„Nicht nur Werkzeuge oder Autoteile lassen sich mittels Computer-aided Design und Computer-assisted Manufacturing erstellen: Gesichtschirurgen können mit deren Hilfe auch Kiefertransplantate fertigen“, erläutert Professor DDr. Michael Ehrenfeld, Leiter der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Arbeit der Chirurgen beginnt bereits vor der Operation: Um sich ein Bild von dem Ausmaß der Schäden zu machen, fertigen die Ärzte zunächst eine Computertomografie des erkrankten Kiefers an. Die Abmessungen werden dann in ein CAD-Programm eingelesen. „Auf dem Bildschirm erhalten wir ein dreidimensionales Modell des erkrankten Knochens, anhand dessen wir eine individuelle, maßstabsgetreue Schablone für den Patienten erstellen können“, sagt Ehrenfeld, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG).
Während der Operation nutzen die Chirurgen die Schablone, um ein geeignetes Transplantat aus Beckenkamm, Wadenbein oder Schulterblatt auszuwählen.
„Im Gegensatz zu früher entnehmen wir damit nur noch so viel Knochen, wie wir benötigen“, so der Experte.
Das Transplantat wird dann so modelliert, dass es exakt in die Lücke des Kiefers passt, die sich durch die Entfernung des erkrankten Knochens ergibt. Dabei ist es entscheidend, die Transplantate präzise an die spezielle Anatomie des Gesichtsskelettes anzupassen. „Jede Ungenauigkeit würde der Patient nachher beim Kauen oder Sprechen spüren“, erläutert Ehrenfeld. Auch die Metallplatten, mit denen das Knochentransplantat am Kiefer befestigt wird, können die Chirurgen anhand der Schablone bereits vor der Operation in die geeignete Form biegen. Die Münchner Chirurgen haben die Erfahrung gemacht, dass die Vorplanung am Rechner die Operationszeiten deutlich verkürzt. „Dank der exakten dreidimensionalen Positionierung sind auch die Operationsergebnisse besser“, sagt Ehrenfeld. „Die Patienten haben weniger Probleme beim Kauen und die Veränderungen im Gesichtsbild sind geringer.“ Bislang wird das neue Verfahren in Deutschland erst an wenigen Kliniken angewandt.
Ehrenfeld rechnet aber damit, dass es sich in den nächsten Jahren durchsetzen wird: „Die CAD/CAM-Verfahren werden wie in der Automobilindustrie schon bald zum Standard werden.“