Welche Dimension umfasst das Thema „Innovation“ im Gesundheitswesen?
Innovation wird gerne für alles verwendet, was neu ist – egal ob es eine Idee, ein fertiges Produkt oder eine Dienstleistung ist. Im eigentlichen Sinn ist es jedoch ein Produkt oder eine Dienstleistung, die am Markt Erfolg hat. „Markt“ muss nicht nur der Profit-Bereich sein, sondern kann ebenso im Non-Profit-Bereich liegen. Häufig wird der Begriff soziale Innovation für Neuerungen im Gesundheitswesen verwendet. Auch im Gesundheitssektor muss die Frage gestellt werden: Wer ist von Änderungen betroffen und wessen Stimme wird gehört? Patient, Pflege, Arzt, Verwaltung, Krankenkassen, Geldgeber?
Wie kann das „Neue“ in das Gesundheitswesen kommen?
Wenn man das „Neue“ hört, so sind schnell Assoziationen damit verbunden, die ganz gut in unsere Warenwelt passen. Neues Auto, neues Haus, neue Möbel – das klingt meist positiv. Tatsächlich bedeutet das Neue in Systemen aber Veränderung, die ist nicht immer angenehm. Fragen wie „Wer will das wirklich und wer profitiert davon?“ stehen rasch im Raum und machen das Neue unbequem. Wenn man das „Neue“ als Neuerung im medizinischen oder technischen Sinn versteht, so leistet das Gesundheitswesen das sehr gut. Bei „Neuem“ im Sinne von Gesundheitsdienstleistung stoßen wir sehr schnell an Grenzen des Systems, denn Neues benötigt Spielraum im eigentlichen Sinn.
Wo liegen die größten Herausforderungen, wenn Innovationen den Weg in etablierte Systeme und Strukturen wie Spitäler finden sollen?
Eine Herausforderung ist zunächst einmal, sich nicht der Parteilichkeit verdächtig zu machen. Jeder Player im System hat verständlicherweise eigene Interessen. Und Veränderungen (und Innovationen wären eben ein Spezialfall von Veränderung) werden von den Betroffenen nur dann gut angenommen, wenn diese als sinnvoll erlebt werden – und das setzt voraus, dass die Betroffenen in die Entwicklung dieser Veränderungen einbezogen werden.
Dazu kommt noch, dass ein Team, das am Patienten arbeitet, unterschiedlichen Dienstrechten, Bezahlungsschemata und Leistungsanforderungen unterliegt.
Spitäler sind einerseits hochkomplex und zugleich Systeme, die mit einer Null-Fehler-Toleranz arbeiten. Gut eingeübte Routinen sind eine Voraussetzung für geringe Fehlerquoten – unhinterfragt sind Routinen aber auch hinderlich für Veränderungen.