“Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt”, hat schon Franz Kafka beobachtet. Auch zwischen so manchen Einkäufern und Medizinprodukteherstellern (MP) ist seit Kurzem eine Eiszeit des Schweigens angebrochen. Kein Wunder, ist doch das über viele Jahre aufgebaute gegenseitige Vertrauen langsam aber sicher am Schwinden. Die Hintergründe erklärt Mag. Martin Schiefer, Rechtsanwalt der Kanzlei Heid Schiefer Rechtsanwälte OG und Experte im Bereich Beschaffung und Ausschreibungen im Gesundheitswesen.
Warum ist die partnerschaftliche Beziehung zwischen Beschaffern in Krankenhäusern und Medizinproduktelieferanten ins Wanken geraten?
Die Spardiskussion hat Einkäufer unter Druck gebracht. Sie brauchen immer rascher nachweisbare Ergebnisse, am einfachsten gelingt das durch Preisreduktionen am Produkt. Stresssituationen schüren leicht Gerüchte, wie etwa jenes, dass in Deutschland die Marktpreise für Medizinprodukte doch viel günstiger seien als in Österreich. Das trifft sicher auf manche Produktgruppen zu, aber bei Weitem nicht auf alle. Dazu kommt, dass es kein verifiziertes Datenmaterial zum unterschiedlichen Preisniveau gibt. Nun trachten Einkäufer danach, diese Preise nach Österreich zu bringen. Die Handschlagqualität scheint außer Kraft gesetzt und es ist zu einem großen Vertrauensverlust auf beiden Seiten gekommen, der sich natürlich negativ auf die gesamte Geschäftsbeziehung auswirkt.
Das klingt doch verlockend, warum sollen Beschaffer nicht im kostengünstigeren Ausland kaufen?
Heimische MPs arbeiten unter völlig anderen Rahmenbedingungen. Wir sprechen hier immer nur von Preisen, gefragt sind aber Preise im Zusammenhang mit Servicekonditionen. Und in Österreich wird den MPs viel mehr Service, Schulung und Zusatzdienstleistung abverlangt als vergleichsweise in Deutschland. Bei einer eindimensionalen Preisreduktion hieße das Äpfel mit Birnen vergleichen.
Das heißt also, die deutschen Preise sind gar nicht so attraktiv?
Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen. Fakt ist, dass es nur durch ein Miteinander von Anbieter und Nachfrage geht. Das hat ja die Vergangenheit auch bewiesen. Die Industrie ist darum bemüht günstige Angebote zu machen, aber unter Bedachtnahme auf die heimischen Spezifika des Marktes und unter Aufrechterhaltung des Qualitätsniveaus. Wenn deutsche Einkaufsgemeinschaften mit günstigen Produkten in den Markt drängen, lohnt sich allemal ein zweiter Blick auf das Angebot – nicht immer wird gehalten, was versprochen wurde, und am Ende stellt sich dann auch die Frage, wozu ein Krankenhaus dann überhaupt noch Beschaffer braucht.
Welche Lösung schlagen Sie vor?
Jeder Bieter hat Anspruch auf eine vergleichbare und bewertbare Ausschreibungsunterlage. Unsere Erfahrung ist, dass die Industrie den Wettbewerb nicht scheut, sich aber einen fairen Umgang miteinander wünscht. Der Markt entwickelt sich extrem schnell und dynamisch. Ein heute ausgeschriebenes Produkt, etwa ein Stent, kann in ein paar Monaten schon längst Schnee von gestern sein. Es ist daher extrem schwierig in einem Vergabeverfahren die Innovationen abzubilden. Aber es ist nicht unmöglich.
Wie kann das konkret funktionieren?
Es müssen beide Seiten über ihren Schatten springen, damit die derzeit am Markt bestehende Unsicherheit im Hinblick auf die Bewertungskriterien und -vorgänge vermieden wird. Ich begrüße die Bemühungen der AUSTROMED entsprechende Unterlagen zu entwickeln. Die AUSTROMED hat beispielsweise Musterausschreibungen für einzelne Branchengruppen entwickelt. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit von Multi-Supplier-Strategien im Vergaberecht, die gut funktionieren. Auch Rahmenvereinbarungen, die einen Vertragsabschluss mit mehreren Anbietern über eine Produktgruppe zulassen, sind möglich.
Was raten Sie den Einkäufern?
Achten Sie auf die Servicequalität und fordern Sie Benchmarks ein! Auch wenn die Quick Wins ausgeschöpft sind, muss immer noch ein akzeptabler Servicestandard erhalten bleiben.