Der Arbeitsplatz Krankenhaus vor dem Spiegel der Gesundheitsreform stand einmal mehr im Mittelpunkt eines heimischen Top-Events: Der 57. Österreichische Kongress für Krankenhausmanagement fand kürzlich in Wien statt.
Mit rund 400 Teilnehmern und 40 Ausstellern konnten die Organisatoren eine erfreuliche Bilanz ziehen. Unter dem Titel „Arbeitsplatz Krankenhaus – Infarkt oder Innovation“ spannte sich der Bogen vom Wiener Spitalskonzept 2030 über die Auswirkungen der Gesundheitsreform für die niedergelassenen Praktiker bis hin zu Fragen der Risikoprävention oder dem Fachkräftemangel. Ob „gesund wirtschaften“ oder „kranksparen“ die künftige Entwicklung prägen wird und welche Strategien erfolgversprechend sein können, diskutierten unter anderem Experten wie Sonja Wehsely, Wiener Gesundheits- und Sozialstadrätin, Dr. Josef Probst, Generaldirektor des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Dr. Wilhlem Marhold, Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes oder der Geschäftsführer des Privatkrankenanstaltenfinanizerungsfonds, Mag. Herbert Schnötzinger. Von welcher Perspektive auch immer die Analyse der heimischen Gesundheitslandschaft betrachtet wurde – einig waren sich alle Experten und Teilnehmer, dass wir einer Zukunft mit immer knapper werdenden Budgetmitteln entgegengehen. Gleichzeitig wird die medizinische Betreuung immer aufwendiger. Das bedeutet, dass die vorhandenen Ressourcen effektiv und effizient eingesetzt werden müssen, um die bestmögliche Versorgung für die Patienten gewährleisten zu können. „Das können nur die Verantwortlichen in den Spitälern, weniger die Verbände- oder Verbundverantwortlichen, die für die strategische Ausrichtung der Häuser verantwortlich sind. Die Aufgabe der Politik ist es, eine Infrastruktur für eine umfassende medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“, betont Kongress-Organisator Dipl.-KH-Bw Anton Pohl und ergänzt: „Wir haben in unseren Einrichtungen hochqualifizierte Mitarbeiter mit großem Wissenspotenzial, die dazu beitragen können, die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen. Dazu braucht es keine externen Berater, sondern entsprechende Motivierung, Informationen und Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie ein Umdenken in manchen Unternehmenskulturen.“
Ungebrochen im Mittelpunkt der Diskussionen stand nach wie vor die Gesundheitsreform. Im Zusammenhang mit ihrer Umsetzung fordert Wiens Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag. Sonja Wehsely, eine der Hauptverhandler der Gesundheitsreform, den Abschied von der Scheinveränderung. „Wer sich die Latte so hoch legt, dass sie nicht zu erreichen ist, der will sich nicht wirklich um Veränderungen bemühen. Mit der Gesundheitsreform sind wir aber jetzt in einer operativen Ebene angelangt, wo es darum geht, eine völlig neue Herangehensweise in die Praxis umzusetzen: Bund und Länder und Sozialversicherungen müssen gemeinsam an einer Weiterentwicklung arbeiten.“ Der Schlüssel dazu ist nach Ansicht der Politikerin Transparenz. „Nur so können wir eine bessere Qualität erreichen und mit Leistung überzeugen“, meint die Gesundheitsstadträtin. Am Ende der qualitätsgesicherten Versorgung für alle Patienten werden damit Spitalsambulanzen ebenso entlastet sein wie der niedergelassene Bereich. „Ich bin überzeugt, dass wir einen Prozess eingeleitet haben, der nicht mehr reversibel ist. Wir haben uns dabei für einen in der Politik durchaus unüblichen Weg entschieden, nämlich Ziele zu setzen, die Zielerreichung auch zu messen und aus Fehlern zu lernen. Natürlich ist dieser Prozess mit einem gewissen Risiko behaftet, das ist das Wesen innovativer Wege. Ein starkes Gesundheitssystem können wir nur erreichen, wenn die einzige Stabilität die Veränderung ist“, so Wehsely.
