Maßgeschneiderte Unterstützung

Die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) fungiert als Förderbank des Bundes und zentrale Anlaufstelle für die Förderung von unternehmerischem Wachstum und Innovation. Im Gespräch mit Dr. Tanja Spennlingwimmer, Geschäftsfeldleiterin für Entrepreneurship, IP Management und Deep Technology, werden die Herausforderungen der Förderlandschaft für die Medizinprodukte-Branche diskutiert.

Können Sie einen kurzen Einblick geben, wie der Weg von der Forschung zur Gründung derzeit aus Ihrer Sicht in Österreich unterstützt wird?

Österreich verfügt über eine forschungsintensive und dynamisch wachsende Life-Science-Szene. Die Branche ist bereits seit Jahren Lebensretter, Arbeitgeber und ein bedeutender Faktor für die österreichische Wirtschaft. Der Standort hat sich sowohl von wissenschaftlicher als auch von wirtschaftlicher Seite zu einem internationalen Top-Player entwickelt. Ideen aus der Forschung leisten nur dann einen Mehrwert, wenn sie als Innovation beim Patienten ankommen. Mit dem Programm aws LISA-Life Science Austria ist die Austria Wirtschaftsservice seit über 20 Jahren ein wichtiger Partner für die heimische Life-Science-Branche und unterstützt Start-ups finanziell bei der Entwicklung von neuen Innovationen. Das Programm bietet maßgeschneiderte Unterstützung in jeder Unternehmensphase und hat seit 1999 mit mehr als 63 Mio. Euro über 100 Unternehmen in ihren Frühphasen finanziert. Neben monetären Förderungsmaßnahmen wie LISA Preseed und Seedfinancing bis zu einer Million Euro bietet das aws LISA Programm auch kompetente Beratung sowie Unterstützung bei der Internationalisierung und Unternehmensgründung. Die enge Einbindung der fünf österreichischen Life-Science-Cluster sowie der im aws AplusB-Scale-up-Programm geförderten Inkubatoren ermöglicht die Vernetzung aller wesentlichen Stakeholder der Branche.

Wo gibt es Herausforderungen?

Im Bereich Life Sciences ist insbesondere der Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die frühe anwendungsorientierte F&E-Phase eine Herausforderung. Eine wichtige Voraussetzung ist auch die Schaffung eines optimalen Umfelds entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Life-Sciences-Branche. Dazu gehören exzellente Rahmenbedingungen für die kompetitive Spitzenforschung an den Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstituten sowie die effiziente Unterstützung wissenschaftlicher Talente und Entrepreneure.

Wie beeinflusst die Digitalisierung die Forschungsförderung?

Digital Health ist klarer Innovationstreiber und eröffnet enorme Chancen. Als „intelligente Algorithmen“ bezeichnete Computerprogramme werden immer öfter dabei helfen, die richtige Therapie, Behandlung oder Medikation für den jeweiligen Menschen auszuwählen. Expertenwissen verschiedenster Herkunft wird akkumuliert und hilft zum Beispiel in der Medizin – unterstützt durch Big-Data-Analysen –, die „richtige Wahl“ zu treffen. Lernende Algorithmen helfen, Röntgenbilder standardisiert und objektiv innerhalb weniger Sekunden zu analysieren. Die Anwendungsmöglichkeiten von digitalen Technologien im Gesundheitsbereich sind vielfältig.

Diese Entwicklungen hin zu digitalen Anwendungen zeichnen sich bereits seit Jahren deutlich ab: So konnte gerade im Bereich Medizintechnik in den letzten Jahren bereits ein regelrechter Boom bei E-Health- und Telemedizin-Anwendungen festgestellt werden. Rund 37 % der Medizintechnik-Firmen beschäftigten sich mit medizinischer Software, Telemedizin oder mit E-Health-Lösungen. Die Hälfte aller Neugründungen in den letzten fünf Jahren geht auch auf den Digital-Health-Sektor zurück. Und damit übernimmt die Branche auch einen wichtigen Faktor als Wirtschaftsstandort: Der gesamte Life-Science-Sektor in Österreich zählt 60.440 Beschäftigte, die rund 1.000 Unternehmen in diesen Bereich erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von rund 25, 1 Mrd. Euro, das entspricht 7 % des BIP.

