Händehygiene: Awarness schaffen, Compliance fördern

Mag. Dr. Gerald Sendlhofer, Leiter der Stabsstelle Qualitätsmanagement und Risikomanagement am LKH-Universitätsklinikum Graz, hat im Zuge des Aufbaues eines Risikomanagementsystems nicht nur die Ausbildung von 158 Risikomanagern initiiert, sondern auch mit den Ärzten und Pflegern gemeinsam den Klinikalltag nach Risiken untersucht. Das Ergebnis waren 500 Schwachstellen, die im Arbeitsprozess zu einem Risiko für Patienten oder Mitarbeiter führen können. Eines dieser Sicherheitsrisiken sind nosokomiale Infektionen. Einfach Abhilfe schaffen saubere Hände – ein „ungeliebtes“ Thema, das im Arbeitsalltag Arzt und Pflege umso wichtiger ist, denn mit einfachen und oft kostengünstigen Maßnahmen kann große Wirkung erzielt werden: die Senkung des Infektionsrisikos.

Die „optimale“ Ausstattung ist eine wichtige Basis für gelungene Händehygiene. Was zählt dazu?

Zu allererst haben die Hygienefachkräfte bei einer Begehung von allen Stationen und Intensivstationen erhoben, ob gemäß den Vorgaben der WHO, der World Health Organization, auf den Stationen pro Zimmer für zwei Betten ein Desinfektionsmittelspender vorhanden ist. Auf den Intensivstationen soll ein Spender pro Bett installiert sein. Das Ergebnis zeigte, dass am gesamten Klinikum 500 Spender gefehlt haben. Die wurden nachgerüstet und in Bereichen, in denen das Montieren der Spender nicht möglich war, wurden die Mitarbeiter mit Kitteltaschenflaschen ausgestattet. Nach rund zwei Jahren wurde die Begehung von den Hygienefachkräften wiederholt und insbesondere darauf geachtet, ob die Spender auch tatsächlich montiert und gut zugänglich waren. Ich bin überzeugt, dass die Form der optimierten Infrastruktur wesentlich dazu beiträgt, dass die Händehygiene überhaupt durchzuführen ist.

 

 

„Dranbleiben“ heißt die Devise, welche Maßnahmen wurden in puncto Awareness gesetzt?

Wir haben an alle Kliniken ein Startup-Package verteilt, das Poster von der Aktion „Saubere Hände“ der Charité Berlin sowie Informationsbroschüren für Mitarbeiter, Patienten und Besucher umfasst. Zusätzlich wurden Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiter gestartet, doch davor musste ein Ist-Stand erhoben werden, um später auch den Erfolg der Maßnahmen bestätigen zu können. Daher wurden die Mitarbeiter zu ihrer Einstellung zum Thema befragt und erhoben, ob sie die fünf Indikationen der Händedesinfektion kennen und wie sie sich selbst bei der Anwendung davon einschätzen würden. Dann startete die Schulung durch die Hygienefachkräfte an jeder Station. Ärzte und Pflege wurden dazu eingeladen, die Teilnahme musste zum Zeichen der Verbindlichkeit und Ernsthaftigkeit auch mit Unterschrift bestätigt werden. Diese Schulungsmaßnahmen wurden in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführt, danach wieder befragt. Wenig verwunderlich war, dass das Wissen um die fünf Indikationen für die Händedesinfektion gestiegen ist, und auch das eigene Verhalten hat sich deutlich verbessert. Zur Beurteilung der Compliance in Sachen Händehygiene gibt es unterschiedliche Schwellenwerte, wir liegen überall zwischen 70 und 90 Prozent, eine Zahl, auf die wir durchaus stolz sein können.

Wird die Compliance weiter beobachtet?

Ja, um zu sehen, wie die Umsetzung der fünf Indikationen zur Händehygiene in der täglichen Praxis tatsächlich aussieht. Es finden pro Station/Intensivstation immer zwei Beobachtungen statt. Wir haben schon rund 5.000 Möglichkeiten zur Händedesinfektion beobachtet, dort, wo wir bereits in der zweiten Runde sind, liegt die Compliance nahezu bei 90 Prozent. Zusätzlich wird als indirekter Indikator auch der Verbrauch an Desinfektionsmittel erhoben, um die Daten zu verifizieren.

Wie ist die Auswirkung der Maßnahmen auf nosokomiale Infektionen zu beurteilen?

Seit Kurzem steht uns eine Datenbank zur Erfassung der nosokomialen Infektionen auf Intensivstationen zur Verfügung. Die Ergebnisse vom Vorjahr liegen demnächst vor und erst jetzt kann hier der Zusammenhang ausgewertet werden. Das macht ein Urteil über den Erfolg der einzelnen Maßnahmen erst möglich.

Welche nächsten Schritte sind nun geplant?

Wir planen auch heuer wieder einen Risikotag, an dem ist die Händehygiene ein Bestandteil. Dieser österreichweite Erfahrungsaustausch mit rund 300 Teilnehmern wird Ende September stattfinden.

Wir testen gerade einen Spender, der ohne Pumpen nur durch Hinhalten der Hände eine gewisse Menge an Desinfektionsmittel abgibt. Dieser Spendertyp findet großen Zuspruch beim Personal. Der Spender ermöglicht auch prinzipiell die Aufzeichnung, wie viele Milliliter abgefasst werden. Dies wäre ein wirkungsvolles Instrument, um festzustellen, an welcher Stelle die Spender mehr oder weniger gut positioniert oder frequentiert werden. Für uns ist das Wichtigste die Nachhaltigkeit der Maßnahmen.

 

Facts & Figures

  • mehr als 90.000 stationäre Patienten pro Jahr
  • ca. 400.000 ambulante Patienten
  • ca. 7.000 Mitarbeiter
  • ca. 16.500 Liter Desinfektionsmittelverbrauch pro Jahr