„Immer seltener werden Geräte eingesetzt, die den Bewegungs- und Stützapparat nach eine Operation stabilisieren, weil dadurch auch die Aktivitäten eingeschränkt werden“, erklärt Prim. Dr. Ingrid Heiller, Leiterin des Instituts für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien sowie am Orthopädischen Spital Speising: „In der Orthopädie wird vielmehr alles, was in Richtung Bewegung geht, forciert.“
Dennoch sind bestimmte Medizinprodukte hilfreich und notwendig. So gilt: Je älter ein Patient, desto eher wird er ein solches benötigen. Doch auch bei Jüngeren spielt die Unterstützung durch Geräte eine wichtige Rolle. Ein Beispiel ist die Neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES), mit der atrophierte Muskeln, die etwa aufgrund von Schmerzen oder Fehlstellungen lange inaktiv waren, gezielt angesprochen und dadurch wieder aktiviert werden können. Heiller: „Die Klebeelektroden werden auf dem schwachen Muskel angebracht und geben Impulsströme ab, sodass sich der jeweilige Muskel tatsächlich bewegt. NMES entlastet die Gelenke und kräftigt die Muskulatur, indem die Muskelfasern rekrutiert werden.“ Die 30-minütige Behandlung kann bis zu sechs Wochen erfolgen, wird mit Physiotherapie kombiniert und kann auch zu Hause angewendet werden.
Bei der Therapie von akuten oder chronischen Rückenschmerzen werden mithilfe der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) sensible Nervenbahnen behandelt und die Schmerzen dadurch unterdrückt. „Es gibt zudem Kombinationsgeräte, die sowohl zur Schmerzbehandlung als auch beispielsweise durch Stimulation zum Muskelaufbau eingesetzt werden“, weiß die Fachärztin. Der Unterschied liegt in der Stromart, für den Patienten spürbar in der Stromstärke, die bei der Schmerztherapie sensibelschwellig dosiert wird, während sie beim Muskelaufbau so hoch eingestellt gehört, dass die Muskelkontraktion sichtbar wird.
Aufgrund minimalinvasiver Operationsmethoden und der stetigen Verbesserung der Schmerztherapie ist etwa nach einer Kreuzbandoperation die schnellstmögliche Mobilisierung das erklärte Ziel: Bereits am ersten Tag wird unter Anleitung eines Physiotherapeuten geübt, mit Krücken zu stehen. Am zweiten Tag folgt das Gehen und am dritten Tag das Stiegensteigen. Trotzdem haben hier auch mechanische Geräte durchaus ihre Berechtigung. Wenngleich die Patienten nach der Operation nur mehr selten mit einer Schiene versorgt werden, kommen ab dem ersten postoperativen Tag Motorschienen zum Einsatz, wenn das Knie weniger als 70 Grad gebeugt werden kann. „Das Knie wird in die elektrisch bedienbare Motorschiene eingespannt und mindestens dreimal täglich mehrmals von der vollen Streckung bis zum rechten Winkel gebeugt. Die Motorschiene gibt also die Kniegelenksbeweglichkeit passiv vor und verhindert ein Einsteifen des Knies“, sagt Ingrid Heiller.
Nach Wirbelsäulenoperationen müssen lediglich bei Komplikationen (z. B. Spondylodiscitis) stabile Lendenstützmieder getragen werden. Ebenso werden bei Wirbeleinbrüchen aufgrund von Osteoporose in den wenigsten Fällen statische Heilbehelfe verwendet, was daran liegt, dass bei Kyphoplastien Knochenzement eingesetzt wird. Nach Hüft- und Knieoperationen bekomme natürlich jeder Unterarmstützkrücken, so Heiller, die ferner die Wichtigkeit der evidenzbasierten Medizin hervorhebt: „Die Entscheidung, ob und welche Geräte angewendet werden, wird auf Basis wissenschaftlich nachgewiesener Wirksamkeit getroffen. Ein Grund mehr, warum alles, was die Aktivität einschränken könnte, in der Nachsorge zurückgedrängt wird.“