Während eines Krankenhausaufenthaltes ist parallel zur Behandlung der Hauptdiagnose eine maximal mögliche Reduktion der Schmerzen bei minimalen Nebenwirkungen eines der Hauptziele in der Versorgung von Patienten. Eine 2006 durchgeführte Statuserhebung in allen österreichischen Krankenhäusern zum postoperativen Schmerzmanagement ergab unter anderem, dass rund 70 % der österreichischen Krankenhäuser keine schriftlichen, standardisierten Protokolle zur Schmerztherapie sowie zu einem strukturierten Schmerzmanagement besitzen. Bereits im Jahr 2008 begann das LKH-Univ. Klinikum Graz mit einem umfassenden Schmerzmanagementprojekt, das zum Ziel hatte, alle stationären Patienten des LKH-Univ. Klinikum Graz mit der bestmöglichen Schmerztherapie zu versorgen.
Ein interdisziplinäres Team bestehend aus einem ausgewiesenen Schmerzspezialisten und Mitarbeitern der Stabsstelle Qualitäts- und Risikomanagement hat in Zusammenarbeit mit den Schmerzteams der einzelnen Organisationseinheiten gemäß einem Roll-out-Plan die definierten Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien Klinik für Klinik implementiert. Es wurden gemeinsam mit den Kliniken medikamentöse Schmerztherapieschemata und nichtmedikamentöse Maßnahmen erarbeitet. Die geeignete Schmerztherapie wird durch vom Patienten angegebene Schmerzintensität und definierte Interventionsgrenzen eingeleitet und regelmäßig evaluiert. Mittlerweile ist es auch gelungen, Schmerz als zusätzlichen Vitalparameter am Klinikum einzuführen.
Um die Ergebnisqualität der eingesetzten Instrumente messen zu können, wurden Patienten unter anderem zur Schmerzkontrolle, dem Therapieeffekt oder dem Informationsstand zum Schmerzmanagement befragt. Über das Patientenfeedback kann auf die Qualität der Schmerztherapie und somit auf das Wohlbefinden der Behandelten rückgeschlossen werden.
Ebenso wurden Mitarbeiter befragt, etwa ob Regelungen zur Schmerzerfassung und zu Schmerzerfassungsinstrumenten, Interventionsgrenzen, standardisierte Protokolle oder Schmerzdokumentation bekannt sind.
Im Regelfall bewertet der Patient seine Schmerzsituation anhand eines standardisierten Schmerzerfassungsinstruments selbst. Eine besondere Herausforderung ergibt sich bei intensivmedizinisch betreuten oder kognitiv eingeschränkten Patienten. Diese Patientengruppen sind oft nicht in der Lage, selbst zu ihrem Schmerz Auskunft zu erteilen. So muss durch die Betreuenden vor Ort mithilfe von besonderen Schmerzerfassungsinstrumenten bei sedierten, beatmeten oder nicht ansprechbaren Patienten eine Fremdeinschätzung des Schmerzwertes erfolgen. Besondere Berücksichtigung findet dabei das Wechselspiel von Sedierung und Schmerz.
2011 wurden alle Intensivstationen für Erwachsene des LKH-Univ. Klinikum Graz erstmals mit einem Zertifikat von Certkom e.V. für ihre „Qualifizierte Schmerztherapie“ ausgezeichnet. Durch die nachhaltige Weiterentwicklung des Schmerzmanagements konnte 2015 die Rezertifizierung der Intensivstationen erfolgreich abgeschlossen werden. Es wurden ca. 340 Mitarbeiter und ca. 250 Patienten zur Ergebnisqualität im Schmerzmanagement befragt. Die Befragungsergebnisse bei Patienten zeigen eindeutig, dass sich beispielsweise an einer Intensivstation der Maximalschmerzwert (Skala von 0 bis 10, 0 = kein Schmerz, 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz) von im Mittel 2011 von 5,7 auf im Mittel 3,5 verbessert hat. Auch bei der Schmerzerträglichkeit und Erhöhung der Wirksamkeit der Schmerztherapie gab es Verbesserungen. Auch die Mitarbeiterbefragung belegte eine höhere Zufriedenheit mit den Fortbildungsangeboten (Skala von 0 bis 6, 0 = sehr zufrieden bis 6 = sehr unzufrieden) von im Mittel 1,5 im Jahr 2015 zu 2,5 im Jahr der Erstzertifizierung.