Ein Forscherteam des Klinischen Instituts für medizinische und chemische Labordiagnostik (KIMCL) der Medizinischen Universität Graz hat in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg übergewichtige Kinder und Erwachsene untersucht und festgestellt, dass die häufig nur mit der „Gichterkrankung“ in Zusammenhang gebrachte Harnsäure Rückschlüsse auf das Herz-Kreislauf-Risiko zulässt. Dadurch konnte ein kostengünstiger wie aussagekräftiger Biomarker identifiziert werden.
Ein gut funktionierender „gesunder“ Stoffwechsel ist essenziell, da er im Körper für lebenswichtige Vorgänge, wie die Energiegewinnung und die Erhaltung der Körpersubstanz, verantwortlich ist. Beim „kranken“ Stoffwechsel kommt es zu Störungen und Beeinträchtigungen dieser Funktionen. Fettleibigkeit verursacht bei den meisten Betroffenen eine Insulinresistenz, was wiederum zur Erkrankung am Typ-2-Diabetes sowie zu weiteren Begleitkrankheiten des Stoffwechsels führt. Dies kann bei einer Vielzahl der Patienten beobachtet werden, jedoch nicht bei allen. Eine Subgruppe adipöser Menschen zeigt keine oder nur gering ausgeprägte Risikofaktoren wie Insulinresistenz, subklinische Entzündungen, Fettstoffwechselstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
„In unserer Forschungsarbeit gingen wir der Frage nach, wie sich stoffwechsel-gesunde Fettleibige von stoffwechsel-kranken fettleibigen Menschen von der Kindheit bis ins Alter unterscheiden“, so Univ.-Prof. Dr. Harald Mangge von der Medizinischen Universität Graz. Um diese Frage besser beantworten zu können, untersuchten die Grazer Wissenschaftler unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Harald Mangge in einer Kooperation mit PD Dr. Daniel Weghuber von der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde Salzburg und Kollegen von der University of Maryland, USA, 355 Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 8 bis 18 Jahren und 354 Erwachsene zwischen 18 und 60 Jahren. Die beiden Gruppen setzten sich jeweils aus normal- und übergewichtigen Probanden zusammen.
„Zu unserer Überraschung trat die Harnsäure als ein von der Gicht bekannter Indikator als wesentlicher Herz-Kreislauf-Marker in Ergänzung zu etablierten Stoffwechsel-Risikoparametern in den Vordergrund. Ihre Bestimmung scheint eine Unterscheidung von Menschen mit ‚gesundem‘ und ‚krankem‘ Stoffwechsel, die an Übergewicht bzw. Fettleibigkeit leiden, zu ermöglichen. Dies gilt offensichtlich für Kinder und Erwachsene gleichermaßen“, so Mangge. Dieser aussagekräftige wie auch kostengünstige Biomarker soll nach Meinung der Wissenschaftler zukünftig sinnvollerweise in die Diagnose von Herz-Kreislauf-Risiken einfließen und verstärkt berücksichtigt werden.
Die Forscher weisen auf eine wesentliche mögliche Konsequenz dieser Ergebnisse hin: „Die Identifizierung von übergewichtigen oder fettleibigen Menschen mit keinen oder nur geringen Herz-Kreislauf-Risikoparametern ist wichtig. Für sie müssen in Zukunft möglicherweise andere, weniger aggressive Therapieempfehlungen gelten als für jene mit krankem Übergewicht bzw. kranker Fettleibigkeit“, sind sich Mangge und Weghuber einig. Auf Basis von Biomarkern könnten zukünftig neue Therapieansätze zur Behandlung von Fettleibigkeit etabliert werden.
Mangge H., Zelzer S., Puerstner P., Weghuber D. et al. Uric acid best predicts metabolically unhealthy obesity with increased cardiovascular risk in youth and adults. Obesity (Silver Spring). doi: 10.1002/oby.20061.