Mag. Beate Hartinger-Klein, Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
Welchen Stellenwert haben Innovationen bei den Reformen im Gesundheitswesen?
Einen sehr großen, denn die Digitalisierung gibt die Richtung vor. Digitalisierung und Medizinprodukte sind untrennbar verbunden. Für viele medizintechnische Devices sind Hard- und Software erforderlich.
Ohne Medizinprodukte ist das Gesundheitswesen nicht denkbar. Wie schaffen wir es, vom einzelnen Produkt hin zu einem prozessorientieren Denken zu kommen?
Die Herausforderung ist, die Prozesse so zu gestalten, dass sie von den Ärzten in ihrer täglichen Arbeit auch angenommen werden. Dazu braucht es auch passende rechtliche Rahmenbedingungen und die entsprechende Finanzierung. An dieser Aufgabe arbeiten wir.
Digitalisierung ist für Sie ein wichtiger Eckpfeiler, wie sehen die konkreten Pläne im Gesundheitswesen aus?
Es gibt schon sehr viele Vorzeigeprojekte der Telemedizin in den Bundesländern, wie im Diabetessektor oder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das sind große Themen, da werden wir dranbleiben.
Die EU hat strengere Kriterien für die Benennung von Zulassungsstellen für Medizinprodukte europaweit einheitlich festgelegt. Weniger Benannte Stellen, mehr Zulassungsverfahren – was bedeutet das für Österreich?
Die beiden österreichischen benannten Stellen haben sich im Jahr 2016 dazu entschieden, aus wirtschaftlichen Gründen ihre Tätigkeit einzustellen. Für die österreichischen Hersteller von Medizinprodukten bedeutet dies, dass sie mit einer benannten Stelle mit Sitz im übrigen Europa einen Vertrag zur Zertifizierung abschließen müssen. Diese Situation ist für österreichische Betriebe unbefriedigend. Wir führen Gespräche um die Situation für die heimischen Medizinproduktehersteller zu verbessern.
AUSTROMED STAND • PUNKT
Mit der Einrichtung einer Benannten Stelle sind die Chancen groß, kluge Köpfe im Land zu halten und den Standort für Unternehmensansiedlungen zu stärken. Die Verfügbarkeit von praxisnahe und multidisziplinär ausgebildetem Fachpersonal sowie von qualifizierten Fachleuten im Regulatory-Bereich ist eine Herausforderung, die vonseiten der politischen Entscheidungsträger unbedingt proaktiv angegangen werden muss. Es ist genau jetzt die richtige Zeit, mit einer breiten Kampagne dafür zu werben, dass wir im Land attraktive Arbeitsplätze bieten können.