Osteoporose betrifft überwiegend ältere Menschen, rund zwei Drittel aller Frauen über 80 Jahre in Österreich sind an Osteoporose erkrankt. „Bei der Osteoporose herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Auf- und Abbau von Knochengewebe vor. Durch den überwiegenden Abbau schwindet die Knochensubstanz, wodurch letztlich das Risiko für Knochenbrüche steigt“, fasst Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai, Experte für Osteoporose an der Medizinischen Universität Graz, zusammen. Typischerweise sind Wirbelkörper, Oberschenkelknochen nahe der Hüfte, Unterarmknochen nahe des Handgelenks, Oberarmkopf und das Becken am häufigsten von Osteoporose-bedingten Frakturen betroffen. „Durch Frakturen sinkt nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen, die Krankheit geht auch mit weiterreichenden Folgen einher. Vor allem Brüche des Oberschenkelhalses sind im höheren Alter mit einer deutlich erhöhten Sterblichkeit verbunden“, so Dimai.
Obwohl in den letzten Jahren eine Reihe von durchaus aussagekräftigen nicht-invasiven Methoden zur Bestimmung des Osteoporoserisikos bzw. zur Osteoporosediagnostik entwickelt wurden, fehlt es aber abseits von hochspezialisierten Forschungseinrichtungen und Zentren an einem aussagekräftigen Biomarker bzw. einfach zu bedienenden Messgeräten, die während des Arztbesuches über das individuelle Osteoporoserisiko Auskunft geben könnten. Hier setzt das von der Europäischen Union mit einem Gesamtvolumen von 4 Millionen Euro unterstützte und von der Universität Gent koordinierte Forschungsprojekt „PoCOsteo – Point-of-care in-office device for identifying individuals at high risk of osteoporosis and osteoporotic fracture“ an. Das Projekt ist eines von drei, welche aus 64 Anträgen im Call „Nanotechnologies, Advanced Materials, Biotechnology and Advanced Manufacturing and Processing“ eine Förderung erhalten haben. Der Anteil der Medizinischen Universität Graz unter der Projektleitung von Dimai am Gesamtprojektvolumen beträgt rund 350.000 Euro. Die Projektlaufzeit beträgt vier Jahre.
Das Forschungsziel von PoCOsteo liegt in der Entwicklung eines einfach anzuwendenden Werkzeuges zur Früherkennung der Osteoporose bzw. einer drohenden Fraktur. Dabei verfolgen die Wissenschaftler die Kombination verschiedener Zugänge wie beispielsweise die Messung unterschiedlicher, im Blut nachweisbarer, proteomischer und genomischer Faktoren. Entwickelt werden soll ein Vollblut-Point-of-care-Messgerät, das auch abseits hoch spezialisierter Zentren eingesetzt werden kann. Das soll über den Einsatz mikrofluidischer Kartuschen erreicht werden, die mit speziell entwickelten elektrochemischen Sensoren bestückt sind. Aufbauend auf diese Entwicklung wird ein umfassendes Frakturrisikobewertungsmodell aufgestellt, das wichtige weitere Daten liefern wird. Die Untersuchungen dafür werden unter anderem an der Medizinischen Universität Graz durchgeführt. „Der große Vorteil des neuen Verfahrens zur Bewertung des individuellen Osteoporoserisikos wird nicht nur in der einfachen Anwendung liegen, sondern vor allem auch darin, dass der Test kostengünstig und in Echtzeit während des Arztbesuchs durchgeführt werden kann“, hofft Dimai.