Zur Behandlung schwer verletzter Patienten stehen der modernen Medizin heute umfassende Möglichkeiten zur Verfügung, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Betroffenen wiederherzustellen. Die Erkenntnisse in diesem Bereich entwickeln sich rasant weiter. Eine wichtige Basis dafür ist die Traumaforschung, auf deren Gebiet in Österreich seit Jahrzehnten weltweite Pionierarbeit geleistet wird. Beeindruckend lang und vielfältig ist die Liste der patientenbezogenen Forschungsprojekte, die hier im Gange sind, wie beispielsweise die Knorpelregeneration, die Unterstützung bei der Behandlung von Verbrennungen, die Entwicklung neuartiger Sehnen- und Bandersatzverfahren, die periphere Nervenregeneration, die verbesserte Darstellung des Schadensausmaßes von Rückenmarksverletzungen, ein neuartiges Monitoring für Intensivpatienten, das Entscheidungsgrundlagen für den Therapieverlauf liefert, oder die Blutstillung bei Schwerstverletzten zur Organerhaltung. Rund 80 Mitarbeiter – Experten der unterschiedlichsten Fachbereiche von Chemie, Biochemie, Biologie und Physik über Human- und Tiermedizin bis hin zu Medizin- und Elektrotechnik – bilden das Zentrum all dieser Forschungsaktivitäten des von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) getragenen Ludwig Boltzmann Instituts (LBI) für experimentelle und klinische Traumatologie.
Die Anfänge der Traumaforschung in Österreich gehen in die 70er-Jahre zurück, als die AUVA ihren gesetzlichen Auftrag, “nach den wirksamsten Methoden und Mitteln zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu forschen”, durch die Gründung des Forschungsinstitutes für Traumatologie in die Tat umsetzte. 1980 folgte dann das Ludwig Boltzmann Institut (LBI) für experimentelle und klinische Traumatologie, das im Wiener Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler angesiedelt ist und seit September 1998 von Univ.-Prof. Dr. Heinz Redl geleitet wird. Das LBI für Traumatologie fungiert zudem als Kern eines im Jahr 2006 ins Leben gerufenen Forschungsclusters in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien, der Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik und dem Oberösterreichischen Roten Kreuz. Neben den Forschungs aktivitäten ist der Forschungscluster für die postgraduelle Ausbildung mit dem Studienprogramm “Regeneration von Knochen und Gelenken” der Medizinischen Universität Wien maßgeblich beteiligt. Außerdem werden im Cluster auch Studenten der Technischen Universität Wien, der Universität Wien, der Veterinärmedizinischen Universität Wien und ausländischer Universitäten betreut.
Forschungsmaxime ist das Prinzip der Translationalität, der Verbindung von experimenteller Forschung und klinischer Anwendung durch enge Zusammenarbeit präklinischer und klinischer Expertenteams interdisziplinärer Besetzung. Im Forschungsschwerpunkt “Geweberegeneration” wird unter anderem an der Beschleunigung der Wundheilung mittels Stoßwellen- und Lichttherapie sowie der Knochenregeneration gearbeitet. Verbesserte Ersatzmaterialien sowie die modernsten Verplattungs- und Verschraubungssysteme stehen im Mittelpunkt der aktuellen Aktivitäten, ebenso wie neue Methoden zum Stoppen von Blutungen, die Weiterentwicklung der Gewebeklebung mit Fibrin oder die Nervenregeneration. Wesentliche Schritte in Richtung einer maßgeschneiderten Intensivmedizin erwarten die Forscher durch die Arbeit an der Klärung der grundlegenden Mechanismen von systemischen Entzündungsreaktionen und Multiorganversagen sowie einer “personalisierten” Sepsistherapie. Eine präzise Diagnosestellung und rasche, individuelle Therapie wird im Zusammenhang mit posttraumatischen Gerinnungsstörungen untersucht und die Messung immunologischer Parameter erfolgt zur Bestimmung des optimalen Operationstermins und individueller therapeutischer Interventionen.
Der 3. TERMIS (Tissue Engineering and Regenerative Medicine International Society) Weltkongress fi ndet von 5. bis 8. September 2012 in Wien statt. Forschung und Medizin, Wissenschaft und Industrie werden diesen Kongress als Plattform nützen, um Erfahrungen und Ergebnisse auszutauschen, aber auch Ideen und Visionen für die Zukunft zu entwickeln. www.wc2012-vienna.org |