IIR Forum Spital 2013: Veränderte Rahmenbedingungen erfordern veränderte Prozesse

Dkff. Ines Manegold, Vorstand der Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft – KABEG, hat sich in den vergangenen Jahren sehr ausführlich mit Change-Prozessen in den Landeskliniken der KABEG sowie neuen Strukturen im Zuge der Errichtung des LKH Klagenfurt NEU auseinandergesetzt. Unter anderem wurden eine zentrale Notfallaufnahme mit einer Aufnahme- und Beobachtungsstation, ein intramurales Case-Management, eine interdisziplinäre Tagesklinik zur Substitution von statischen Strukturen (Betten) sowie interdisziplinäre Intensivstationen mit einer gemeinsamen Koordination durch die Anästhesie & Intensivmedizin etabliert. Im Interview mit DAS MEDIZINPRODUKT erzählt sie über ihre Erfahrungen, die großen Herausforderungen und die Gefahren, die Umstrukturierungen zwangsläufig mit sich bringen.

Umstrukturierungen sind nicht selten Folge veränderter Rahmenbedingungen. Wie haben sich diese aus Ihrer Sicht verändert?
Es gibt eine kontinuierliche Steigerung der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen in allen postindustriellen Gesellschaften sowie eine Zunahme der über 60-Jährigen und eine Entsolidarisierung der Versicherungssysteme mit immer höheren Selbstbehalten. Außerdem kommt es zu einer Zunahme der Patientensouveränität. Patienten und Angehörige verhalten sich zunehmend wie ­‚informierte Verbraucher‘ und nutzen Online-Medien als Entscheidungshilfe. Damit verändert sich auch das Arzt-Patienten-Verhältnis entscheidend. All diese Veränderungen machen Umstrukturierungen im Krankenhausbetrieb notwendig. Sinnvolle Veränderungen ergeben sich in der Prozessstandardisierung, das heißt Optimierung der Abläufe, Reduktion von Strukturen, besonders von Flächen zugunsten der Bildung von Kompetenzzentren, Flexibilisierung der Angebots- und Nachfragestrukturen zur bestmöglichen Struktur- und Ressourcennutzung, Einsatz von betrieblichen IT-gestützten Informationssystemen zur Datenerfassung und -auswertung oder etwa auch die Einführung von Case-Management.

 

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Wo liegen die Vorteile einer Prozessorganisation?

Eine Ausrichtung der Abläufe auf die Patientenbedürfnisse hat nicht nur Auswirkungen auf die Patientenzufriedenheit, sondern auch auf die Mitarbeiter hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit, der Mitarbeiterzufriedenheit sowie der Qualitäts- und Risiko-Managementsysteme. Des Weiteren kommt es zu einer besseren Planbarkeit der Ressourcenallokation und damit zu mehr Planungssicherheit und im weiteren Sinne zur Unterstützung der medizinischen Leistungsplanung.

Ist eine Prozessorganisation in jedem Klinikbetrieb möglich oder bedarf es dafür bestimmter Voraussetzungen?

Selbstverständlich, jedes gut funktionierende Krankenhaus hat neben der Vision und Mission auch entsprechende strategische Ziele, deren weitere Operationalisierung in Abläufe und somit Prozesse mündet. Dies ist nicht eine Frage der Größe. Die Komplexität der Abläufe ist vielmehr in den Spezialisierungen zu finden, die es in kleineren Krankenhäusern genauso gibt, etwa in unserem Krankenhaus in Wolfsberg, zu dem ein Zentrum für Lymphologie gehört.

Was sind die großen Herausforderungen einer ­Umstrukturierung?

Es handelt sich dabei um klassische Change-Management-Vorgänge. Da in Krankenhäusern systembedingt mehrere Berufsgruppen unter einem Dach vereint sind, ist die Komplexität aber besonders hoch. Zahlreiche Projekte haben jedoch gezeigt, dass Reorganisation mit entsprechendem Engagement der Führung und kompetenten Projektteams unter Einbeziehung der Betroffenen erfolgreich zu meistern ist. Ein Beispiel hierfür war die Übersiedelung des LKH-Klagenfurt NEU: Innerhalb von 36 Stunden übersiedelten 2.000 Mitarbeiter aus dem Altbestand in ein neues chirurgisch-medizinisches Zentrum (CMZ) mit 622 Betten inklusive der Intensiv- und stationären Patienten ohne Probleme.

