Der Einsatz hochqualitativer und innovativer Medizinprodukte stellt nicht nur einen Vorteil für den Patienten dar. Es sind auch Produkte, Lösungen und Technologien, mit denen zusätzlicher volkswirtschaftlicher Nutzen erzeugt werden kann. „Die AUSTROMED fordert schon längst eine gesetzlich verankerte Gewichtung bei Vergabeentscheidungen von mindestens 50% Qualität, bei kritischen Produkten im Sinne von lebenserhaltend, lebensrettend oder besonders innovativ durchaus auch 70 oder 80%“, sagt DI Georg Schönig, Sprecher der AUSTROMED-Arbeitsgruppe Vergabewesen.
Das Vergaberecht spielt in der Medizinprodukte-Branche eine zentrale Rolle. Auch die Anpassungen im Bereich der Schwellenwerte nach § 12 BVergG 2018 betreffen daher die Betriebe direkt: Ende 2022 wurde mit Rundschreiben des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) informiert, dass die Schwellenwerteverordnung 2018 über den 31. Dezember 2022 hinaus nicht verlängert werden würde. Dann folgte eine Befristung bis 30. Juni 2023. Erst kürzlich wurde im Mai eine Verlängerung der Schwellenwerteverordnung bis zum 31.12.2023 unterzeichnet.
Die Schwellenwerteverordnung 2009 wurde als Maßnahme zur Belebung der Konjunktur bzw. zur raschen Realisierung investitions- und beschäftigungswirksamer Maßnahmen ins Leben gerufen. Seither haben sich die Umstände verändert: Die Finanzkrise ist vorbei, dafür prägen neue Herausforderungen wie die Covid 19-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, Inflation und Lieferkettendisparitäten die wirtschaftliche Lage. „Wir benötigen dringend investitions- und beschäftigungswirksame Maßnahmen“, sagt Schönig und ergänzt: „Vergabeverfahren sind aufwendige Prozesse für Auftraggeber und Auftragnehmer, die gerade im Gesundheitswesen viele Ressourcen binden.“ Wird direkt vergeben, entfallen diese Aufwände, dennoch sind die Geschäfte nicht – wie oft kritisiert – weniger transparent, denn gerade das Gesundheitswesen unterliegt einer Vielzahl an internen Regularien, die die vorherige Einholung mehrerer Angebote zur Vergleichbarkeit und ähnliche Vorgaben zum Inhalt haben. Also auch ohne Ausschreibung sind vergaberechtliche Grundsätze Basis für die Vertragsparteien.
Die Schwellenwerteverordnung ermöglicht derzeit eine Direktvergabe an einen befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmer bis 100.000 EUR netto – Ausnahmen gibt es für den Baubereich. Ziel der Schwellenwerteverordnung ist es auch, neben dem Preiskriterium Fragen der Regionalität und damit der Nachhaltigkeit in den Beschaffungsprozesse einfließen zu lassen. Ein Umstand, der grundsätzlich begrüßenswert ist, doch die aktuell stattfindende „Scheibchentaktik“ macht es für Betriebe schwierig, längerfristig zu planen. „Sowohl aus Sicht der Medizinprodukte-Unternehmen als auch der Krankenanstaltenträger ist die Planbarkeit von Beschaffungsprozessen ein wichtiger Faktor, um auch wettbewerbsfähige Preise bieten und die Versorgungsicherheit garantieren zu können. Regelungen im Bereich der Schwellenwerte sollten daher möglichst langfristig getroffen werden, um für die Betroffenen vorhersehbar zu sein“, sagt Schönig. Aufgrund der Versorgungskritikalität von Medizinprodukten für öffentliche Gesundheitseinrichtungen und dem damit einhergehenden Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen und der Spitäler wurde das Thema intensiv mit Einkaufsleitern der Krankenanstaltenträger von Niederösterreich, der Steiermark und Tirol diskutiert.