Schulternahe Oberarmbrüche sind in den letzten Jahren signifikant angestiegen, einerseits aufgrund der Zunahme von Extremsportarten in jungen Altersgruppen, andererseits durch die zunehmende Überalterung der Gesellschaft, verbunden mit dem generellen Anstieg osteoporotischer Knochenbrüche. Stark dislozierte – verschobene bzw. instabile – subkapitale Brüche mit erhaltenem großem Kopffragment können in der Regel unproblematisch mit modernen winkelstabilen Platten bzw. intramedullären Nägeln stabil versorgt werden.
Problematisch hingegen sind stark dislozierte Drei- bzw. Vier-Segmentbrüche des Oberarmkopfes selbst. Insbesondere varisch und valgisch distrahierte Brüche mit hoher Instabilität haben ein sehr hohes Risiko einer Nekrose des knorpeltragenden Kalottensegmentes. Zusätzlich erhöht wird dieses Risiko durch die zurzeit propagierte offene Reposition und Versorgung mit winkelstabilen Platten aus Titan bzw. PEEK, wobei durch die chirurgische Manipulation die ohnehin schon beeinträchtigte Blutversorgung der Kopfkalotte oft endgültig unterbrochen wird.
Aus diesem Grund versorgen wir schon seit über fünf Jahren derartige Brüche minimalinvasiv mit dem von Herbert Resch entwickelten Humerusblock. Entscheidend und für uns auch obligat ist eine exakte präoperative Analyse des Bruches mittels Computertomografie (CT) inklusive 3D-Rekonstruktionen – auch im Hinblick auf eine oft durchaus mögliche konservative Behandlung! Die Reposition der einzelnen Fragmente erfolgt perkutan über kleine Stichinzisionen mittels Standardinstrumenten wie Einzinkerhaken bzw. kleinen Raspatorien. Dadurch bleibt der Vorteil der sogenannten Ligamentotaxis bei gleichzeitiger Schonung der Durchblutung der einzelnen Fragmente erhalten. Der Humerusblock stabilisiert das Schaftfragment mit dem Kalottenfragment, während die Fragmente, an denen die Rotatorenmanschette ansetzt (Tuberculum majus und minus), über kanülierte Schrauben fixiert werden. Auf diese Weise bleiben auch die verklebungs- und vernarbungsgefährdeten Gleitschichten intakt. Die notwendige postoperative Ruhigstellung von drei Wochen ist somit in der Regel kein Problem.
Einzig nachteilig bei diesem Verfahren ist eine erhöhte Strahlenbelastung, da naturgemäß die einzelnen Operationsschritte unter Durchleuchtungskontrolle mit dem C-Bogen durchgeführt werden müssen. In Händen eines erfahrenen Chirurgen – was ohnehin Voraussetzung für derartig komplexe Frakturen ist – kann im Regelfall die Durchleuchtungszeit auf ein Minimum reduziert werden. Bisher veröffentlichte Studien von Anwendern dieser Methode belegen eine signifikante Minderung der Kalottennekrose, zudem auch eine deutliche Senkung der Infektionsrate von 0,2 % gegenüber 2,7 bis zu 9 %. Diese Fakten bestätigten sich letztendlich auch in unserem Patientengut.
Zusammenfassend ist für uns die perkutane minimalinvasive Versorgung komplexer Brüche des Oberarmkopfes die Therapie der Wahl, zumal neben einer Verkürzung der Operationszeit auch die Versorgung im Vergleich zu teuren winkelstabilen Plattensystemen deutlich günstiger ist.