Welche Faktoren gilt es bei solchen Projekten besonders zu beachten?

Das Einbeziehen der betroffenen Mitarbeiter in die Prozesserstellung ist sicher der wichtigste Faktor. Nur so ist die Akzeptanz im Alltag vorhanden. Die Mitarbeiter kennen nicht nur die Prozesse, sondern sie sind auch darin geschult. Die Prozesse – zum Beispiel Visite oder Arztbriefschreibung – sind weitgehend standardisiert, Abweichungen müssen daher gut begründet und kommuniziert werden.

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Der „Patienten-Kümmerer“

Eine der Neuerungen am Klinikum Klagenfurt am Wörthersee war die Einführung eines intramuralen Case-Managements. Es wurde erstmals an der Abteilung für Orthopädie und orthopädische Chirurgie – als erste Abteilung in Österreich überhaupt – eingeführt.
Der Case-Manager kümmert sich um die Organisation des gesamten stationären Aufenthalts entsprechend dem vom ärztlichen Personal vorgegebenen Behandlungspfad – von der Aufnahme bis zur Entlassung und auch noch über diese hinaus. Intern wird er daher auch gerne als „Patienten-Kümmerer“ bezeichnet. Durch die Installierung des „Patienten-Kümmerers“ erhalten die Patienten bereits vor der geplanten Aufnahme detaillierte Informationen und bekommen kurz vor dem Aufenthalt noch einen Checkanruf des Case-Managers. „Ich habe gemeinsam mit meiner Case-Managerin den Aufenthalt mehrmals besprochen. Dadurch konnte ich sehr gut einschätzen, was auf mich während und nach meinem Spitalsaufenthalt zukommen wird. Organisatorische Fragen wurden geklärt, Ängste abgebaut“, erzählt eine der Patientinnen und betont, dass ihr diese Gespräche „Sicherheit gegeben und das Vertrauen in das gesamte Team gestärkt haben. Ich habe mich von Beginn an absolut umsorgt gefühlt.“ Zusätzlich zum ärztlichen und pflegerischen Personal hatte sie eine Vertrauensperson an ihrer Seite, an die sie sich jederzeit wenden konnte. Mit dieser wurden Situationen besprochen, die über die medizinische Betreuung hinausgingen – manchmal auf den ersten Blick Banales. „Bei orthopädischen Eingriffen benötigen die Patienten anfangs meist Unterstützung im Haushalt“, ergänzt die Case-Managerin Margarete Peternel-Scheiber. So wurde die zitierte Patientin etwa darauf aufmerksam gemacht, dass kleine Adaptierungen im Haushalt notwendig sein werden und sie in der ersten Zeit im täglichen Leben Unterstützung benötigen werde.
Sollten Patienten eine intensivere pflegerische Nachbetreuung benötigen, die nicht von Angehörigen erledigt werden kann, kontaktiert das Case-Management direkt den Sozialdienst. Natürlich können Maßnahmen zur Nachsorge auch während des Aufenthaltes noch individuell angepasst werden.
Aber nicht nur die Patienten, auch die Ärzte wissen die Leistungen der Case-Manager zu schätzen. „Die Planung des organisatorischen Ablaufs übernimmt nun unser Case-Manager“, berichtet der erste Oberarzt der Orthopädie, Dr. Wolf Zimmermann. Was das für die Mediziner konkret bedeutet? „Wir können uns dadurch stärker auf unsere Kernkompetenz – die medizinische Betreuung unserer Patienten – konzentrieren. Das wirkt sich natürlich positiv auf die Patientenzufriedenheit aus. Gerade das Fachgebiet der Orthopädie und orthopädischen Chirurgie eignet sich optimal für das Case-Management, da der Großteil der chirurgischen Eingriffe geplant werden kann.“