Ein zentraler Punkt des „Primary Health Care“ (PHC) Konzeptes ist die strukturierte, interdisziplinäre und integrative Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe im Behandlungsprozess, um eine Versorgungskette mit hoher Qualität sicherzustellen. Gleichzeitig soll damit aber auch die Effizienz des Gesundheitssystems insgesamt gesteigert werden.
Das PHC-Konzept deckt die medizinische, pflegerische und therapeutische Grundversorgung der kurativen Medizin ab, bietet den Patienten darüber hinaus aber ein breites Spektrum an gesundheitsfördernden und präventiven Maßnahmen. Die Primärversorgung soll so zu einer Erstanlaufstelle für gesundheitliche Probleme aller Art werden, in der die Gesundheitsberufe künftig eng vernetzt und in multidisziplinären Teams arbeiten. Einem Team können neben den Allgemeinmedizinern auch diplomierte Gesundheits- und Krankenschwestern und -pfleger, Psychologen, Diätologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Pharmazeuten oder auch Sozialarbeiter angehören.
Zustimmung von allen Seiten
Der Allgemeinmedizin kommt im PHC-Konzept eine tragende Rolle zu. Das sollte auch ihre interne Bedeutung innerhalb der medizinischen Angebotspalette langfristig stärken, meint Dr. Erwin Rebhandl, Präsident von AM PLUS – Initiative für Allgemeinmedizin und Gesundheit: „PHC-Modelle stellen ganz klar eine Aufwertung des Hausarztes und des extramuralen Bereiches dar.“
Die Ärztekammer hatte ihre Zustimmung zum PHC-Konzept lange verweigert und letztendlich davon abhängig gemacht, dass der Hausarzt als erster Ansprechpartner und Koordinator fungiert und damit gleichsam die Führung innerhalb der Teams übernimmt. Diese Festlegung stieß bei den anderen Gesundheitsberufen – kaum überraschend – auf wenig Freude. Mag. Gabriele Jaksch vom Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD Austria) etwa wünscht sich zukünftig eine „gemeinsame, multiprofessionelle Verantwortung rund um den Patienten, und zwar auf Augenhöhe.“ Je nach Anforderung sollten Fallführung und Koordination in den einzelnen PHC-Strukturen auch von MTD-Berufen getragen werden können, wie dies international durchaus üblich wäre. Die von der Ärztekammer hineinreklamierte Sonderstellung der Ärzte findet Jaksch daher „nicht so toll“, weil dadurch wieder „nicht der Patient im Mittelpunkt steht, sondern eine Berufsgruppe“. Insgesamt sei das PHC-Konzept dennoch „ein großer Fortschritt.“
Zur erfolgreichen Umsetzung müssten aber vorab noch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. „Die Planung der Primärversorgung basiert auf den derzeit gültigen Berufsgesetzen, wobei viele Passagen im MTD-Gesetz sehr veraltet sind bzw. längst nicht mehr den gängigen internationalen Standards entsprechen“, kritisiert Jaksch.
Auch die Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands, DGKS Ursula Frohner, freut sich über eine strukturierte Einbindung von Pflegeleistungen in die Primärversorgung, wie dies im stationären Bereich längst selbstverständlich sei. „So können unnötige Wartezeiten vermieden werden. Die Versorgungspräsenz wird sich damit entscheidend verbessern.“
Zustimmung kommt auch vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen. „Der BÖP sieht sich als Partner der Medizinberufe und der anderen Gesundheitsberufe und begrüßt die Stärkung der Primärversorgung“, sagt Generalsekretärin Mag. Martina Krieger. „Wenn jetzt eine abgestimmte Koordination in multiprofessionellen Primärversorgungsteams etabliert wird, dann führt dies zu einem großen Qualitätssprung im Gesundheitssystem.“