Die Pflege von Hämodialysepatienten fordert das Pflegepersonal zweifellos in besonderer Weise, denn die hoch technisierten Therapien sind in einem besonderen Maße mit technischem Know-how, notfallmedizinischer Einsatzbereitschaft und psychologischem Gespür verbunden. Das technische Wissen kann in der Grundausbildung nicht vermittelt werden – Zusatzausbildungen und laufende Weiterbildung sind dafür unerlässlich. Das Wissen um Neuerungen, die sich in diesem Fachgebiet immer wieder ergeben, muss im Rahmen von Kongressen und Seminaren ergänzt werden. „Einschulungen auf neuen Geräten erfolgen durch die Produktions- bzw. Vertriebsfirmen“, fügt DGKP Anton Ecker, Leiter der Dialysestation bei den Barmherzigen Brüdern Krankenhaus Eisenstadt, hinzu. „Neue Mitarbeiter werden bei uns von bereits geschulten und erfahrenen Kollegen eingeschult. Viele Firmen haben außerdem Anwenderbetreuer, die bei weiteren Fragen nahezu jederzeit erreichbar sind.“
Eigenverantwortlichkeit – wie in vielen Pflegebereichen – stellt zweifelsohne einen zentralen Faktor in der Pflege von Dialysepatienten dar, denn in Akutsituationen wie beispielsweise bei einem spontanen Druckabfall müssen rasch Entscheidungen getroffen werden. Gerade auf Dialysestationen greifen die verschiedenen Kompetenzen und Funktionen eng ineinander – Pflege und Ärzteschaft agieren auf Augenhöhe. Entsprechend tiefgehend ist auch die Ausbildung. „Pflegepersonen im Dialysebereich müssen die Sonderausbildung für Nierenersatztherapie absolvieren und sind somit besonders gut ausgebildetes Fachpersonal“, bestätigt auch Ecker. „Die Schnittfläche der gemeinsamen Tätigkeit von Medizin und Pflege ist sicher größer als auf Normalstationen.“ Ärzte und Pflegepersonal kooperieren eng und entscheiden eigenverantwortlich.
Ein weiterer wichtiger Faktor für das Personal auf einer Dialysestation ist zweifelsohne die emotionale Nähe, die sich automatisch aufbaut, durch überlebenskritische Notsituationen aber mitunter zum Hindernis werden kann. Ecker weiß um die Besonderheiten im Umgang mit den Patienten der Station: „Die jahrelange Betreuung chronisch kranker Patienten bewirkt ein ganz besonderes Naheverhältnis mit allen positiven und negativen Begleiterscheinungen.“ Die Notwendigkeit, sich entsprechend distanzieren zu können, muss allgegenwärtig sein – die Nähe zu Personen, die das Personal über die Jahre sehr gut kennenlernt, ist dies aber auch, denn immerhin kommen die meisten Patienten dreimal pro Woche zur Dialyse. Nicht jeden Tag lässt sich die erforderliche Distanz gleich gut herstellen, umso wichtiger ist dann der Zusammenhalt des Personals untereinander, um ausgleichend zu wirken und Kollegen gegebenenfalls rasch zu unterstützen. Ein offener Umgang miteinander ist folgerichtig für die emotionale Gesundheit in diesem herausfordernden Beruf unabdingbar.
Dialysepatienten sind chronisch krank und dadurch laufend Risiken ausgesetzt. Das ist für die Patienten selbst und ihre Angehörigen mitunter schwer zu akzeptieren. Die Zeit, die sie bei der Dialyse verbringen, soll möglichst erträglich und kurz gestaltet werden, ein hoher Blutdurchlauf ist daher notwendig, stellt aber das Herz-Kreislauf-System vor große Herausforderungen. Lebensbedrohliche Notsituationen wie ein massiver Blutdruckabfall oder Krämpfe sind an der Tagesordnung. Dann gilt es, mithilfe komplexer, technisch höchst ausgefeilter Medizinprodukte zu reagieren und dabei muss jeder Handgriff sitzen. „Die chronische Nierenerkrankung geht zu einem hohen Prozentsatz mit einer atherosklerotischen Gefäßkrankheit von Kopf bis Fuß einher“, erzählt OA Dr. Elisabeth Leutgeb-Pohn von der Abteilung Innere Medizin I für Kardiologie und Nephrologie von potenziellen Komplikationen. „Somit sind Hirninfarkte, Herzinfarkte und Ulcera bis hin zur Amputation insbesondere in Kombination mit Diabetes mellitus sehr häufige Komplikationen.“
Vor einigen Jahren war die Dialysetechnik noch hoch kompliziert; mittlerweile ist sie deutlich bedienerfreundlicher geworden und erleichtert die pflegerische und medizinische Arbeit enorm. Die technischen Entwicklungen und verbesserte Medikationen haben die Überlebensrate nach oben korrigiert, was mit dazu beiträgt, dass es nach wie vor eine große Zahl von Dialysefällen gibt. Dass ihre Zahl in absehbarer Zeit geringer werden könnte, ist derzeit nicht zu erwarten. Auch Nierentransplantationen ändern daran nicht viel, denn dafür muss der Patient – abgesehen von seiner Nierenerkrankung – gesund sein. Das ist leider eher selten der Fall, selbst der Zahnstatus oder ein gynäkologischer Befund kann eine Transplantation unmöglich machen. Auch Leutgeb-Pohn bestätigt, dass die Zahl der Dialysepatienten wohl nicht so schnell sinken wird: „Es gibt nach wie vor so viele Dialysefälle, weil die Patienten-Überlebensrate von fünf bis zehn Jahren auf 20 bis 30 Jahre gestiegen ist und sich nicht jeder Patient für eine Transplantation eignet. Außerdem stehen nach wie vor nicht genügend Lebendspender bzw. Nierenangebote in Eurotransplant zur Verfügung.“
Immerhin besteht in Österreich der Vorteil, dass für Nierentransplantationen keine Altersgrenze vorgegeben wird – ein Fakt, der in anderen Ländern nicht selbstverständlich ist. „Dass Patienten immer älter werden und es immer mehr ältere Menschen mit vielen anderen Begleiterkrankungen in der Hämodialyse gibt“, mache sich seit einigen Jahren markant bemerkbar, ergänzt Ecker. „Daraus ergibt sich auch viel Behandlungsbedarf.“
Dialyse-Teams wünschen sich freilich, dass es im Idealfall nicht oder zumindest viel später zur Dialyse kommt, was nur möglich ist, wenn die Prävention gut funktioniert. Diabetiker und Bluthochdruck-Patienten benötigen eine gute Schulung, wobei sich dieser Appell vorrangig an die Allgemeinmedizin richtet. Zusätzlich wird eine größere Portion Eigenverantwortung und -initiative seitens der Patienten erforderlich sein, damit sie nicht oder später dialysepflichtig werden. Für die Zukunft der Dialysepflege wünscht sich Ecker, „dass zum Wohle der Patienten und für eine optimale Betreuungsqualität die geänderten und sich verändernden demografischen Gegebenheiten in den Personalbedarfsrechnungen ausreichend berücksichtigt werden“. Mit besseren finanziellen Ressourcen lassen sich letztlich auch umfassendere pflegerische und medizinische Angebote realisieren, was wiederum Patienten und Pflege zugute kommt.n
Die Dialysestation am KH Eisenstadt der Barmherzigen Brüder umfasst zwölf Behandlungspositionen in drei Zimmern. Zwei Zweibettzimmer sind für die Betreuung von Akutdialysepatienten und infektiösen (Hepatitis-)Dialysepatienten bestimmt.