Läuft in Sachen Gesundheitsreform alles nach Plan, so soll bis Ende 2016 ein Prozent der Bevölkerung in neuen Versorgungsstrukturen betreut werden. Unter dem Stichwort „Best Point of Service“ wird hier zum richtigen Zeitpunkt die richtige Leistung in der richtigen Qualität und zum passenden Preis angeboten. Jetzt gilt es, das Schlagwort auch mit Inhalten und Leistungen zu füllen. „Für einen Krankenhausträger wie den KAV bedeutet es auf alle Fälle, dass sich etwas ändern wird, wie etwa eine kürzere Verweildauer der Patienten im Spital, die sichtbare Effizienzsteigerung bei Prozessen und die Verlagerung von Aufgaben in den niedergelassenen Bereich“, ist Marhold überzeugt.
Univ.-Prof DI Kurz Völkl, Generaldirektor der Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau, fordert einen „Musterwechsel“, um das komplexe und instabile Gesundheitssystem beherrschen zu können: „Wir brauchen nicht nur Erfolgsbilanzen, sondern auch Lern- und Kooperationsbilanzen, um uns in Zukunft optimaler orientieren zu können.“ Derzeit wird nach Ansicht des Experten zu viel Aufwand in die Regulierung von Ist-Zuständen investiert, anstatt Prozesse zu managen. Die passende Antwort auf die instabile Komplexität des Systems wäre die Kooperation aller am Gesundheitssystem Beteiligten. Dazu braucht es interdisziplinäre und multiprofessionelle Querverbindungen, Vertrauen und Reflexionskapazität – Forderungen, die in Spitalshierarchien nicht leicht auf fruchtbaren Boden fallen. „Kooperationen zu bilden ist kein triviales Thema. Es geht um vielfältige Beziehungen zwischen Personen und Organisationskulturen, um Loslassen und das Neugestalten von Rahmenbedingungen und Kontexten“, beschreibt Völkl und fordert vor allem ein neues Muster für Veränderungskommunikation: „Wenn schon eine Gesundheitsreform existiert, dann sollten auch alle Beteiligten wissen, was sie davon zu erwarten haben und was sie selbst dazu beitragen können.“
Krankenhäuser sind hochspezialisierte Expertenorganisationen – nicht nur auf dem medizinischen Sektor. Auch im Zuge der Errichtung und des Betriebes sind Unternehmen gefragt, die bei der Realisierung schlüsselfertiger Bauvorhaben ihr Know-how einbringen, wie zum Beispiel das österreichische Familienunternehmen Bartosek Projektbetreuung. Die Experten bieten Unterstützung bei der Realisierung schlüsselfertiger Bauvorhaben zur medizinischen Nutzung – von der Einzelordination über Institute bis hin zu Primary-Health-Care-Zentren. Die Wiener Niederlassung eröffnete unter Leitung von Ing. Dr. Bernd Bartosek seit 1994 Schritt für Schritt neue Geschäftsfelder, unter anderem im Bereich konventionelle Radiologie oder der Großgeräte-Einbringung. „Für OP, Labore und Klinikgebäude hat sich die moderne Modulbauweise als wirtschaftliche Alternative zum konventionellen Bau entwickelt“, erklärt Bartosek. Im Mittelpunkt der Projekte muss nach Ansicht des Geschäftsführers immer der Mensch stehen: „Das gilt sowohl für die Architektur des Gebäudes als auch das Raum- und Funktionsprogramm.“ Das Unternehmen punktet vor allem mit der kundennahen Betreuung durch Projektleiter, die das Vorhaben von Projektbeginn bis zur Schlüsselübergabe begleiten. Fixpreise und die termingerechte Fertigstellung machen Bartosek zu einem verlässlichen Partner in Sachen Projektmanagement und -koordination mit umfassender Erfahrung im Medizinalbau. Schwerpunkt der Aktivitäten ist in Wien, Niederösterreich und Burgenland. Erfolgreiche Referenzbeispiele sind zum Beispiel das CT-MRT-Institut in Gänserndorf, die Laborstraße im Sozialmedizinischen Zentrum Ost in Wien oder die Adatpierung des Schockraums im AKH sowie eine Reihe von Einzelordinationen.
