Auch wenn sich der Tätigkeitsschwerpunkt der Krankenhaushygiene – Verhüten, Erkennen und Bekämpfen von Krankenhausinfektionen – in den letzten 20 Jahren nicht geändert hat, so hat sich heute die damit verbundene Verantwortung deutlich gewandelt. Die Mitarbeiter der Hygieneteams spielen eine zentrale Rolle in der Umsetzung und Kontrolle der Hygienemaßnahmen in Gesundheitseinrichtungen, doch Unterstützung haben sie meist nur auf dem Papier. Empfehlungen zur Organisation und Struktur der Krankenhaushygiene in Österreich sind im bundesministeriellen Leitfaden ProHyg 2.0 verankert, Daten und Fakten zur Umsetzung der organisatorischen und strukturellen Anforderungen in Einrichtungen des Gesundheitswesens in Österreich gibt es bislang nicht. Insbesondere fehlte es bisher an validen Daten zu den Arbeitsbedingungen von Hygienefachkräften, die durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Engagement einen maßgeblichen Beitrag zum Qualitätsmanagement der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention tragen.
Die ÖGKH hat daher eine Online-Befragung unter Hygieneteams initiiert, an der in einem Zeitraum von zwei Monaten 237 Personen (Rücklaufquote 51 %), darunter Hygienefachkräfte (80 %), hygienebeauftragte Ärzte (16 %), und biomedizinische Analytiker teilgenommen haben. Die demografische Erhebung der Studie zeigt, dass Hygienefachkräfte in Österreich überwiegend weiblich und über 45 Lebensjahre alt sind. Angesichts der Tatsache, dass ein hohes Maß an Hygiene-Expertise nur über viele Jahre aufgebaut wird, ist der Umstand alarmierend, dass 70 % der Befragten angegeben haben, dass bisher keine Nachfolgeregelung für ihre Position getroffen wurde. Zwar gaben 72 % der Befragten an, dass während ihrer Abwesenheit eine qualifizierte Person als Vertretung für ihre Tätigkeiten vorhanden ist, ein vollzeitlicher Ersatz liegt jedoch nur bei 40 % der Befragten vor. 12 % gaben an, dass diese Vertretungsregelung nur auf dem Papier existiert.
Fast zwei Drittel der Befragten (61 %) sind nur Teilzeit für Belange der Hygiene tätig. Dementsprechend gibt weniger als die Hälfte der Befragten (47 %) an, dass die ihnen zur Verfügung stehende Zeit ausreicht, um die hygienerelevanten Aufgaben zu erledigen. Die Mehrheit gab an, neben ihrer hygienischen Tätigkeit bei Schulung und Kontrolle externer Dienstleister herangezogen zu werden, bei arbeitsmedizinischen Fragestellungen tätig zu sein oder sicherheitstechnische Fragen bearbeiten zu müssen. Für hygienerelevante Tätigkeiten bleibt nicht genügend Zeit. 76 % der Befragten gaben an, eine Form von standardisierter Surveillance durchzuführen.
Hygieneteams sind außerdem ungenügend in die Beschaffung von Antiinfektiva und Medizinprodukten sowie bei Neu-, Um- und Zubau eingebunden. Dies sind elementare Aufgaben, die sich aus dem bundesministeriellen Qualitätsstandard Krankenhaushygiene ableiten. Bei 73 % der Befragten ist eine Arzneimittelkommission im Haus vorhanden, dort sind aber nur 23 % der Hygieneteams Mitglieder. Bei der Medizinproduktekommission ist es noch drastischer: Es sind lediglich bei 25 % der Befragten Medizinproduktekommissionen vorhanden und die Hygieneteams darunter nur zu 12 % eingebunden. Dies schlägt sich auch in der Umsetzung der Antibiotika-Stewardship-Programme (ABS) nieder. Lediglich in 45 % der Einrichtungen ist ein ABS-Programm implementiert. Zudem sind Hygieneteams hier nur zu 20 % eingebunden. In 80 % der Fälle findet ABS ohne Hygieneteams statt, und das, obwohl die Überwachung, das Monitoring und die Erstellung von Statistiken zu 98,5 % von Hygieneteams durchgeführt werden. Die starke Einbindung in das Monitoring von Resistenzen zeigt sich auch dadurch, dass 93 % der Befragten eng in die jeweilige Mikrobiologie eingebunden sind.
51 % der Befragten geben an, befriedigend bis nicht genügend von der Verwaltung bei hygienerelevanten Themen unterstützt zu werden. Rund ein Drittel der Befragten sieht sich von der Leitung ihres Hauses hinsichtlich ihrer hygienerelevanten Tätigkeiten nicht wertgeschätzt. Deutlich besser ist die Wertschätzung durch die Kollegen anderer medizinischer Disziplinen. Hier sehen lediglich 7 % der Befragten ihre Tätigkeit nur genügend bis nicht genügend wertgeschätzt. „Wir sind in Österreich in der glücklichen Lage, hochmotivierte und fachlich kompetente Hygienefachkräfte zu haben. Dennoch zeigen Ergebnisse der Umfrage, dass diese medizinisch versorgungsrelevante Berufsgruppe derzeit im Gesundheitssystem zu großen Teilen nicht effektiv an der richtigen Stelle eingesetzt wird und dass die Anerkennung durch Krankenhausleitungen aufgrund von mangenden Kenntnissen des Tätigkeitsprofils nicht ausreichend erfolgt. Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen durch nosokomiale Infektionen und multiresistente Erreger werden wir uns einen solchen nicht adäquaten Einsatz nicht leisten können“, resümiert Univ.-Prof. Dr. Ojan Assadian, Präsident der ÖGKH.n