Versorgung | Standort stärken

Wie aktuelle Entwicklungen zeigen, ist die Gefahr einer neuerlichen Ausbreitung von COVID-19 längst nicht gebannt und auch in den kommenden Jahrzehnten sind durchaus weitere Pandemien zu erwarten. „Die Apotheker trugen im Frühjahr maßgeblich zur Stabilisation und Sicherheit des österreichischen Gesundheitssystems bei und haben dabei auch viel gelernt. Sie agierten zwischen anfangs großer Nachfrage, drastischen Umsatzeinbrüchen in weiterer Folge, den Herausforderungen durch die als Notlösung eingeführten rezeptlosen Verschreibungsformen und dem Minimieren des Infektionsrisikos durch Schutzvorkehrungen und getrennte Teams in der Apotheke“, fasst Mag. Jürgen Rehak, Präsident des Österreichischen Apothekerverbands, die bisherigen Erfahrungen des heurigen Jahres aus seiner Sicht zusammen.
Eine zum Ende der Lockdown-Phase durchgeführte repräsentative Online-Umfrage hat gezeigt: Apotheken waren die meistgenutzten Anlaufstellen in Gesundheitsfragen während der Ausgangsbeschränkungen. 78 % der Befragten haben während der Krise eine gute Erfahrung mit der Apotheke gemacht. Die Stärkung der Vor-Ort-Versorgung in ganz Österreich ist daher weiterhin das Gebot der Stunde: „Das flächendeckende System der öffentlichen Apotheke hat sich in der Krise bewiesen und darf keinesfalls ausgedünnt werden. In anderen europäischen Ländern, in denen der Arzneimittelmarkt liberalisiert wurde, haben Apothekenketten mangels Umsätzen einfach für ein paar Wochen ihre Filialen geschlossen. Und auch die Schwächen des Online-Handels wurden in der Krise klar sichtbar – Lieferungen von rezeptfreien Medikamenten haben sich tagelang verzögert oder kamen überhaupt nicht an. Die Apotheken waren über die letzten Monate durchgehend und ausnahmelos in ganz Österreich geöffnet und immer als Erstanlaufstelle in allen Gesundheitsfragen verfügbar“, betont Rehak.

Lager aufbauen und Kommunikation verbessern

In der globalisierten Welt wird der Großteil an Medikamenten und Medizinprodukten an wenigen Standorten – meist in Asien – hergestellt oder zumindest die Rohstoffe werden dort eingekauft. „In Hinblick auf die bevorstehenden Monate ist es vor allem wichtig, Lagerbestände in Österreich aufzubauen. Wir müssen die guten Netzwerke und die hohe Kooperationsbereitschaft der vergangenen Monate nutzen, um nun gemeinsam eine Lösung zu entwickeln, wie eine stärkere Bevorratung mit Medikamenten und Medizinprodukten organisiert werden kann. Entscheidend ist auch die entsprechende Logistik dahinter, nachdem es sich um sensible Produkte mit einer beschränkten Haltbarkeit handelt“, betonte Dr. Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der AGES Medizinmarktaufsicht, im Rahmen der Gesundheitsgespräche des Forum Alpbach.
Das allein reicht aber nach Ansicht der Experten noch nicht: „Internationale Studien zeigen, dass es um das Gesundheitswissen der Österreicherinnen und Österreicher nicht besonders gut bestellt ist. Wir müssen bei allen Maßnahmen – auch in Hinblick auf die Hygiene – die Bevölkerung noch besser mitnehmen und erklären, warum welche Maßnahmen notwendig sind und ergriffen werden. Das ist eine große Kommunikationsaufgabe, die nur alle gemeinsam meistern können. Davon hängt der Erfolg zukünftiger Pandemie-Eindämmung maßgeblich ab“, ist der Patientenanwalt Dr. Gerald Bachinger überzeugt.
Ohne einen wirksamen und verträglichen Impfstoff führt langfristig kein Weg aus der Krise. Erwartet wird er von den meisten Experten frühestens im zweiten Quartal 2021. Um dann eine hohe Durchimpfungsrate gegen COVID-19 zu erzielen, wird es notwendig sein, die Menschen möglichst rasch zu impfen. Daher haben sich die Gesundheitsreferenten der Bundesländer bereits im Mai dafür ausgesprochen, dass auch Apotheker zukünftig, nach entsprechender Qualifikation, impfen sollen.

 

Standortsicherung
Medizinprodukte setzen bedeutende gesamtwirtschaftliche Impulse, wie eine aktuelle Studie der AUSTROMED, die im Rahmen der Erstellung des „Weißbuch Medizinprodukte“ beauftragt wurde, belegt. Von den 562 Unternehmen der Branche sind 90 % Klein- und Mittelbetriebe, die 16,6 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaften und für 1,4 Mrd. Euro Steuer- und Abgabeaufkommen verantwortlich zeichnen. Sie tragen 4,5 Mrd. Euro zur Bruttowertschöpfung bei und bieten Arbeitsplätze für 56.000 Menschen.