Das Risiko für Inkontinenz sowie die Häufigkeit steigen mit zunehmendem Alter an. Nach wie vor ist Inkontinenz ein Tabuthema. „Als Kind trugen wir Windeln und waren inkontinent. Daher wird jedes Problem, das im Erwachsenenalter mit einem unfreiwilligen Verlust von Urin oder Stuhl einhergeht, auch als peinlich, unbeherrscht oder hilflos in Verbindung gebracht“, erklärt Kornelia Buchner-Jirka, Obfrau der KSB-Kontinenz- und Stomaberatung Österreich. „Es ist daher wichtig, immer wieder aufzuklären, dass Inkontinenz kein persönliches Versagen ist, sondern eine eigene Erkrankung oder Begleiterkrankung.“
Häufige Formen der Harninkontinenz sind die Stress- bzw. Belastungsinkontinenz oder die Dranginkontinenz, auch kombiniert in Form einer Mischinkontinenz. Bei der Stress- oder Belastungsinkontinenz kommt es durch eine schnelle Druckzunahme im Bauchraum, etwa bei Niesen oder Husten – also „Stress auf der Blase“ –, zu einem unfreiwilligen Abgang von Urin. Ein starkes, schwer unterdrückbares Harndranggefühl aufgrund einer Störung der Speicherfunktion der Harnblase beschreibt die Symptome einer Dranginkontinenz. „Die Ursachen sind immer medizinisch abzuklären, denn hinter jeder Form der Inkontinenz kann auch eine schwerwiegende Erkrankung wie etwa ein Tumor in der Blase stecken oder der Beginn einer neurogenen Erkrankung liegen“, betont die Expertin.
Abhängig von der Ursache sind auch die Chancen auf Behandlung oder Heilung. „Nicht jede Inkontinenz ist heilbar. Ist zum Beispiel aufgrund eines Schlaganfalles ein bestimmtes Hirnareal betroffen, das die Blasenschwäche auslöst, muss das Ziel sein, die Patienten so weit mit Hilfsmitteln zu versorgen, dass sie sozial kontinent gemacht werden“, so Buchner-Jirka.
Von der klassischen Belastungsinkontinenz sind eher Frauen betroffen, Männer kann es nach einer Prostataoperation treffen. Sie neigen hingegen zum Beispiel im Fall einer Vergrößerung der Prostata –und der damit verbundenen erschwerten Entleerung – eher zu einer Überlaufinkontinenz. „Insgesamt sprechen wir in Österreich aber von rund einer Million Patienten“, resümiert die Expertin.
Der Beckenboden ist aus mehreren Muskelschichten aufgebaut. Die innere Schicht schützt und trägt die Hauptlast der Organe. Sie zieht sich vom vorn gelegenen Schambein bis nach hinten zum Steißbein. Die mittlere Schicht verläuft fächerförmig im vorderen Bereich des Beckens direkt unterhalb der Blase. Die äußere Schicht verläuft achterförmig um die Körperöffnungen herum und enthält die Schließmuskeln des Afters und der Harnröhre. Frauen tendieren zu einem störungsanfälligeren Beckenboden, denn die Muskelschichten sind häufig durch Traumata infolge von Entbindungen gedehnt. „Oft kommt es aber auch durch falsch durchgeführte Beckenbodengymnastik eher zu unkontrollierten Verspannungen, die den Beckenboden starr und die Entleerung der Blase schwierig machen“, erklärt Buchner-Jirka. Richtiges Training und die gekonnte An- und Entspannung sind daher eine wichtige Basis für eine gesunde Blase. Mithilfe von Biofeedback und vaginaler Stimulierung arbeitet die Expertin an einer Re-Edukation der Muskulatur. Das einfache Verfahren macht die Kontraktion des Beckenbodens optisch und akustisch sichtbar.