Für die Konformitätsbewertung von IVDs stehen in ganz Europa inklusive der QMD Services nach wie vor nur zehn Stellen zur Verfügung. Umso wichtiger ist es, eine Benannte Stelle im eigenen Land zu haben – als zentrales Element der Gesundheitsinfrastruktur und für die Hersteller von Produkten zur medizinischen Diagnose von biologischen Proben. Auch die AUSTROMED war von Anfang an in den Prozess involviert und hat mit der Plattform Medizinprodukte alle wichtigen Player vernetzt. Dr. Anni Koubek, Geschäftsführerin QMD Services, gibt Einblick in die Vorarbeiten und das aktuelle Angebot.
Können Sie den Prozess von der Gründung bis zur Zusage beschreiben?
Kurz gesagt – der Prozess ist aufwendig und mühsam. Von unserer Entscheidung bis hin zur Benennung haben wir vier Jahre intensiv gearbeitet. Das klingt im Nachhinein unglaublich, aber jeder der Schritte war notwendig, um nun Personen, Kompetenzen und Prozesse so vorbereitet zu haben, dass wir rechtskonforme, zügige und kompetente Bewertungsverfahren für unsere IVD-Hersteller anbieten können.
Die wichtigsten Meilensteine waren sicher einerseits die Einreichung – auch dafür war fast ein Jahr Vorbereitung erforderlich. Dann der große Prüfschritt durch die benennende Behörde, nationale Vertreter anderer EU-Länder und die EU-Kommission, das sogenannte Joint Assessment. Hat man diesen geschafft, ist zumindest mal klar, wo die Defizite bestehen.
Und letztlich die meiste Zeit geht in die Suche, Auswahl, Bewertung und Schulung der Expertinnen und Experten, die dann ja die Produktaktenprüfungen und Audits durchführen. Ich schätze, mehr als 50 % unserer Zeit und Energie wurden für dieses Thema benötigt. Es gibt in weiterer Folge noch zusätzliche Prüfschritte durch die verschiedenen nationalen und europäischen Gremien, aber letztendlich ist der primäre Aufwand in der Benannten Stelle, die Kompetenz auf das geforderte Niveau zu heben.
Was sind jetzt die Aufgaben?
Wir sind nun Benannte Stelle für Konformitätsbewertungstätigkeiten nach IVDR (Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika). Die Verantwortung für die Konformitätserklärung von Produkten liegt ja bei den Herstellern. Diese müssen je nach Produktart und Risikoklasse eine Benannte Stelle für ihre Konformitätsbewertung beiziehen. Risikoarme Produkte der Klasse A brauchen zum Beispiel, sofern sie keine speziellen Zusatzanforderungen wie Sterilität aufweisen, überhaupt keine Benannte Stelle zu involvieren. Aber ab Klasse B geht es los, und je risikoreicher das Produkt ist, desto intensiver werden die Prüftätigkeiten. So ist zum Beispiel bei Produkten der Klasse D sogar eine Chargenfreigabe erforderlich und Referenzlabore sind einzubeziehen.
Unsere Aufgaben sind die Durchführung der Produktaktenprüfung, Durchführung von Audits beim Hersteller und wichtigen Lieferanten sowie Überwachungstätigkeiten, sobald das Produkt am Markt ist. Der Detailgrad der Überprüfungen ist in der IVDR genau beschrieben und richtet sich nach dem vom Hersteller gewählten Prüfverfahren gemäß den entsprechenden Anhängen (IX, X oder XI) der IVDR.
Wie kommen Unternehmen zu Ihnen?
Unser Ziel ist es, einen einfachen und klaren Prozess anzubieten. Der beste Einstieg ist unsere Webpage. Dort ist der Ablauf beschrieben: Zuerst sollte der Hersteller prüfen, ob wir das Produkt überhaupt prüfen dürfen. Benannte Stellen werden je nach Kompetenzen für bestimmte Bereiche zugelassen. Diese „Scopes“ sind auf der EU-Seite „NANDO“ veröffentlicht. Dann kann man den Prozess und eine grobe Aufwands- und Kostenschätzung schon selbst erstellen – wir sind hier sehr transparent und haben die Prüfschritte und geschätzten Aufwände im Web dargestellt. Wenn man eine Zertifizierung bei uns erwägt, benötigen wir ein paar Grundinformationen, dazu gibt es ein Formular im Web und mit diesem bekommen die Hersteller (bevollmächtigten Beauftragten, Importeure etc.) einen ersten kurzen Gesprächstermin. Wenn dort alle Themen beidseitig geklärt werden, holen wir produkt- und systemrelevante Informationen ein und der Hersteller erhält eine Grobplanung und Kostenschätzung.