Prof. Dr. Udo Janßen, MBA, Generaldirektor-Stellvertreter, Wiener Krankenanstaltenverbund
Der medizinische Fortschritt bringt es mit sich, dass Leistungen, die früher stationär erfolgt sind, heute auch schon ambulant erbracht werden können. Das ist kein Trend, sondern eine Folge der Entwicklung in der Medizin zu minimalinvasiveren Eingriffen. Die Augenheilkunde ist ein gutes Beispiel – etwa 80 Prozent der Eingriffe werden hier heute ambulant durchgeführt. Natürlich ist es eine Herausforderung, diese Verlagerung auch mit entsprechenden organisatorischen Rahmenbedingungen zu begleiten. Wir müssen hier innovative Infrastrukturen schaffen. Die Spitalsambulanzen gingen aus Spezialambulanzen hervor und werden heute hauptsächlich als allgemeine Ambulanz frequentiert – hier gibt es sicher zielführendere Organisationsformen. Die tagesklinische Versorgung folgt zum Beispiel viel schlankeren Prozessen, als es im stationären Bereich erforderlich ist.
Hier muss unterschieden werden, ob die Trägerschaft privat oder öffentlich ist – das lässt aber keine Rückschlüsse zu, ob die Versorgung eine bessere ist. Die zweite Frage ist, ob private Strukturen den öffentlichen Bereich entlasten können. Für mich ist klar, dass die öffentliche Sicherstellung der medizinischen Versorgung keinesfalls durch private Angebote ersetzt werden darf. Wenn ein gesellschaftlicher Konsens gegeben ist, dass diese Aufgabe der Kommune zufällt, dann kann die Aufgabe nicht zur Gänze ein Privater übernehmen – denn das wäre dann ein Weg in die Privatisierung öffentlicher Leistungen. Private Angebote haben natürlich den Vorteil, dass sie keine Grundversorgung sicherstellen müssen und sich – in Form von „Rosinenpicken“ – nur jene Leistungen suchen, die sich profitabel abwickeln lassen. Am Ende mindert es aber für die öffentlichen Anbieter nicht die Verpflichtung, alle notwendigen Strukturen vorzuhalten.
Ich denke, es bedarf mehr Information und Transparenz darüber, dass die Pluralität akzeptiert werden kann. Ich bin keinesfalls gegen private Anbieter von Gesundheitsleistungen, ich sehe aber die Schwierigkeit darin, den Patienten ausreichend davon in Kenntnis zu setzen, dass nur sehr selektiv bestimmte Krankheitsbilder im Portfolio abgedeckt sind. Patienten in die richtigen Versorgungsströme zu lenken, ist immer eine Herausforderung. Wenn wir zu einer besseren Behandlungsqualität durch eine Schwerpunktbildung beitragen wollen, dann brauchen wir Leitstrukturen, die den Patienten zum „Best Point of Service“ bringen.
Prof. DDr. Christian Köck, Geschäftsführung der HCC Health Care Company GmbH, Wien
Ich denke, dass der Trend derzeit von einer Verlagerung der Aufgaben aus dem stationären in den ambulanten Sektor geht, und damit im Zusammenhang stehen natürlich veränderte Finanzierungsströme und Geldflüsse. In Zukunft wird eine deutliche Reduktion der intramuralen Versorgung erforderlich sein und dazu brauchen wir entsprechende extramurale Versorgungsstrukturen, die hier die Patientenströme aufnehmen können. Das können Gruppenpraxen sein, aber auch interdisziplinäre Ambulanzzentren.
Die derzeitige Herausforderung liegt auf der Hand: Wir haben zu viele Krankenhäuser und zu wenige Kapazitäten in der extramuralen Versorgung. Der Facharzt als Einzelordination ist aus meiner Sicht ein Auslaufmodell. Wir brauchen am Ende Spitäler und Notfallversorgungszentren, wo jene Versorgung stattfindet, die auch nur in solchen Einrichtungen möglich ist.
In diesem Fall müssen die derzeitigen Finanzierungsstrukturen durch neue ersetzt werden und das kann nur im Rahmen eines allgemeinen Verständnisses passieren, dass alle Patienten unabhängig von Einkommen und Bildung Zugang zu einer adäquaten und vernünftigen Gesundheitsversorgung haben müssen. Wer darüber hinaus Ansprüche hat, muss sich diese auch selbst bezahlen.
