Transparenz im Gesundheitsweisen wird vielfach gefordert, zum Beispiel im Hinblick auf Kosten- und Leistungsdaten oder die Qualität von Eingriffen. Patienten profitieren gleich doppelt davon: Sie können mündige Entscheidungen für ihre Gesundheit besser treffen und der Wettbewerb um die beste Qualität sorgt für hohe Standards, die sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientieren. Doch noch gibt es vielfach Handlungsbedarf. In Österreich setzt sich unter anderem die Arbeitsgruppe „Transparenz im Gesundheitswesen“ von Transparency International Austria (TI) dafür ein, dass das Thema nicht auf der Strecke bleibt.
FRIED: Weltweit versickern jährlich Milliarden Dollar in dunklen Kanälen. Das verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten. Was aber fast noch schlimmer ist: Es untergräbt das Vertrauen der Bevölkerung. Je transparenter Strukturen, Prozesse und Interessenkonflikte sind, desto geringer ist die Gefahr, dass sich einige wenige durch korruptes Verhalten bereichern können.
Im Gesundheitssystem sind die Auswirkungen von Korruption besonders dramatisch. Kranke Menschen vertrauen darauf, dass ihnen geholfen wird. Sie vertrauen den Heilberufen und können sich nicht vorstellen, dass diese Personen andere Ziele verfolgen, als sie gesund zu machen. Darum ist es so wichtig, dass es Regelungen über die Offenlegung von (möglichen) Interessenkonflikten gibt. Diese sogenannten sekundären Interessen müssen übrigens nicht immer in Geld bestehen. Es können auch Karrieremöglichkeiten, wissenschaftlicher Ruhm oder Sozialprestige sein, die Menschen korrupt machen.
Es überrascht immer wieder, wie wenig Information die Patientinnen und Patienten einfordern. Viele Menschen scheinen auch gar nicht viel über die Art und Qualität ihrer Behandlungen wissen zu wollen. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch verständlich. Menschen wollen darauf vertrauen, dass sie die bestmögliche Diagnostik und Therapie bekommen. Doch wir von TI sind überzeugt, dass es mehr Transparenz braucht, um einerseits die Qualität der Versorgung zu verbessern und auf der anderen Seite undurchsichtige Geschäfte zu unterbinden.
Es ist nicht Aufgabe von Transparency International, Einzelfälle zu verfolgen. Aber wir zeigen auf, was schiefläuft und was auf der strukturellen Ebene dagegen getan werden muss. Dazu suchen wir in Gesprächen mit Entscheidungsträgern, Interessenvertretungen, Politik und Medien gemeinsame Lösungen.
Gerade in Krisensituationen ist Transparenz besonders wichtig. In den ersten Monaten nach Beginn der COVID-19-Pandemie herrschte auf den Märkten eine regelrechte Goldgräberstimmung in bester Wildwest-Manier. Das öffnet Korruption Tür und Tor.
Aber es ist auch nachvollziehbar, wie schwierig es für die Einkäufer in dieser Situation war, verlässliche Lieferanten und qualitätsgesicherte, kostengünstige Produkte zu kaufen. Für langwierige Prüfverfahren und Ausschreibungen fehlte die Zeit. Nicht zu verstehen ist allerdings, warum für den Fall einer solchen Pandemie keine Vorkehrungen getroffen waren.
Die Medizinmarktaufsicht hat viele wichtige Aufgaben, die der Sicherheit der Versorgung von Patienten dienen. Dazu zählen etwa die Überprüfung von Nebenwirkungen und Produktfehlern. Gerade die Impfdebatte hat gezeigt, wie misstrauisch Menschen werden, wenn sie zu wenig Information bekommen oder den Eindruck haben, dass ihnen Fakten bewusst vorenthalten werden. Die Leitung der Medizinmarktaufsicht muss von einer Person ausgeübt werden, die unabhängig agieren kann und über jeden Verdacht erhaben ist, hier einseitig die Interessen der Industrie wahrzunehmen. Eine ehemalige Pharmalobbyistin ist hier eindeutig fehl am Platz.
Ein Code of Conduct ist wichtig, er kann aber nur der erste Schritt sein. Die Erfahrungen zeigen, dass nur echte Transparenz, die auch von Kontrollen begleitet wird, Missstände und Korruption bekämpfen und verhindern kann. An der verpflichtenden Offenlegung von Zuwendungen an Angehörige von Gesundheitsberufen und Einrichtungen im Gesundheitswesen führt kein Weg vorbei.