30 Organisationen von der Ärztekammer über die Pflegevertretung bis hin zum Hebammengremium forderten kürzlich von der Regierung Maßnahmen zum Schutz vor den Folgen der Klimakrise.
Die Folgen der Klimakrise betreffen das Gesundheitswesen auf vielfältige Weise. Eine der zentralen Voraussetzungen, um etwa einer Zunahme von Hitzesterblichkeit und Mangelernährung sowie einer Ausbreitung von Infektionskrankheiten und einem Anstieg von Atemwegserkrankungen und Allergien zu begegnen, ist ein kompetent handlungsfähiger Gesundheitssektor. Dazu gehört es beispielsweise, neue Krankheiten wie auch alte Tropenkrankheiten, die in neuen Gebieten heimisch werden, zu erkennen, aber auch die Arbeit im Gesundheitswesen klimafreundlich zu gestalten.
Effiziente Energiesparmaßnahmen
Hitzesommer, aber auch reduzierte Raumtemperaturen sind besonders für ältere und kranke Menschen eine Herausforderung. Zudem werden rund 7 % des österreichischen CO2-Fußabdrucks im Gesundheitswesen verursacht, bis zu 50 % Prozent könnten durch Energieeffizienz oder die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf nachhaltige Alternativen eingespart werden. Interessierte Krankenhäuser, Pflegeheime oder Reha-Zentren bekommen Förderung und professionelle Hilfe bei der Umsetzung.
Ein Fördertopf zeigt mit Pilotprojekten wie dem Pflegeheim Haus St. Theresa in Wien oder dem Bezirkskrankenhaus Schwaz in Tirol, dass eine Halbierung des Energieverbrauchs und eine drastische Senkung der Betriebskosten um die Hälfte möglich sind. Vorläufig stehen bis zu 200 Millionen Euro für Krankenanstalten und Rehabilitationskliniken zur Verfügung, Senioren- und Pflegeheime werden mit bis zu 150 Millionen unterstützt. Das Ziel lautet: klima-neutral und damit insgesamt krisenfester zu werden. Krankenhäuser, Kliniken, Alten- und Pflegeeinrichtungen, Primärversorgungseinheiten, Arztpraxen sowie Apotheken in ganz Österreich können Projekte einreichen.
Welche Aktivitäten in Spitälern bereits jetzt gesetzt werden, zeigt ein Blick in die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Oberösterreich.
Wiener Gesundheitsverbund: sechs Fokusthemen
Der Wiener Gesundheitsverbund setzt schon seit Jahren klare und ambitionierte Schritte in Richtung Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Durch die Größe des Verbundes kann spürbarer Einfluss auf die Nachhaltigkeit der Stadt Wien und ganz Österreichs genommen werden. Grundlage dafür ist ein ganzheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit. Das bedeutet, dass neben der ökologischen und sozialen auch die ökonomische Dimension berücksichtigt und integriert wird. Dabei helfen sechs Fokusthemen, in denen die jeweiligen spezifischeren Maßnahmen und Projekte verortet sind. Diese Fokusthemen sind Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, attraktives Umfeld, Grünraum & Biodiversität, Mobilität und nachhaltiges Wirtschaften. Die einzelnen Maßnahmen finden auf den unterschiedlichsten Ebenen statt. Sie reichen von der Verwendung von regionalen Bio-Lebensmitteln in den Küchen, wo bereits ein durchschnittlicher Anteil von rund 40 % erreicht wird, bis hin zum Ausbau der Solarenergie und der Umstellung auf LED-Beleuchtung.
Der Wiener Gesundheitsverbund beschäftigt sich heuer besonders intensiv mit den Vorgaben für nachhaltiges und regeneratives Bauen. Die Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes werden bis 2040 modernisiert und ihre Infrastruktur wird auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Die Kriterien der Nachhaltigkeit spielen hier eine bedeutende Rolle. Ein weiterer Schwerpunkt liegt 2023 beim Klima. Die Stadt Wien hat im Klimafahrplan 2040 Klimaziele definiert, die aktiv unterstützt werden. Die Fortschritte sind im Umweltbericht des Wiener Gesundheitsverbundes sichtbar. Eine Maßnahme sind etwa Klima-Allianzen, die zum Beispiel zwischen der Klinik Floridsdorf, dem Rechenzentrum von Interxion und Wien Energie bestehen. Ab Ende des Jahres wird das 100 Meter entfernt liegende Rechenzentrum die Klinik Floridsdorf beheizen. Wien Energie baut dafür derzeit eine Wärmepumpenanlage, die an die Kühlanlage des Rechenzentrums angeschlossen wird. Die Anlage „recycelt“ überschüssige Wärme aus den Serverräumen effizient und wandelt diese in Fernwärme für die Klinik um. So werden 50 bis 70 % des Wärmebedarfs durch Abwärme gedeckt und jährlich rund 4.000 Tonnen CO2 eingespart.