In einem integrierten Versorgungszentrum werden ohnehin viele Schnittstellen wegfallen. Zudem brauchen wir in einem modernen System eine Verlinkung von vorhandenen Wissensdatenbanken – zwischen niedergelassenen Allgemeinmedizinern, Fachärzten und Therapieeinrichtungen rund um Spitäler. Es ist absurd, dass Krankenhäuser diese Notwendigkeit, als „regionales Versorgungshub“ zu fungieren, noch nicht erkannt haben. Nur wenn von der Vorsorge bis zur Nachsorge abgestimmte Prozesse laufen, dann kann es eine integrierte Versorgung überhaupt geben. Derzeit ist der einzige, der diese Integration gewährleistet, der Patient selbst – und der ist in diesem Fall sicherlich der schlechteste Integrator für seine eigenen Anliegen.
Heutzutage ist nicht einmal eine Gerichtseingabe oder eine Steuererklärung ohne Online-Zugang wirklich möglich. Daher ist es an der Zeit, die e-card ebenfalls mit entsprechenden Funktionen auszustatten, um eine Vernetzung der Gesundheitsdienstleister möglich zu machen, noch dazu, wenn wir an lebensrettende Sofortmaßnahmen denken. Im Zusammenhang damit steht auch die Optimierung der Versorgungskette, zum Beispiel das Vermeiden von Doppeluntersuchungen. Und am Ende – und das muss auch im Sinne der Patienten sein – führt die Vernetzung auch zu einer Schließung von Qualitätslücken.
Vorab ist es wichtig zu trennen, ob „privat“ die erbrachte Leistung betrifft oder das Eigentum der Immobilie. Die entscheidende Frage für die Gesundheitspolitik ist sicher jene, ob die Leistungen in diesen Zentren öffentlich verrechenbar sind oder nicht. Ich bin überzeugt, dass eine moderne Demokratie allen Bürgern, unabhängig von Einkommen und Bildung, gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleisten können muss.
Was nun die Errichtung und den Betrieb angeht, wird eine Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen die Zukunft sein, denn es ist nicht Aufgabe eines Krankenhauses, komplexe Bauvorhaben abzuwickeln.
Wir brauchen eine offensive Gesundheitspolitik, die Finanzierungsströme an die Notwendigkeiten der Patientenversorgung anpasst. Wir sind schon auf einem guten Weg, aber zwei entscheidende Themen fehlen noch: Transparenz und Qualität. Wir brauchen ein System, das Patienten umfassenden und verständlichen Zugang zu Qualitätsdaten von Spitalsleistungen ermöglicht. Dann wird das System auch tatsächlich gerecht für alle sein!
Dr. Thomas Holzgruber, Kammeramtsdirektor der Wiener Ärztekammer
Der Trend geht zunehmend in Richtung ambulante Behandlung anstatt stationärer Aufnahme. Sind die Ambulanzen in den Krankenhäusern nicht ohnehin schon überlastet?
Es ist nicht neu, dass wir mehr Versorgungsmöglichkeiten im niedergelassenen Bereich benötigen. Das ist auch im Interesse der Ärzte, die bereits hier tätig sind. Es fehlt nur derzeit an den erforderlichen Rahmenbedingungen. Bei Fachärzten geht der Trend schon deutlich in Richtung interdisziplinärer medizinischer Zentren in Form von freiberuflichen Ordinationsgemeinschaften. Diese Entwicklung sehen wir als Ärztekammer auch positiv, denn gerade in der Gründungsphase sind die Zusammenarbeit mit Kollegen und die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur ein Startvorteil gegenüber vielen Einzelkämpfern. Auch bei Timesharing-Modellen, bei denen sich mehrere Ärzte eine Ordination teilen, können IT- oder Personalressourcen gemeinsam genutzt werden, sodass die finanzielle Belastung gerade am Start in die Selbstständigkeit geringer ist.
Private Ambulanzen sind ein möglicher Weg zur Entlastung der Spitalsambulanzen – wer trägt die Kosten?
