Gute Ideen für eine lebenswerte Zukunft

Wo sind im Spital konkret wirksame Handlungsfelder?

Ein schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen muss in den Werten der Unternehmen – auch der Spitäler – verankert sein und täglich gelebt werden. Welchen Stellenwert Nachhaltigkeit im Unternehmen hat, ist zunehmend auch im Wettbewerb um Fachkräfte ein Thema: Speziell die junge Generation sucht sich ihre Arbeitgeber auch nach diesem Kriterium aus! Allen voran liegen sie im großen Bereich Energie: Heizen und Kühlen, die Beleuchtung, Aufzüge, der Betrieb von Pumpen für die Heizungstechnik, für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. All das braucht ein effizientes Energiemonitoring und hier liegen auch die größten Chancen auf „große“ Maßnahmen. Aber auch der Einkauf hat großes Potenzial für nachhaltiges Wirtschaften, beim medizinischen Material wie auch bei den Lebensmitteln.

Welche Erwartungen haben Sie an Stakeholder und Lieferanten, um bei der Umsetzung von Maßnahmen unterstützt zu werden?

Nachhaltigkeit muss für Unternehmen leichter umsetzbar werden: Einerseits durch schnellere, einfachere Verwaltungsverfahren und Regelungen, andererseits durch Förderungen, die natürlich zusätzliche Anreize für die rasche Umsetzung schaffen.
Lieferanten können schon beim Design der Produkte gezielt ansetzen, hier liegen 80 Prozent der Voraussetzungen für Recyclingfähigkeit. Verpackung, umweltschonende Materialien und die Rücknahme von Verpackungsmaterial sind weitere Themen.

Kann es Quick Wins geben?

Wir haben alle Mitarbeitenden diesen Sommer zu einem Ideenwettbewerb zur Schonung natürlicher Ressourcen aufgerufen. Das war ein großer Erfolg: Insgesamt sind rund 250 Ideen eingelangt, wie wir unseren ökologischen Fußabdruck reduzieren können: von Abfallvermeidung und Hinweisen auf umweltfreundliche Produkte über Ideen zur Digitalisierung, Energieeffizienz, Ernährung und Mobilität bis hin zur Arbeitsorganisation … da waren zahlreiche Quick Wins dabei! Ich kann nur jedem Betrieb raten, die Mitarbeiter einzubeziehen: Sie sind nah dran an den Prozessen und realisieren als erste, wo man mit einfachen Mitteln nachhaltiger werden kann … zum Beispiel, wo wann geheizt, gekühlt, beleuchtet werden muss und wo zu gewissen Zeiten darauf verzichtet werden kann.

Wo sind Sie bereits auf einem guten Weg?

Schon seit 2015 unterziehen wir alle unsere Betriebe jährlichen Energieaudits. Seither konnten unsere Spitäler ihren Energieverbrauch um rund acht Prozent senken. Wir haben die Kälteverteilung optimiert, nutzen Free-Cooling-Systeme, die Energie aus der Umwelt gewinnen, haben Beleuchtung auf LED umgestellt – um nur einige Maßnahmen zu nennen. Und all unsere Betriebe beziehen bereits seit Jahren ihren Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Die Privatklinik Graz Ragnitz gewinnt seit einem Jahr Solarenergie aus einer Photovoltaikanlage am Dach und auch die Privatklinik Döbling erhält auf ihrem gerade in Arbeit befindlichen Zubau eine solche Anlage. Zusätzlich werden wir dort Erdwärme nutzen. Auch in der Gestaltung spielt Nachhaltigkeit beim Zubau in Döbling eine Rolle: Fassadenteile werden begrünt und der Garten wird um einen Biodiversitätsgarten erweitert.

Wo gibt es noch Optimierungspotenzial?

Abfallvermeidung ist in einem Krankenhaus kein leichtes Unterfangen. Aus Gründen der Hygiene müssen oft Einwegprodukte verwendet werden. Hier sind wir auf entsprechende Angebote der Lieferfirmen angewiesen, im Sinne einer Kreislaufwirtschaft mehr wiederzuverwerten.

Braucht es nach dem „Health in All Policies“-Ansatz jetzt den „Sustainability in All Policies“-Ansatz?

Absolut! Wir haben deshalb Nachhaltigkeit gerade in unser Unternehmensstrategie verankert. Alle größeren Projekte werden künftig vor der Umsetzung einen internen „Nachhaltigkeitsfilter“ durchlaufen.

Gastkommentar

© Sissi Furgler Fotografie

Reg. Rat Dipl.KH-Bw Nikolaus Koller, MBA
Präsident der Bundeskonferenz der Krankenhaus-Manager Österreichs

Nachhaltigkeit wird zum Faktor der Mitarbeiterbindung

Die meisten Spitäler beschäftigen sich schon seit über 20 Jahren mit Nachhaltigkeit. Damals lief das unter dem Titel EMAS oder ISO 14001. Ressourcenschonung, Abfallwirtschaft oder Energieeinsparungen sind keine neuen Themen, verändert hat sich aber die Situation, in der Spitäler heute agieren müssen: Klimaziele müssen erfüllt werden, Energiekosten steigen und die Versorgungssicherheit ist viel schwieriger zu gewährleisten als noch vor drei Jahren.
Ein Krankenhausbett benötigt so viel Strom und Wasser wie vier Einfamilienhäuser. Bei 64.000 Betten in Österreich kann man leicht hochrechnen, was das für Kosten sind. Das führt auch bei den Mitarbeitern häufiger zum Umdenken und plötzlich wird aus dem anfänglichen Umweltthema eine Frage der Mitarbeiterbindung. Daher suchen wir mehr denn je nachhaltige Alternativprodukte zu leistbaren Preisen.
Derzeit sind es vor allem die Faktoren Zeit und Kosten, die wir als Hürde wahrnehmen. Mit ausreichend Investitionen könnte man schon viel bewegen, aber wenig davon amortisiert sich schnell genug, um ausreichend attraktiv zu sein.