NÖ LGA: Lokale und nachhaltige Beschaffung
Die NÖ Landesgesundheitsagentur (NÖ LGA) unterliegt als öffentlicher Auftraggeber im Gesundheitswesen dem Vergaberecht und ist verpflichtet, zweckmäßig und ressourcenschonend zu wirtschaften. Es gibt zudem das Pflichtenheft des Landes NÖ, das Vorgaben für energieeffiziente Errichtung bei Neu-, Zu- und Umbauten beinhaltet. Außerdem werden die Errichtung von PV-Anlagen sowie der Umstieg von gasbetriebenen Heizungsanlagen auf Biomasse-Fernwärmeversorgung forciert.
Die Nachhaltigkeitsziele orientieren sich einerseits am Klimaprogramm 2030 des Landes NÖ. Andererseits bildet der österreichische Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung die Grundlage für die Beschaffung nachhaltiger Produkte und Leistungen. Hier sind konkrete Maßnahmen und Ziele definiert, wie zum Beispiel lokale, regionale und saisonale Beschaffung von Lebensmitteln mit einem rund 30%igen Bio-Anteil. Aktuell sind im zentralen Materialwirtschaftssystem der NÖ LGA rund 1.300 Bio-Lebensmittelartikel verfügbar, außerhalb des Lebensmittelbereichs sind das etwa 600 Artikel. Darüber hinaus erarbeitet die NÖ LGA gemeinsam mit Geschäftspartnern innovative, nachhaltige Beschaffungsprojekte, um den CO2-Ausstoß zusätzlich zu reduzieren.
OÖ Gesundheitsholding: Kennzahlen zeigen den Weg
Nachhaltigkeit wurde in der OÖ Gesundheitsholding bereits vor der ESG-Normierung in der Strategieentwicklung berücksichtigt und verankert. Von den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen wurden zwölf als relevant für die OÖG eingestuft und in den konzernweiten Strategieprozess miteinbezogen. Die strategischen Schwerpunkte der OÖG bewirken Nachhaltigkeit in allen Dimensionen – sowohl sozial und ökologisch als auch ökonomisch. Die Sichtbarmachung des Beitrages der OÖG zur Nachhaltigkeitsentwicklung wird für die Identitätsentwicklung und Sinnfindung genutzt. Für 2023 steht eine Reihe von Aktivitäten im Kontext mit den ESG-Normierungen auf dem Programm, bereits jetzt wird ein entsprechendes Berichtswesen inklusive Kennzahlensystem erstellt. Mit der Erfahrung und hohen Expertise aus dem Umweltmanagement wird die Nachhaltigkeitsstrategie den neuen gesetzlichen Vorgaben entsprechend weiterentwickelt.
Im Bereich der Beschaffung wird schon seit Jahren ein großes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit gelegt. Medizingeräte werden beispielsweise nach dem „Total Cost of Ownership (TCO)-Prinzip“ ausgeschrieben, das heißt, es fließen neben der Investitionssumme auch die Kosten für Wartung und Entsorgung mit ein. Im Bereich der Küchen wird zum Beispiel der Fokus auf Regionalität bei den Lebensmitteln und Abfallvermeidung gelegt. Um die Anforderungen aus der ESG-Normierung künftig erfüllen zu können, wird auch weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten notwendig sein. Lieferanten werden auch entsprechende Informationen von ihren Vorlieferanten einholen müssen und es wird zwangsläufig zu einer Lieferantenkonzentration kommen, wenn von Einzelnen gewisse notwendige Kriterien nicht erfüllt werden können.