Chemikalienleasing ist ein innovatives serviceorientiertes Geschäftsmodell, das sich weltweit seit mehr als zehn Jahren in vielen Branchen als ein hervorragendes Instrument bewährt hat, den zweiseitigen unternehmerischen Erfolg nachhaltig zu steigern und dabei die Umwelt zu schonen. Der Hersteller verkauft in erster Linie nicht mehr nur ein Produkt, sondern die Funktion, die durch den Einsatz der Chemikalie erzielt wird. Der Kunde erhält auf der anderen Seite eine optimierte Leistung mit nachhaltiger Qualität. Das heißt, dass Desinfektions- und Reinigungsmittel im Krankenhaus auf die Grundleistung der „sauberen Flächen“, „sauberen Betten“ bis hin zu „desinfizierten Stück Operationsbestecken“ zurückgeführt werden sollen. Anstelle einer ständigen Erhöhung der Verkaufsmengen von Chemikalien rückt dadurch eine optimierte Wertschöpfung in den Fokus von Anwender und Verkäufer. Ohne Logistikaufwand, Lagerhaltung oder langfristige Investitionen und mit dem guten Gefühl, dass optimierte Stoffströme auch gut für die Umwelt sind. Weltweit ist das Modell bereits in zahlreichen Branchen mit durchaus überzeugenden Einsparpotenzialen angetreten, im Gesundheitssektor fehlen jedoch noch weitgehend die Erfahrungen mangels pilotierter Projekte.
„Durch diesen innovativen Ansatz wird die Menge an eingesetzten Produkten reduziert, ohne das Reinigungsergebnis zu verschlechtern. Und unter dem Strich führt es zu einem kosteneffizienten Einsatz der Ressourcen auf allen Seiten ohne Qualitätsverlust“, zeigt sich MR Mag. Dr. Thomas Jakl, Leiter Sektion V für Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie im Umweltministerium, von der Idee überzeugt. Wie das aus Sicht des Umweltexperten gehen soll, ist einfach erklärt: Anbieter und Nachfrager haben gemeinsam hohe Expertise, wenn es um die zu erbringende Leistung geht. Im „Team“ sollen neue, innovative Ideen und verbesserte Prozesse entwickelt werden, die zu mehr Leistung bei geringerem Ressourceneinsatz führen. Ein Denkmodell, das in den Grundzügen aus vielen Ecken im Umweltsektor bereits bekannt ist, wie beispielsweis als „Eco Design“ oder „Cleaner Production“. „Für Gesamtösterreich könnten allein 4.000 Betriebe ihre eingesetzten Chemikalien um rund 33 Prozent reduzieren“, rechnet Jakl vor und ergänzt: „Wenn Anbieter von Reinigungsleistungen mit ihren Anwendern lösungsorientierter zusammenarbeiten, führt das nicht nur zu Innovationen, sondern auch zu langfristigen und stabileren Geschäftsbeziehungen. Durch die enge Zusammenarbeit von Produzenten und Anwendern wird Know-how gepoolt, von dem letztlich die Patienten durch verbesserte Hygiene profitieren.“
Derzeit wird das Modell in heimischen Gesundheitseinrichtungen lediglich im Pilotstadium angedacht. „Vorab gilt es zu klären, welche Basis für die Bezahlung bzw. Serviceleistung herangezogen werden muss, sodass das Modell auch für alle Partner aufgeht“, erklärt Mag. Petra Schwager, Managerin des Global Chemical Leasing Programmes bei der UNIDO (United Nations Industrial Development Organization). Ein gutes Beispiel ist die Trinkwasseraufbereitung von Sankt Petersburg, wo die Verrechnung nach Kubikmeter aufbereitetes Wasser erfolgt. Mit den Erfahrungen aus der Hotellerie könnte der Umrechnungsschlüssel für Spitäler auf Bettenbelegungen, Zimmern oder Quadratmetern basieren. Ein Hemmschuh könnten auch die Anfangsinvestitionen sein, denn bei allen zu erwartenden Einsparungen muss ein zusätzlicher administrativer Aufwand eingeplant werden, ebenso wie Sanktionsmechanismen bei unnötig hohem Chemikalienverbrauch zugunsten von Arbeitszeit oder Maschineneinsatz. Pionierarbeit will bezahlt werden und die meisten Krankenhäuser haben derzeit wohl ganz andere Sorgen, als in innovative Modelle der Reinigung zu investieren.
Letztlich könnte aber gerade der Kostendruck die Patientensicherheit verbessern. Vielen Krankenhäusern ist durchaus bewusst, wie viel Geld behandlungsintensive Infektionen kosten. Chemical Leasing stellt im Grundsatz ein innovatives, modernes und geschäftsdynamisierendes Geschäftsmodell dar, könnte aber für das Krankenhaus zu früh kommen, da es hierzu unzweifelhaft einer Organisation bedarf, die in der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität eine gewisse Entwicklungsbreite- und -tiefe hat, dieses Modell erfolgreich umzusetzen.