Telemonitoring nennt sich eine Anwendung aus dem Bereich Healthcare Information Technology. Ein auf diesem Konzept basierendes System ermöglicht es, dass etwa ein an einer chronischen Erkrankung leidender Patient und sein Hausarzt in Kontakt bleiben – und zwar täglich. Da Telemonitoring auf elektronischem Weg vonstattengeht, muss der Patient dafür nicht jeden Tag die Arztpraxis aufsuchen. Nichtsdestotrotz ist Letzterer stetig auf dem Laufenden, sowohl im Hinblick auf relevante Gesundheitsdaten, als auch was das Befinden seines Patienten anbelangt. Dabei liefert das System nicht nur eine Aneinanderreihung von Zahlen und Daten, sondern filtert die Informationen, macht Grenzwert- sowie Trendanalysen und bietet die Auswertungen darüberhinaus in – für den Arzt in kurzer Zeit greifbarer – grafischer Form an.
Am Beispiel des Krankenhauses Elisabethinen in Linz, wo Telemonitoring unter dem Namen ELICARD bereits seit 2009 für die erweiterte Betreuung von Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz sowie Patienten mit Pulmonal Arterieller Hypertonie im Einsatz ist, lässt sich die Funktionsweise des Systems gut darstellen: „Nach der Entlassung werden Patienten mit Herzschwäche oder Lungenhochdruck routinemäßig mittels Telemonitoring betreut“, erklärt Jürgen Morak vom Safety & Security Department des AIT Austrian Institute of Technology, Forschungsbereich eHealth & Ambient Assisted Living. „Die dafür zuständige Telemonitoring-Schwester bringt den Patienten Blutdruckmessgerät und Waage sowie ein für die Übertragung dieser Gesundheitsdaten speziell vorbereitetes Mobiltelefon nach Hause und schult sie ein.“ Speziell die Waage liefert hier ganz wesentliche Aussagen: Zeigen die Daten einen Anstieg des Körpergewichtes, kann das unter Umständen ein Hinweis auf Wassereinlagerungen sein. „Das System erkennt, dass etwas aus dem Ruder läuft, und alarmiert umgehend den behandelnden Arzt, der daraufhin den Patienten kontaktiert. So können womöglich schlimme Folgen schon im Vorfeld erkannt und verhindert werden“, betont Morak. Um dies zu gewährleisten, müssen die Patienten jeden Morgen auf die Waage steigen, den Blutdruck messen und die Daten mithilfe ihres Smartphones dokumentieren. Besonderer Wert wurde dabei auf die Anwenderfreundlichkeit gelegt, nicht zuletzt weil die betreuten Personen im Durchschnitt 75 Jahre alt sind, wie Morak betont: „Jeder Patient hat eine ID-Karte, die er lediglich mit dem Handy berühren muss, damit die Anwendung von selbst startet. Aktuell werden zwischen 35 und 40 Patienten betreut, die allesamt sehr gut damit zurechtkommen.“
Freilich kann Telemonitoring nur dann funktionieren, wenn die Geräte dafür recht einfach in den Alltag integriert und barrierefrei verwendet werden können. Die Lösung des AIT basiert daher auf Geräten, die mit sogenannten RFID-Tags ausgestattet sind und eine einfache sowie sichere Erfassung der Daten durch Berühren der Messgeräte mit dem Smartphone erlauben. In der Folge werden die Daten über das Mobilfunknetz an die betreuenden Ärzte übermittelt, wobei spezielle AIT-Sicherheitskonzepte durch Verschlüsselung absolute Datensicherheit bei der Übertragung gewährleisten. Auch der Zugriff auf die Daten am Endgerät durch den Arzt ist nur nach Authentifizierung möglich. RFID steht für Radio Frequency Identification und bezeichnet die Funkübertragung von Daten über kurze Entfernungen. In anderen Branchen gibt es bereits vielfältige Anwendungen der zukunftsweisenden Technologie, so etwa in der Textilindustrie, der industriellen Fertigung von Getriebeteilen, der Fahrzeugidentifikaiton, der Kennzeichnung von Containern oder der Identifikation von Tieren.