Diese Ordinationsgemeinschaften sind derzeit meist privat. Die Zahl der Kassenverträge hat sich in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich verändert, das heißt, bestehende Verträge werden nur umverteilt. Für Allgemeinmediziner ist die Sinnhaftigkeit der Zentrumsbildung fraglich, denn sie sollen ja eine wohnortnahe, regionale Versorgung sicherstellen. Bei Fachärzten sind hier schon mehr Vorteile zu lukrieren, aber denen fehlen derzeit für die Gruppenpraxen die erforderlichen Kassenverträge. Die Forderung geht ja in eine ganz andere Richtung: Die niedergelassene Versorgung soll an den Tagesrandzeiten und an den Wochenenden ausgebaut werden. Das geht aber nicht ohne weitere Kassenplanstellen. Und in der Nacht müssen wir ganz andere Versorgungsformen forcieren, wie etwa den Ärztefunkdienst als Bereitschaftsdienst in Wien – Forderungen, die wir vonseiten der Ärztekammer schon lange stellen, die aber auch nicht gehört werden.
Private Ambulanzen fördern die Zwei-Klassen-Medizin, kann das ein Ziel sein?
Jeder Patient ist frei zu entscheiden, wohin er geht, und er hat auch das Recht, einen Wahlarzt aufzusuchen, wenn er sich dort gut aufgehoben fühlt. Ein Wahlarzt-Bashing, wie es vonseiten der Wiener Patientenanwältin zu hören ist, halten wir für nicht angebracht. Wahlärzte sind für das System wichtige Partner und sie helfen nicht zuletzt den Krankenkassen Geld zu sparen. Denn: Nur 80% der Kosten werden rückerstattet und wir wissen, dass viele Patienten ihre Honorarnoten gar nicht einreichen. Die Ärztekammer steht aber natürlich auch zur sozialen Krankenversorgung und einer Leistbarkeit für alle, dazu benötigen wir aber auch mehr Kassenstellen.
Neue ambulante Versorgungsformen sind eine zentrale Schnittstelle zum Krankenhaus – wie kann man sich das genau vorstellen?
Aus unserer Sicht sind das Ärztehäuser, also Versorgungseinrichtungen mit Einzelordinationen an einem gemeinsamen Standort. Diese Formen der Zusammenarbeit sind nicht neu, die gibt es schon seit dem Mittelalter und sie sind mehr als bewährt. Aus unserer Sicht ist das eine adäquate Form, vorausgesetzt, die Bedingungen für die Ärzte – zum Beispiel im Hinblick auf Miete oder Standortwahl – sind vertretbar.
Wer soll das Management der Schnittstellen zwischen ambulanten Zentren und Spitälern übernehmen?
Derzeit ist das durch die Hausärzte und das Entlassungsmanagement der Spitäler organisiert. Das kann sicher noch weiter verbessert werden, klappt aber im Grunde sehr gut und hängt nicht so sehr von den Strukturen, sondern vom persönlichen Engagement der betroffenen Leistungserbringer, vor allem der Ärzte ab. Viele niedergelassene Ärzte im Umkreis von Spitälern haben gute Kontakte zu den dortigen Kollegen. Hier muss man die Honorierung anpassen, da das natürlich viel Arbeitszeit für die Betroffenen ist. Natürlich wird das Thema komplexer, wenn so wie in Ballungszentren mehrere Krankenhäuser im Umkreis sind.
Wie wird sich der Bürger und Patient in diesem neuen Gesundheitssystem zurechtfinden? Wird es eine Art „Patientenleitsystem“ geben?
Wir fordern schon lange die „Lotsenfunktion“ des Hausarztes, der den Patienten durch das System führen soll, ein. Immerhin ist er derjenige, der sich dort auch am besten auskennt und weiß, was der Patient braucht. Wichtig wären Maßnahmen, die Hausärzte dabei zu unterstützen.
Welche Vorteile können extramurale Versorgungsformen haben?
Sie haben weniger Vorhaltekosten als ein Spital und die Organisationsform ist weniger komplex. Damit geht eine Reihe von Vorteilen wie persönlichere Kontakte, einfachere, wohnortnahe Betreuung und flexiblere Strukturen einher. Man sollte ja auch nicht zu komplexe ambulante Organisationsformen etablieren.