Wie lange dauern Prüfungen?
Die ersten Prüfungen laufen gerade – hier haben wir noch keine definitiven Werte. Wir wissen von anderen benannten Stellen, dass diese Verfahren durchschnittlich 18 Monate dauern! In der idealen Welt könnte man in wenigen Monaten durch sein – aber auch hier gilt: Das geht nur, wenn alle Unterlagen vollständig sind und die Unterlagen, Prozesse und Produkte konform zur IVDR sind.
Das heißt, es gilt, die Unterlagen und Prozesse gut vorzubereiten, intensiv schon intern auf Konformität zu prüfen und übersichtlich zu gestalten. Mit jeder Rückfrage bzw. Nicht-Konformität müssen beim Hersteller entsprechende Verbesserungen getroffen werden. Diese kosten beim Hersteller Zeit und verdoppeln bei der Benannten Stelle den Prüfaufwand. Damit wird auch der ursprüngliche Zeitplan durcheinandergeworfen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
Wir haben in der QMD Services nun schon ein größeres Team aus fix angestellten Mitarbeitern, aber auch freiberufliche Experten sind für uns tätig. Insgesamt sind das derzeit an die 30 Personen. Das Team ist weit über Europa gestreut – von Österreich über Deutschland, Polen bis nach England. In unserem Tätigkeitsbereich ist Kompetenz und Erfahrung am wichtigsten – wir wollten also die besten Köpfe für uns gewinnen. Dabei sind auch führende österreichische Forscher und Mediziner mit im Team.
Wie viele Zulassungen erwarten Sie?
Das ist schwierig zu sagen: Wir haben Anfragen von Herstellern mit mehr als hundert Produkten und dann wieder andere mit nur einem oder zwei. Auch sind die Prüfverfahren unterschiedlich aufwendig und falls wir noch Kollegen gewinnen können, können wir auch mehr Verfahren umsetzen. Ich schlage vor, wir schauen uns das im nächsten Jahr an – da haben wir schon konkrete Erfahrungswerte!
Kommen auch Anfragen aus dem Ausland?
Unsere Anfragen sind bunt gemischt. Wir freuen uns, dass gleich von Anfang an einige österreichische Hersteller sich für uns entschieden haben. Wir haben aber auch andere Anfragen und Kunden aus ganz Europa und darüber hinaus. Hier kommt uns unser internationales Expertenteam zugute. Aber auch wir profitieren, indem wir eine breite Palette an Produkten prüfen können und damit die Erfahrungen zu Produkten im Team noch weiter stärken.
Wie sehen die Pläne für 2023 aus?
Für 2023 haben wir zwei ganz klare Ziele: Zum einen steht noch die Benennung nach der MDR aus. Dafür arbeiten wir mit Nachdruck am Abschluss unseres Verfahrens. Aufgrund der Übergangsfristen haben wir hier große Eile, damit wir den Unternehmen, die noch eine nach EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) benannte Stelle benötigen, ein gutes Angebot machen können. Speziell mit der letzten Änderung zu den Übergangsfristen sollten wir dafür bald ein Angebot machen können, weil bis September 2024 ja ein Vertrag mit einer benannten Stelle vorliegen muss.
Im Bereich IVDR wollen wir unsere ersten Kunden gut betreuen und die Konformitätsbewertungsverfahren zügig abwickeln. Diese ganze vierjährige Reise haben wir ja deswegen auf uns genommen, damit wir nun einen Beitrag zum Thema Patienten- und Versorgungssicherheit leisten können. Darauf haben wir hingearbeitet und dieser Tätigkeit gehen wir nun mit Leidenschaft nach.
Und danach?
Wir wollen uns Schritt für Schritt entwickeln. Der Bedarf an unseren Dienstleistungen ist zwar enorm, aber es ist niemandem gedient, wenn wir Verfahren nicht korrekt oder zügig abschließen können. Wir haben jetzt auch schon Verfahren für Importeure/Distributoren nach Artikel 16 im Programm. Die ISO 13485 Zertifizierung bieten wir in Kooperation mit Quality Austria für unsere Kunden an. Für die Zukunft denken wir auch international und können uns vorstellen, dass das Medical Device Single Audit Program (MDSAP) gut in unser Portfolio passen würde. Es bleibt also spannend und neue Projekte werden uns noch länger begleiten!