Erhöhte Blutwerte des nur in der Prostata vorkommenden „prostataspezifischen Antigens“ (PSA) können Ärzte auf gut- und bösartige Veränderungen in der Prostata aufmerksam machen. Um dann zu klären, ob es tatsächlich zum Wachstum eines bösartigen Tumors gekommen ist, entnehmen die Mediziner in der Regel zehn bis zwölf Gewebeproben. Diese untersucht der Pathologe unter dem Mikroskop auf Krebszellen. „Je früher ein Karzinom erkannt wird, desto besser sind die Chancen auf eine Heilung“, erklärt Professor Dr. Tillmann Loch, Chefarzt der Urologischen Klinik am Universitätslehrkrankenhaus DIAKO in Flensburg. „Entscheidend für die Wahl der richtigen Behandlung ist aber eine exakte Bestimmung der Aggressivität und des Tumorstadiums in der Diagnostik.“
Die üblichen, systematisch räumlich nach dem „Schiffe versenken-Muster“ aufgeteilten Gewebeentnahmen der Prostata beruhen auf dem zufälligen Treffen eines Tumors. „Das ist vergleichbar mit einem Lotteriespiel, bei dem es einem Hauptgewinn entspricht, wenn man einen Tumor in seiner größten Ausdehnung und an der Stelle seiner höchsten Aggressivität trifft“, sagt Loch. Das schlimmste Szenario sei, einen großen aggressiven Tumor nur am Rand zu treffen und dadurch fälschlicherweise zu glauben, es wäre nur ein kleiner Tumor.
Statt sich auf den Zufall zu verlassen, plädiert der Experte dafür, gezielt die Regionen, in denen der Krebs stecken könnte, mittels moderner Ultraschalluntersuchungen einzugrenzen. Loch, der bei der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) die Sektion Urologie leitet, setzt auf die transrektale Ultraschalluntersuchung (TRUS) – so genannt, weil sie vom Enddarm (Rektum) aus erfolgt. Deren Ergebnisse wertet er mit der computergestützten „Artifiziellen Neuronalen Netzwerk Analyse“ (ANNA/C-TRUS) aus: Das System vergleicht die aktuellen Ultraschallbilder mit Befunden von bereits erkanntem Prostatakrebs, die durch Pathologen bestätigt wurden.
„Unsere Datenbank enthält über 1000 Befunde“, erklärt Loch. Finden sich auf neuen Ultraschallbildern Ähnlichkeiten mit bereits gefundenem Krebs, markiert das Programm diese rot. Krebsverdächtige Areale können dann gezielt überprüft werden. „Die gezielte Punktion der Verdachtsregionen erhöht die Trefferquote und senkt die Zahl der notwendigen Stanzbiopsien“, sagt Loch. Auch Wiederholungen der für die Patienten schmerzhaften Untersuchungen ließen sich dadurch in vielen Fällen vermeiden.
Mittlerweile kann das Verfahren ANNA/C-TRUS – für dessen Entwicklung Loch unter anderem mit dem Maximilian Nitze Preis der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) ausgezeichnet wurde – online genutzt werden. „Teilnehmen können alle Urologen, deren Ultraschallgerät in der Lage ist, die Bilder digital zu speichern“, sagt der Experte. Kollegen könnten die Bilder in das Analysezentrum schicken, wo der Computer dann die verdächtigen Regionen ermittelt. Die Ergebnisse werden den Ärzten digital übermittelt. Diese können dann die Biopsien vor Ort gezielt durchführen. Anfragen aus dem Ausland haben Loch hierzu schon erreicht: Inzwischen werden so zum Beispiel in Flensburg auch Ultraschalldaten aus China ausgewertet.