„Aus der Praxis für die Praxis“ lautete das Thema des ersten Symposiums der österreichischen Gesellschaft für Wundbehandlung (AWA) hosted by Wund Management Wien (WMW). Erstmals hat ein lokaler Wundverein damit die Herausforderung angenommen, als Gastgeber für ein AWA-Symposium zu fungieren. Knapp 300 Personen – davon 230 Teilnehmer aus dem Bereich der Pflege und der Medizin – nahmen an der Veranstaltung teil und bewiesen einmal mehr, wie wichtig das Thema ist. Im Rahmen des Symposiums wurde den Medien der Kick-off zum „Wundtag“ unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsministerin Dr. Sabine Oberhauser präsentiert. Unter einem neuen Logo wird der Wundtag als jährlich wiederkehrender Aktionstag, jeden dritten Freitag im September, stattfinden. Der Fokus dieses Events – und auch der ab sofort jährlich geplanten Folgeveranstaltungen – lag mehr denn je auf der Praxis und der Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit. Der Grund dafür liegt nahe: Erkrankungen mit dem Symptom der chronischen Wunde schränken die Lebensqualität oft massiv ein und sind daher für Betroffene und ihre Angehörigen schwer zu akzeptieren. Hilfesuchende finden im Gesundheitswesen meist erst nach einem langen Leidensweg – oder gar nicht – die passende Ansprechstelle. Beruflich vom Gesetzgeber verpflichtet aufzuklären und ermächtigt, „im Einzelfall einzelne ärztliche Tätigkeiten an Angehörige des Patienten“ zu übertragen, zeigt sich mir, dass es durch die aktive Einbeziehung der Betroffenen in die Therapie zu einer Steigerung des subjektiven Wohlbefindens kommt. Das ist durch entsprechende Aufklärung, Information und Schulung offensichtlich erreichbar. Betroffene, denen es ermöglicht wird, sich Wissen und Fähigkeiten anzueignen, werden so zu mündigen Partnern in der medizinischen und pflegerischen Betreuung.
Das heißt aber auch, dass hier nicht nur die Theorie, sondern vor allem die Praxis zählt. Im Wundmanagement können wir nicht nachschlagen, welche Therapie die einzig richtige ist. Wir können auch keine Evidenz von Lokaltherapeutika erwarten. Wir können lediglich in Leitlinien nachlesen, die als Basis für eine Therapie herangezogen werden sollen. Aber was wir auf jeden Fall berücksichtigen müssen, ist die Erfahrung, die aus der Praxis all jener kommt, die tagtäglich in die Behandlung von chronischen Wunden involviert sind – die des Gesundheitspersonals, der Industrie, aber auch der Patienten selbst und ihrer Angehörigen. All jene haben wir in diesem ersten Symposium vernetzt. Darüber hinaus war es uns auch ein Anliegen, den Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“, der in Österreich noch keine breite Bekanntheit hat, im Detail vorzustellen. Aus der Medizin wurden die S3-Leitlinie „Lokaltherapie chronischer Wunden bei chronischer venöser Insuffizienz, peripherer arterielle Verschlusskrankheit sowie Diabetes mellitus“ und die Leitlinie zur Prävention und Behandlung von Dekubitus ebenfalls von Experten präsentiert.
Ein neues, spannendes und durchaus riskantes Unterfangen war „Dr. Wound House“. Experten aus der Gefäßchirurgie, Dermatologie, Diabetologie und Pflege waren gefordert, Fälle aus ihrer Sicht zu beurteilen. Hier habe ich einmal mehr auf die Kooperation der rationalen Egoisten gebaut. Es zeigte sich: So wie es in der Praxis läuft, wurde auch am Podium diskutiert. Je nachdem, wo der Patient zuerst im System aufschlägt, ist der Schwerpunkt der Behandlung ein anderer. Es ist an der Zeit, dass wir auch im Wundmanagement von Kollegen lernen – etwa aus onkologischen Zentren, wo gemeinschaftlich und strukturiert medizinische Fälle bearbeitet werden. Standardfloskeln ziehen in derartigen Boards nicht – hier geht es darum, dass Fakten rasch auf den Tisch kommen und das Verständnis für die jeweils andere Disziplin vorhanden ist.
Wir müssen dazu übergehen, nach einem Therapieziel der inneren Wunde zu fragen und mit welchen Mitteln es erreicht werden kann. Die Lösungen können nur mit dem Patienten gefunden werden.
Last but not least haben wir am Beispiel des ICW-Wundsiegels aus Deutschland gesehen, dass dieses Miteinander möglich ist.
Mit einer großen Portion jugendlichem Leichtsinn haben wir das erste Symposium nun erfolgreich hinter uns gebracht und wollen diesen gemeinsamen Weg auch in diese Richtung weitergehen. Wir brauchen noch mehr Awareness, mehr Mitstreiter und Gallionsfiguren, wir brauchen aber auch entsprechende Strukturen, um diese gemeinsame Arbeit möglich zu machen.
Ein Schulterschluss zwischen der Industrie, den Wundgesellschaften und den Vereinen ist erforderlich, damit wir den Switch vom eigenen Ziel hin zu einem übergeordneten gemeinsamen Ziel schaffen. Merken Sie sich daher jetzt bereits den 15. September 2017 vor – den Wundtag 2017 –, der dieser Vision neuerlich Aufschwung geben und unter dem Wundtaglogo Aufsehen erregen wird.