Ein knappes Jahr hat Österreich noch Zeit, die Richtlinie des Rates 2010/32/EU „zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor“ umzusetzen. Die dazu erlassene „Verordnung zum Schutz der Arbeitnehmer/innen vor Verletzungen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente“ – kurz Nadelstich-Verordnung (NastV) – wurde bis Mitte August begutachtet, am 11. Mai 2013 soll sie in Kraft treten. Bereits im Vorfeld wurde heftig diskutiert: Wird hier wieder einmal überreguliert? Und wer schlägt daraus wieder Profit, wenn Anwender gezwungen werden, bestimmte Produkte auszulisten und andere einzukaufen?
Ein Blick hinter die Kulissen lohnt sich, denn die Verordnung sieht nicht nur den Einsatz von Sicherheitsprodukten vor, sondern auch die umfassende „Information und Unterweisung“ all jener Mitarbeiter, die potenziell diesen Gefahren ausgesetzt sind, und es sind genauso Vorkehrungen für den Verletzungsfall zu treffen. Das sind laut AUVA-Unfallstatistik aus 2010 innerhalb der besonders gefährdeten Berufsgruppen der Krankenpflegefachkräfte und Pflegehelfer vor allem die Frauen, die mit 1.119 Nadelstichverletzungen die Nase vorne haben. Bei Männern sind es auffallend wenige – nämlich 169 –, was im Hinblick auf die Verteilung der Beschäftigten nach Geschlechtern nicht weiter wundert und erst recht nicht, wenn die Meldemoral ins Kalkül gezogen wird. Denn eine Nadelstichverletzung zu melden heißt auch, einen Fehler einzugestehen – und wer macht das schon gerne?
Es geht also auch um eine Bewusstseinsbildung für Risikominimierung und damit auch Kostenminimierung. Arbeitgeber werden in die Pflicht genommen, ein systematisches Verfahren festzulegen, bei dem eine Verletzung oder Infektion „unverzüglich den zuständigen Vorgesetzten oder den sonst dafür zuständigen Personen zu melden“ ist.
Ziel ist es, eine sichere Arbeitsumgebung zu schaffen und Verletzungen und vor allem die Folgekosten zu vermeiden. Es geht um Risikobewertung, Risikounterweisung, Prävention und darum, das Bewusstsein für Gefahren zu schärfen. Vorgesehen sind spezifische Schutzmaßnahmen, zu denen die Verwendung der benötigten Arbeitsmittel, die nach der Risikobewertung die sichersten sind, sowie sichere Methoden für die Entsorgung scharfer bzw. spitzer medizinischer Instrumente zählen. Die Gefahr von Nadelstichverletzungen für Krankenhausmitarbeiter wird immer noch vielfach unterschätzt. Was auf den ersten Blick für manchen harmlos scheint, birgt ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko für Ärzte, Pflegepersonal und Reinigungskräfte, denn mittels Blut können rund 20 pathogene Erreger übertragen werden. Studien, in denen die Wirksamkeit der Einführung von Instrumenten mit aktiven oder passiven Schutzmechanismen evaluiert wurde, zeigen eine deutliche Abnahme der Häufigkeit von Nadelstichverletzungen nach der Einführung sicherer Instrumente.
Um intensive Aufklärung bemüht sich auch die Arbeitsgruppe „Vermeidung von Schnitt- und Stichverletzungen im Gesundheitswesen“ der AUSTROMED. Das Ziel der Arbeitsgruppe ist „Zero Tolerance“ bei Schnitt- und Stichverletzungen im Gesundheitswesen. Sie unterstützt daher den verbindlichen Einsatz sicherer Instrumente im Gesundheitswesen als spezifische Schutzmaßnahme zur Vermeidung von Verletzungen und/oder Infektionsübertragungen. Im Vordergrund stehen Sicherheit, Schutz, Infektionsverhütung und -bekämpfung im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften. In dieser Arbeitsgruppe sind Experten von folgenden Firmen vertreten: Becton-Dickinson, B. Braun Austria GmbH, Greiner Bio-One, R. Heintel Medizintechnik und Covidien Austria GmbH.