Krankenhaushygiene: Prävention durch Aktion

Für Österreich gibt es derzeit keine bundesweit flächendeckenden Zahlen zu tatsächlichen Spitalsinfektionen, Experten gehen jedoch davon aus, dass etwa jeder 20. Patient (4,5 % bis 5 %) im Spital von einer nosokomialen Infektion betroffen ist. Durch fehlende Meldepflicht fehlt exakte Evidenz, die sich derzeit nur anhand deutscher Statistiken schätzen lässt. Allerdings existieren bereits jetzt in Österreich direkte und indirekte Regelungen und Empfehlungen zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen, wie zum Beispiel die „PRO HYG 2.0“. Diese gewährleisten zwar in der Regel ein gewisses Schutzniveau, flächendeckend durchgesetzt haben sie sich aber noch nicht.

Hygieneteam stärken

Die Mitarbeiter der Hygieneteams spielen eine zentrale Rolle in der Umsetzung und Kontrolle der Hygienemaßnahmen in Gesundheitseinrichtungen. Ihnen kommt jedoch zu wenig Unterstützung zu, wie DGKS Gerlinde Angerler von der Stabsstelle Krankenhaushygiene des Orthopädischen Spitals Speising und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH), zusammenfasst: „Ein Schwerpunkt der Aufgaben einer Hygienefachkraft ist es, Hygiene und Infektionsprävention durch Maßnahmen der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung solcher Infektionen zu optimieren. Als Hygienefachkraft gilt es, im Sinne der Prävention die Mitarbeiter für Hygiene zu sensibilisieren und dadurch den Patienten zu schützen. Der Ausbildung der Hygienefachkraft kommt somit eine zentrale Bedeutung bei der Senkung von nosokomialen Infektionen zu. Hygienefachkräfte werden trotz ihrer wesentlichen Bedeutung oft zu wenig wertgeschätzt.“
Als Dreh- und Angelpunkt in der direkten Patientenversorgung hat das Pflegefachpersonal eine zentrale Bedeutung, wenn es um Themen der Krankenhaushygiene geht. „Das betrifft die unmittelbare Anwendung von Hygienemaßnahmen, wie etwa die korrekte Durchführung der Desinfektion der Hände. Grundkenntnisse werden bereits im Rahmen der Berufsausbildung erlangt“, erklärt Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands (ÖGKV). Die Präsenz eines ausreichend strukturierten und ausgestatteten Hygieneteams ist ein zentrales Element für die Umsetzung und Einhaltung von Hygienemaßnahmen.

Weniger Geld für Hygiene

Einsparungen im Krankenhausbereich stellen für die Hygiene in den Institutionen ein großes Problem dar. Durch Budgetkürzungen ist der Einkauf in Krankenhäusern oft gezwungen, auf billigere Produkte, jedoch hinsichtlich bestimmter Qualitätsaspekte ungünstigere Medizinprodukte zurückzugreifen. Erste Analysen einer von der ÖGKH rezent durchgeführten Studie „Erhebung der Arbeitssituation von Hygieneteams in Österreich 2015“ zeigt, dass in 73 % der teilgenommenen Gesundheitseinrichtungen eine Arzneimittelkommission vorhanden ist, jedoch nur 23 % der an der Umfrage beteiligten Hygieneteams dort Mitglieder sind. Dies schlägt sich auch in der Umsetzung der Antibiotika-Stewardship Programme (ABS) nieder. Lediglich 45 % der befragten Einrichtungen haben ein ABS-Programm implementiert. „Der sichere und adäquate Umgang mit Antibiotika ist eine Lebensversicherung für zukünftige Patientengenerationen. Hinsichtlich Strategien zum Umgang mit Antibiotika besteht somit noch ein deutliches Verbesserungspotenzial“, so Prof. Dr. Ojan Assadian, Präsident der ÖGKH.
Allerdings scheint die Situation zur Anschaffung von Medizinprodukten mindestens genauso kritisch zu sein. Lediglich 25 % der befragten Institutionen verfügen über eine Medizinpro­duktekommission, darunter nur 12 % mit Mitgliedern des Hygieneteams. „Die Anschaffung von Medizinprodukten ist ein komplexer und verantwortungsvoller Prozess, bei dem neben wirtschaftlichen Kenntnissen ein hohes Maß an hygienischer Expertise erforderlich ist. Fehlt zum Beispiel ein simples Rückschlagventil an der richtigen Stelle, so kann das unter Umständen bereits über das Entstehen einer Infektion mitentscheiden.
Hygienefachkräfte verfügen über die nötige Expertise, um solche komplexen Aspekte vor Anschaffung bewerten zu können“, ist Assadian überzeugt. Allerdings sind lediglich 39 % der Hygienefachkräfte laut ÖGKH-Umfrage Vollzeit tätig und 54 % der Befragten sagen aus, dass die für hygienerelevante Aufgaben zur Verfügung stehende Zeit nicht ausreicht.

Problemfelder transparent behandeln

Ein offener Umgang mit Krankenhausinfektionen verlangt, dass die kritischen Themenbereiche angesprochen werden. Das bedeutet, dass ein offener Dialog zwischen Institutionen, Pflegern und Patienten stattfinden muss. „Offenes Umgehen, ein verbindliches Meldesystem, öffentliche Darstellung der Infektionshäufigkeit und verbindliche Qualitätsstandards sind unabdingbar und längst fällig. Dazu kommt, dass viele praktische Strategien zur Infektionsvermeidung, wie etwa die Desinfektion der Hände, zwar dem Gesundheitspersonal bekannt sind, aber trotzdem nicht durchgehend befolgt werden“, berichtet Dr. Gerald Bachinger, Sprecher der österreichischen Patientenanwälte.

 

Quelle: www.oegkh.ac.at