin und ergänzt: „Ein weiterer, gerade für Start-ups wichtiger Punkt ist die Verfügbarkeit von Venture Capital. Während die Unternehmensgründung meist gut verläuft, stellt sich die Finanzierung von Expansionsplänen schwierig dar. Hier müssen wir ansetzen und auch in Zukunft daran arbeiten, den Zugang zu alternativen Finanzierungsformen zu ermöglichen.“
Bildung, Forschung und Innovation sind in einer hochentwickelten Volkswirtschaft wichtige Parameter für das Wirtschaftswachstum und die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Innovative Unternehmen wachsen schneller, sind krisenfester und erzielen höhere Exportquoten als andere Unternehmen. Dazu braucht es auch für Klein- und Mittelbetriebe einen niederschwelligen und transparenten Zugang zu Fördergeldern.
Dr. Margarete Schramböck Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort „Medizinprodukte helfen im Kampf gegen die aktuelle Corona-¬Krise. Von der persönlichen Schutzausrüstung für das medizinische Personal über Impfungen, an denen geforscht wird, bis hin zur Ausrüstung der Krankenhäuser und der niedergelassenen Ärzte. Es ist wichtig, dass wir diesen Faktor stärken, hier in Österreich mehr produzieren und in Österreich auch die Forschung weiter vorantreiben. Quelle: Videobotschaft im Rahmen der Online-Herbstgespräche der AUSTROMED, 25. 9. 2020 Foto: BMDW |
Prof. Dr. Martin Selmayr Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich „Die Europäische Kommission hat gemeinsame Beschaffungsverfahren von Schutzausrüstung gestartet, um die EU-Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, das benötigte Material rechtzeitig und in ausreichendem Umfang bereitstellen zu können. Gemeinsam haben die 27 Mitgliedstaaten schließlich eine weit größere Marktmacht als jedes Land für sich alleine. Zudem wurde eine COVID-19-Clearingstelle für medizinische Geräte eingerichtet. Ziel ist es, Nachfrage und Angebot auf EU-Ebene abzustimmen. Auf Initiative der Kommission wurden auch europäische Standards für Medizingeräte und Schutzausrüstung frei verfügbar gemacht.“ Foto: EU/Etienne Ansotte |
Damit der Standort Österreich nach wie vor seine Attraktivität behält, bemüht sich die AUSTROMED intensiv um einen Schulterschluss der wichtigsten Stakeholder der Branche. Mit der neu gegründeten „Plattform Medizinprodukte“ wird der Gesamtprozess eines Medizinproduktes von der Entwicklung über die lebendige Start-up-Szene bis hin zur Erstattung und Markteinführung im Hinblick auf die Anforderungen der neuen EU-Verordnungen transparent abgebildet. Die Partner der Plattform sind Angehörige von universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Gesundheitscluster und Interessensvertretungen, die gemeinsam das Ziel verfolgen, die Medizintechnikbranche in Österreich bei der Umsetzung der neuen EU-Verordnungen über Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika zu unterstützen.