Ob die Websuche von Klinikern es möglich macht, den Ausbruch von Infektionskrankheiten frühzeitiger zu erkennen, wurde kürzlich beim International Meeting on Emerging Diseases and Surveillance (IMED) in Wien diskutiert. Mehr als eine Million Mitarbeiter in Medizin und Pflege weltweit nutzen die Ressource von UpToDate, einem Unterstützungssystem für klinische Entscheidungen. Die Datenbank bietet via Internet bzw. App aktuelles, strukturiert aufbereitetes medizinisches Wissen in mehr als 10.500 klinischen Themengebieten aus 24 Disziplinen.
Forscher analysierten nun, ob Daten über die Nutzung des Systems durch Kliniker eine Rolle bei der Erkennung und der Verfolgung der Ausbrüche von Infektionskrankheiten spielen. Frühere Arbeiten in diesem Bereich, etwa von Google über Grippe-Trends, hatten die Modellierung tatsächlicher Ausbrüche im Vergleich zu Suchanfragen von Google-Nutzern zum Thema. In der aktuellen Forschungsarbeit galt es festzustellen, ob ein signifikanter Anstieg der Suchaktivität zu spezifischen Infektionskrankheiten in UpToDate Ausbrüchen vorausgeht bzw. mit ihnen korreliert.
Anna Thorner, MD, stellvertretende Lektorin für Infektionskrankheiten und Ko-Direktorin Lektoratsprojekte bei UpToDate, und ihr Team analysierten für ihre Studie historische, anonymisierte tagesbezogene Suchdaten aus UpToDate zu MERS (Middle East respiratory syndrome). Geografisch konzentrierten sie sich auf die Städte Jeddah und Riyadh in Saudi-Arabien, in denen 2014 und 2015 drei Krankenhaus-basierte Ausbrüche von MERS auftraten. Die Wissenschaftler verglichen die Suchdaten mit tatsächlich dokumentierten Fällen zu jenen Zeitpunkten.
Ihre Erkenntnisse sind vielversprechend: Suchanfragen zu MERS während aller drei Ausbrüche zeigten eine Korrelation mit dokumentierten Fällen. Die Anzahl dieser Anfragen lag dabei deutlich höher als in einer Kontrollgruppe, die vier andere Städte Saudi-Arabiens umfasste, die von Ausbrüchen verschont blieben.
Im Unterschied zu Suchanfragen in Google ist die Suche von Medizinern in einer professionellen Ressource wie UpToDate durch die tatsächliche Untersuchungssituation mit Patienten motiviert. „Dies erhöht die Genauigkeit und zeigt weniger Einfluss durch Medien oder durch Befürchtungen hinsichtlich eines Ausbruchs in der Öffentlichkeit“, so Thorner. Auch bei der Analyse von Suchaktivitäten in UpToDate im Kontext anderer Infektionskrankheiten bzw. weiterer Ausbrüche kamen die Forscher zu ähnlichen Ergebnissen.
Die Abfragen von Medizinern in einer so weit verbreiteten Online-Lösung wie UpToDate könnten somit nach Ansicht der Wissenschaftler als „Frühwarnsystem“ eine große Bedeutung für Gesundheitsämter haben, die mit neuen Methoden Ausbrüche früh erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen wollen.