Management: Roboterassistierte Chirurgie

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes. 2008 waren 25 Prozent aller festgestellten Tumore Prostatakarzinome, knapp 1.200 Patienten starben an den Folgen. Die Erkrankung erfordert unterschiedliche Therapieansätze. Bei Patienten mit einer prognostizierten Lebenserwartung ab zehn Jahren gilt die radikale Prostatektomie, die vollständige Entfernung von Prostata und Samenblase, als “First-Line-Therapie”. Sie wird bisher meist offen, mit einem Bauchschnitt über eine Länge von ca. 15 bis 20 cm, durchgeführt.
Anders die Situation am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Das mit 400 Betten größte Ordensspital in Wien hat schon vor rund zehn Jahren mit der laparoskopischen radikalen Prostatektomie begonnen und führt seither alle endoskopischen Operationen mit einer sprachgesteuerten Kameraführung durch. Nun gelang dank der Unterstützung eines privaten Sponsors der nächste Innovationssprung, freut sich Prim. Prof. Dr. Paul Schramek, Vorstand der Abteilung für Urologie und Andrologie, über die jüngste Investition, für die er jahrelang gekämpft hat: “Das da Vinci-Operationssystem stellt eine faszinierende technische Entwicklung dar und ist ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten, die sich durch das Zusammenspiel von Mensch und Technik ergeben.” Es handelt sich um das erst fünfte System in Österreich, das zweite der neuesten Generation.

Teamarbeit

Der Operateur steuert über eine Konsole, die neben dem Patienten im Operationssaal steht, sämtliche Funktionen des Systems, also sowohl die Kamerasteuerung als auch die Bewegung der Operationsinstrumente. Auf laparoskopischem Weg wird die Präparation des Operateurs an der Konsole über vier Systemarme ins Körperinnere des Patienten übertragen. Dabei wird das natürliche Zittern der Hand herausgefiltert. Die Bewegungen der robotergeführten Instrumente sind aufgrund der Abwinkelbarkeit mit insgesamt sieben Freiheitsgraden und einer Beweglichkeit von 540 Grad derjenigen einer menschlichen Hand überlegen. Dem Operateur zur Seite stehen seine Assistenzen (Arzt und OP-Schwester), die direkt am Operationstisch tätig sind. Über zwei Bildschirme kann das gesamte Operationsteam den Eingriff mitverfolgen. Die “da Vinci”-Optik arbeitet mit einer Stereokamera, die ähnlich wie das menschliche Auge in das Operationsfeld schaut. Die dadurch entstehenden zehnfach vergrößerten Bilder verschmelzen zu einem dreidimensionalen Gesamteindruck in HD-Qualität, wodurch im Gegensatz zur herkömmlichen Laparoskopie ein echtes Tiefensehen vermittelt wird und der Operateur die Instrumente millimetergenau führen kann.
“Die roboterassistierte Chirurgie ist nicht mehr aufzuhalten”, ist sich Schramek sicher, weist aber auch auf die hohe ärztliche Verantwortung hin, die damit einhergeht. Vor allem das Teamverhalten sei für einen erfolgreichen Eingriff substanziell, ist der Primarius überzeugt: “Es bedarf einer verlässlichen, hochkonzentrierten Kommunikation innerhalb des Operationsteams sowohl auf verbaler als auch auf non-verbaler Ebene.” Dieses Team besteht momentan aus acht Personen vier unterschiedlicher Berufsgruppen: Chirurgen, OP-Helfer, OP-Schwestern und Anästhesisten.
Die Spitalsleitung erhofft sich, durch das “da Vinci”-System auf längere Sicht einen OP-Helfer einsparen zu können. Gemeinsam mit weiteren positiven “Begleiterscheinungen”, wie Reduktion der Liegezeiten für Patienten, ergonomische Vorteile für den Operateur sowie eine mögliche höhere Zahl von Operationen pro Tag, ergeben sich daraus langfristig auch wirtschaftlich interessante Aspekte.