Das AIT beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit RFID sowie dessen Weiterentwicklung NFC (Near Field Communication bzw. Nahfeldkommunikation) und hat die Technologie unter anderem eben für den Einsatz im Gesundheitswesen adaptiert. „Schon bei den ersten klinischen Studien war das Handy der Patiententerminal, jedoch ohne die einfache Erfassung mittels RFID-Tags“, erinnert sich Morak. Während die Teilnehmer also in den ersten Testrunden die Daten selbst eingeben mussten, entwickelten die AIT-Spezialisten parallel dazu die Methode der Erfassung mittels NFC-Technologie.
Ein weiteres Großprojekt wurde 2010 gestartet, in Kooperation mit der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, die selbst mehrere Gesundheits- und Betreuungszentren betreibt. Eines davon befindet sich am Semmering, wo das Motivationsprogramm „Gesundheitsdialog Diabetes“ ins Leben gerufen wurde. „Das Risiko, an Diabetes mellitus – mittlerweile ja eine der Volkskrankheiten unserer Zeit – zu erkranken, kann durch eine Veränderung des Lebensstils, mehr Bewegung und bewusste Ernährung deutlich gesenkt werden“, weiß auch Morak. Als wichtige Teilkomponente des Programms hat das AIT das „Diabmemory“ entwickelt: Nach dem Kuraufenthalt messen die Patienten regelmäßig Blutzucker, Blutdruck und Gewicht. Das Smartphone sammelt die Daten und überträgt diese zusammen mit Informationen zu Medikamenten und Ernährung an eine zentrale Datenbank. „Ein ganz wichtiger Vorteil von Diabmemory ist, dass dabei auch der betreuende Hausarzt eingebunden wird und der Patient somit nach dem Kuraufenthalt weiterhin unter Beobachtung steht“, so der Experte im Hinblick auf RFID im Gesundheitswesen.
Aktivitäten vermerken die Teilnehmer des „Gesundheitsdialogs Diabetes“ bislang in einem Dialogbuch, einem kleinen Heft, in dem sich mit RFID-Tags hinterlegte Symbole (z. B. Smileys) befinden. Durch Berührung mit dem Handy werden Fragen beantwortet, die auf dem Display erscheinen – etwa zum Wohlbefinden, über Brot- und Insulineinheiten oder eben zur Bewegung. Künftig soll es auch NFC-fähige Schrittzähler geben oder die Möglichkeit, Objekte (z. B. Fahrrad) direkt mit RFID-Tags zu versehen: Sobald dieses berührt wird, weiß das System, dass die Person nun Rad fahren war.
Eine weitere Anwendung, die sich unter anderem auf die RFID- bzw. NFC-Technologie stützt, nennt sich Ambient Assisted Living (AAL) – zu Deutsch umgebungsunterstütztes Leben oder selbstbestimmtes Leben durch innovative Technik. Wenngleich die Übersetzungen recht sperrig anmuten, verdeutlichen sie das Ziel von AAL sehr gut: „Es geht darum, dass ältere Personen so lange wie möglich in ihrer eigenen Wohnung sicher und selbstständig leben können. Der Useability-Aspekt steht dabei im Vordergrund. Das heißt: Werden mit RFID-Tags ausgestattete Objekte berührt, führt das dazu, dass eine Aktion gestartet wird. So kann beispielsweise ein RFID-Tag im Armband dazu dienen, dass beim Öffnen der Tür automatisch das Licht angeht“, erklärt Jürgen Morak, betont aber zugleich, dass es sich hierbei um ein recht junges Thema handelt. AAL-Systeme befinden sich derzeit also noch in der Pilotphase, experimentell werde jedoch schon eifrig herumgespielt.