Wie sieht aus Ihrer Sicht die Nutzung der Fördertöpfe derzeit aus?

Wir sehen großes Interesse und einen regen Zulauf zu den Förderprogrammen im Life-Science-Bereich. Ein erfahrenes, bestens geschultes Team wählt Projekte nach festgelegten qualitativen Kriterien für die Jurysitzungen aus. Im Bereich Life Science Deep Technologies liegt die Erfolgsquote von Einreichungen bei 25 %, das zeigt eine kompetitive Situation.
Mit einer Förderperiode von drei Jahren können wir eine stabile Finanzierung der Förderprogramme sicherstellen. Gleichzeitig zeigt die verlängerte Förderperiode auch das Commitment des Bundes, nachhaltig in diesen Bereich zu investieren. Derzeit verhandeln wir mit unseren Auftraggebern, dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ein neues Budget.

Strategische Netzwerke zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen könnten helfen, die Aktivitäten noch weiter auszubauen. Gibt es dafür bereits Vorzeigebeispiele?

Als sich zu Beginn der 2000er-Jahre in ganz Österreich eine sehr aktive Biotechnologie- und Medizintechnik-Szene entwickelte, hat die Politik erkannt, dass es neben Förderungen auch Begleitung für die Internationalisierung der österreichischen Community braucht. Und um als kleines Land schlagkräftig auftreten zu können, braucht es eine gemeinsame starke Marke, unter der wir die Exzellenz von ganz Österreich bündeln können. Und so war das Projekt LISA – Life Science Austria geboren. Als Dachcluster-Organisation für die Internationalisierungsaktivitäten der österreichischen Life-Science-Cluster-Organisationen werden hier internationalen Aktivitäten der fünf österreichischen Life-Science-Cluster gebündelt. Vor allem beschäftigt sich LISA mit der Organisation von gemeinschaftlich durchgeführten internationalen Fachmesseauftritten, Delegations-, Sondierungsreisen und weiteren internationalen Auftritten und Internationalisierungsaktivitäten zur Präsentation des Life-Science-Standorts Österreich unter Federführung der österreichischen Life-Science-Cluster (ecoplus Technopol Programm, LISAvienna, human.technology.styria, Standortagentur Tirol/Life Science Cluster, Medizintechnikcluster).

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit zur Positionierung des Standorts. Unter anderem wird eine englischsprachige Webseite betrieben, ein regelmäßiger E-Newsletter versendet, das Online-Branchenverzeichnis Austrian Life Science Directory erarbeitet, Social-Media-Beiträge gepostet und regelmäßige Life-Science-Branchenstatistiken erstellt. Der Mehrwert der überregionalen Vernetzung der österreichischen Life-Science-Cluster im Bereich Internationalisierung liegt auf der Hand: Auch ein kleines Land kann so international unter einer gemeinsamen starken Marke auftreten und sich überregional besser vernetzen.

Wie aktiv werden europäische Förderprogramme im Gesundheitsbereich genutzt?

Beim European Innovation Council (EIC) Accelerator punkten österreichische Life-Science-Unternehmen erfolgreich. Im Jahr 2022 konnten acht heimische Start-ups eine Finanzierung von jeweils etwa 2,5 Mio. Euro aus Fördermitteln der EU erhalten. Etwa 50 % aller im EIC-Accelerator geförderten Unternehmen aus Österreich konnten wir zuvor im Seedfinancing Deep Tech unterstützen. Das zeigt auch die hohe Qualität der awsgeförderten Projekte im kompetitiven EU-Umfeld. Die Gründung des EIT-Health Hubs in Österreich wird weiter dazu beitragen, dass mehr EU-Geld in der österreichischen Life-Science-Szene ankommt.