Polytrauma: Teamarbeit ist gefragt

Ein Polytrauma ist die gleichzeitig entstandene Verletzung mehrerer Körperregionen oder Organe, wobei wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen zur Lebensbedrohung führt. Ein Patient mit Polytrauma stellt eine der kritischsten medizinischen Präsentationen für Notärzte und Unfallchirurgen, Anästhesisten und betreuende Fachdisziplinen im Krankenhaus dar. Eine strukturierte und optimierte Zusammenarbeit aller beteiligten medizinischen Disziplinen von der prähospitalen Versorgung bis zur Rehabilitation ist daher besonders wichtig. Prim. Univ.-Prof. Dr. Herbert Resch, Vorstand der Universitätsklinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie des Universitätsklinikums Salzburg, gibt Einblick in die zentralen Schnittstellen.

In welchen Phasen und in welchen Versorgungseinheiten läuft die medizinische Betreuung des Polytraumapatienten ab?

Die Betreuung eines Polytraumapatienten erfolgt phasenartig beginnend mit dem Rettungswesen. Nach der Erstversorgung wird der Patient in das nächstgelegene und vom Leistungsspektrum passende Unfallkrankenhaus oder die Klinik für Unfallchirurgie transportiert. Die Übergabe im dortigen Schockraum erfolgt standardisiert an das Schockraumteam. Relevante Verletzungen mit lebensbedrohlichen Blutungen werden vom Unfallchirurgen meist mittels Computertomografie diagnostiziert und versorgt, der Patient wird durch den Anästhesisten stabilisiert. Notfalloperationen werden sofort durchgeführt, der Patient kommt im Anschluss auf die Intensivstation und nach der Beatmungsphase auf die unfallchirurgische Station, wo die frühsekundären Eingriffe, meist skeletale Operationen, geplant werden können. Im Anschluss folgt die Rehabilitationsphase.

Welche dieser Abläufe ist Ihrer Meinung nach besonders wichtig?

Im Grund genommen sind alle Phasen der Versorgung des Polytraumapatienten gleichermaßen wichtig. Hervorzuheben ist sicher das hervorragende österreichische Rettungswesen, ohne das es die Patienten gar nicht zu einer medizinischen Versorgung schaffen würden, wie es früher oft der Fall war. Weiter besonders gefragt sind die interdisziplinäre und rasche Zusammenarbeit des Schockraumteams und die Zusammenarbeit mit dem Notarzt. Die gezielte Kommunikation und der Informationsaustausch ermöglichen es beispielsweise, dass die notwendigen Spezialisten schon frühzeitig aktiviert werden können und zur Versorgung von bestimmten Verletzungen bereits zur Verfügung stehen, wenn der Patient im Schockraum ankommt.

Sehen Sie Potenziale, die medizinische Versorgung in einem oder mehreren dieser Bereiche noch relevant zu verbessern?

Meiner Meinung nach hat unser Gesundheitssystem auch in der Praxis einen besonders guten Standard, aber jeder Ablauf kann natürlich noch besser gemacht werden. In Salzburg haben wir zum Beispiel dazu das Traumanetzwerk gegründet, einen Zusammschluss der unfallchirurgischen Abteilungen und Krankenhäuser in Salzburg, darüber hinaus auch Schladming und Braunau. Vorbild dafür war das südbayrische Traumanetzwerk, an das unser Haus durch die Grenznähe schon seit mehreren Jahren angeschlossen war. Unser Traumanetzwerk ist das erste überregionale in Österreich, das durch die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie zertifiziert wurde. Im Rahmen dessen werden die teilnehmenden Krankenhäuser je nach Ressourcen und Leistungsspektrum in verschiedene Kategorien eingeteilt. Dazu gibt es regelmäßige Treffen und einen Informationsaustausch mit dem Ziel, den Transport des individuellen Polytraumapatienten in das passende Traumazentrum zu optimieren und zu beschleunigen. Hier darf es keine langen Diskussionen und Verzögerungen geben. Diese Interaktion zwischen den einzelnen Häusern ist uns besonders wichtig und funktioniert meiner Meinung nach hier auch besonders gut.

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50. ÖGU Jahrestagung 2014: Das Polytrauma
2.-4. Oktober 2014, Salzburg
www.unfallchirurgen.at