FH-Hon. Prof. DDr. Herwig W. Schneider und Mag. Philipp Brunner vom Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) haben im Rahmen des „Weißbuch Medizinprodukte“ eine Studie zum Thema „Medizinprodukte-Unternehmen als Wirtschafts- und Resilienzfaktor“ erstellt. Laut der Studie erzielte die Branche im Jahr 2019 9,1 Milliarden Euro an Umsatz; indirekt – also inklusive Vorleistung, Konsum und Investitionen – lagen die volkswirtschaftlichen Effekte bei 16,7 Milliarden Euro. Darüber hinaus sichert die Branche (direkt und indirekt) etwa 56.000 Arbeitsplätze und leistete 2019 1,4 Milliarden Euro an Steuer- und Sozialabgaben. „Die Zahlen spiegeln wider, wie wichtig Medizinprodukte-Unternehmen mitsamt ihrer Impulswirkung als Wirtschaftsfaktor sind“, betonte Schneider. „Sie sorgen für Stabilität in der Krise, und das nicht nur aufgrund ihrer enorm wichtigen Versorgungsleistung für das heimische Gesundheitssystem. Denn jeder Beschäftigte, der in der Krise seinen Job behält, sichert einen zweiten Job in der österreichischen Volkswirtschaft.“
„Die Branche ist herausfordernd, weil sie besonders heterogen ist“, sagt Brunner. Gleichzeitig hat die gesamte Branche eine wesentliche Funktion im Gesundheitswesen: Sie bringt enorm vielfältiges Erfahrungswissen ein. „Leider wird das viel zu wenig genutzt. Gegenüber den ersten Studienergebnissen aus 2007 zeigt sich, dass die Betriebe nach wie vor ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen, die durch die Pandemie und die neuen EU-Medizinprodukteverordnungen noch verschärft wurden.“ Und das, obwohl die Branchenvertretung die Forderungen gebetsmühlenartig prägnant auf den Punkt bringt: Klare Definition des Stichwortes Versorgungssicherheit, Agieren von Beschaffern und Lieferanten auf Augenhöhe, Pandemie-Lagerhaltung nicht auf Kosten von Industrie und Handel, wirtschaftspolitisches Commitment zum Standort Österreich und Europa, politische Unterstützung für Benannte Stellen in Österreich und Innovation statt Bürokratie, Qualität statt Preisdumping – davon profitieren letztlich die Patienten.
Wie jede andere Branche verlangt man verständlicherweise Transparenz, Planungssicherheit und Entbürokratisierung. Unternehmen leisten unermüdlich ihren Beitrag, indem sie in Innovationen, in den Standort Österreich und in qualifizierte Arbeitsplätze investieren. „Wir sehen, dass sich die Betriebe intensiv mit Zukunftsthemen auseinandersetzen, allen voran der Digitalisierung“, bringen die IWI-Forscher den positiven Befund aus ihrer aktuellen Studie auf den Punkt. Digitalisierung wird gerade im Hinblick auf das Schnittstellenmanagement, die Vernetzung und Transparenz im Gesundheitswesen als besonders wichtig eingestuft.
Darüber hinaus hat die Krise gezeigt, dass die gesamte Branche überaus rasch und flexibel die öffentliche Hand unterstützt hat. „Damit haben sich die Betriebe mit ihrer Kompetenz und ihrem Erfahrungswissen deutlich in der Öffentlichkeit positionieren können“, sagt Brunner. Umgekehrt nutzen die Behörden dieses Wissen aber noch kaum und lassen wertvolles Know-how für das Gesundheitswesen brachliegen.
Ebenfalls ein Ergebnis der Studie ist, dass die Branche trotz aller Bemühungen die Resilienz-Bestrebungen nicht allein und nationalstaatlich lösen kann. Entscheidungen auf EU-Ebene sind erforderlich, die wohl erst wieder am Radar der Entscheidungsträger sein werden, wenn sich die Pandemie „beruhigt“ hat. Vielleicht wird dann auch klar, dass mit besserer Planung und Vorsorge in- und außerhalb von Krisenszenarien zwar kurzfristig Kosten entstehen, aber langfristig durchaus Sparpotenziale lukriert werden können.