Unsere Füße tragen uns im Laufe des Lebens 120.000 Kilometer weit – knapp dreimal um den gesamten Erdball – und das oft in ungeeignetem Schuhwerk. Bei vielen Bewegungen werden die Füße zudem mit dem Vielfachen des Körpergewichts belastet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Fußprobleme mit zunehmendem Alter insbesondere bei Frauen sehr häufig sind. Von den über 40-Jährigen klagen 65 % über schmerzende Füße. Zu den häufigsten Problemen gehört der „Hallux valgus“ – volkstümlich „Frostbeule“ oder Ballenzehe. Als Hallux valgus gilt definitionsgemäß ein Schiefstand der großen Zehe, die dabei im Großzehengrundgelenk zum Fußaußenrand hin abweicht. Ursache ist in der Regel eine Abweichung des ersten Mittelfußknochens Richtung Fußinnenrand. Gleichzeitig kann auch ein Verschleiß des Großzehengrundgelenks vorliegen.
Die Ballenzehe kann in manchen Fällen angeboren sein, also durch genetische Komponenten bedingt entstehen. Die vererbbare Veranlagung zur Entwicklung eines Hallux valgus kann von einer genetisch bedingten Schwäche des Bindegewebes im Vorderfuß herrühren. Ein Zusammenhang mit Rheuma, einer entzündlichen Erkrankung, ist möglich. Weitaus häufiger entsteht der Hallux valgus durch das Tragen von ungeeignetem Schuhwerk. Studien zeigen, dass die äußerliche Einwirkung in Form von Druck durch zu enge und hochhackige Schuhe auf den Fuß im Laufe der Zeit die Symptome der Schiefzehe hervorbringen kann oder zumindest eine ausgeprägte Rolle spielt.
Die Beschwerden beim Hallux valgus entstehen zunächst häufig auf der Innenseite des Fußes, wo die Großzehe beginnt. Der erste Mittelfußknochen drückt sich hervor. Die Sehnen der Zehen verlaufen nicht mehr zentral über das Gelenk und ziehen die Zehen in eine schiefe Position. Da der Fuß an dieser Stelle am breitesten ist, drücken die Schuhe hier am stärksten. Da die Haut an dieser Stelle viel Reibung abbekommt, sorgt der Hallux valgus hier für Rötungen und ein entzündliches Gefühl. In der Folge verdickt sich der Schleimbeutel an dieser Stelle des Großzehengrundgelenks. Das drückt den Ballen noch mehr und der Druck steigt. Dadurch kommt es zu Schwellungen, Entzündungen und Schmerzen, wenn der Hallux valgus unbehandelt bleibt. Eine frühe Erkennung des Hallux valgus bringt die besten Chancen und die meisten Behandlungsmöglichkeiten mit sich.
Je nach Grad der Schmerzen und Ausprägung der Fehlstellung sind diese konservativen Maßnahmen nicht ausreichend, um ein spürbare Verbesserung und Linderung der Symptome zu bewirken. Kosmetische Aspekte alleine bieten keinen zwingenden Grund für einen Eingriff. Ziel einer Operation ist die Wiederherstellung der Anatomie, um den Fuß im Anschluss wieder beschwerdefrei beanspruchen zu können. Die meisten Operationsverfahren beinhalten die Korrektur der knöchernen Achse sowie Korrekturmaßnahmen an den Weichteilen.
Bisher wurden zur Stabilisierung der Achsenstellung Implantate eingesetzt, die mittels herkömmlicher Metall/Titan-Schrauben befestigt werden mussten. Eine innovative Methode besteht nun im Einsatz von bioresorbierbaren Schrauben – sogenannte „Zuckerschrauben“. Die Idee ist nicht völlig neu, denn ähnliche Schrauben sind bereits in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie im Einsatz. „Das Problem ist, dass diese Schrauben oft unangenehm drücken und daher einige Zeit nach der Operation wieder entfernt werden müssen. Nicht so mit den neuen zuckerhaltigen Schrauben, die sich nach einer gewissen Zeit wieder auflösen“, erklärt Fußspezialist Univ.-Prof. Dr. Hans-Jörg Trnka vom Orthopädischen Spital Speising.
Das eigentliche Schraubenmaterial ist Milchzucker. Über zwölf Monate hinweg lösen sich die Schrauben allmählich auf. Die Vorteile sind, dass ein Zweiteingriff zur Entfernung der Metallschrauben nicht mehr notwendig ist, und – verbunden damit – die Infektionsrisiken, die jeder invasive Eingriff mit sich bringt, entfallen. Patienten berichten auch immer wieder von unangenehmen Druckgefühlen bei der Verwendung der Metallschrauben. Damit ist ein weiterer Vorteil der höhere Komfort. Patienten mit Metallallergie oder betonter Fremdkörperangst profitieren ebenfalls direkt vom neuen System. „Bei anderen Operationen am Fuß können auch Metalldrähte durch Zuckerverbindungen ersetzt werden. Der Vorteil hier: Es kann zu keinen Infektionen kommen“, so Trnka.