An der Innsbrucker Universitätsklinik für Orthopädie wurde vor wenigen Tagen erstmals in Österreich eine Knieprothese mit einem Roboter eingesetzt, um die exakte Menge Knochenmaterial an der richtigen Stelle abzutragen. Etwa zeitgleich lässt auch das Wiener AKH mit einer Innovation aufhorchen: In einer sechsjährigen Entwicklungs- und Testphase wurde eine neue Hüftprothese entwickelt, die nur mehr mittels kleinen Schnitts eingeführt und verankert wird. Sie ist für sportliche, junge und sehr alte Patienten bestens geeignet. Die beiden Beispiele zeigen eindrucksvoll, wie wichtig Forschung und daraus resultierende Innovationen für die hochwertige Behandlung von Patienten sind.
Seit 2011 verfolgt die Bundesregierung eine Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie (FTI), mit der Österreich bis 2020 in die Spitzengruppe der innovativsten Forschungsländer Europas aufsteigen soll. Die Resultate der Anstrengungen können sich nach Ansicht des Verkehrs- und Technologieministers Ing. Norbert Hofer bereits sehen lassen: „Österreich hat 2016 mit einer gesamtwirtschaftlichen F&E-Quote von 3,09 % den zweithöchsten Wert der EU-28 und den siebenthöchsten Wert unter allen Ländern der Welt aufgewiesen und zählt damit zu den forschungsintensivsten Ländern weltweit. Der Abstand zur Spitzengruppe hat sich damit zuletzt verringert, auch wenn sich das nicht in allen internationalen Innovationsrankings niederschlägt.“ Dennoch gibt es noch ungenützte Potenziale zur Steigerung des Innovationsoutputs: Nach wie vor besteht eine merkliche Diskrepanz zwischen Input und Output, das heißt, die stark geförderte Forschung wird nicht im selben Ausmaß in marktfähige Produkte umgesetzt.
Die Regierung überlegt daher unter anderem, ihre forschungsrelevanten Beratungsgremien zusammenzulegen und die 2020 auslaufende Forschungsstrategie durch eine bis 2030 laufende neue Strategie zu ergänzen sowie eine Exzellenzinitiative zur Stärkung der kompetitiven Grundlagenforschung zu starten. Details dazu sollen bei einem für das Frühjahr 2019 geplanten FTI-Gipfel bekannt gegeben werden. Umgesetzt wurde bisher mit www.grants.at eine Onlinedatenbank für Stipendien und Forschungsförderung. In über 1.200 Einträgen finden sich Informationen zu Fördermaßnahmen für Studien- bzw. Forschungsaufenthalte und nationalen Förderungen. Die Palette von Fördergebern reicht von internationalen Organisationen, der Europäischen Union, nationalen Regierungen im In- und Ausland sowie deren Landesregierungen und Stadtverwaltungen bis hin zu privaten Stiftungen, Vereinen und Unternehmen.
Prof. Dr. Klement Tockner, Präsident des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), betont die Rolle Österreichs: „Wir müssen uns im globalen Wettbewerb nicht verstecken, auch wenn es Luft nach oben gibt. Das gilt insbesondere für die Förderung der Grundlagenforschung – da sind die führenden Länder weit voraus. Gerade im Bereich Wissenschaft und Forschung gilt es jedoch, international konkurrenzfähig zu bleiben. Wer hier stehen bleibt, fällt zurück.“
Bildung, Forschung und Innovation sind in einer hochentwickelten Volkswirtschaft wichtige Parameter für das Wirtschaftswachstum und die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. „Innovative Unternehmen wachsen schneller, sind krisenfester und erzielen höhere Exportquoten als andere Unternehmen“, betonen Dr. Henrietta Egerth und Dr. Klaus Pseiner, Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Die FFG fördert pro Jahr rund 3.000 neue Projekte aus unterschiedlichen Themenbereichen. Dadurch werden rund 10.000 Arbeitsplätze im Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation direkt finanziert. Der volkswirtschaftliche Effekt geht aber deutlich darüber hinaus, wie die beiden Geschäftsführer wissen: „Es entstehen bis zu 200 neue Produkte und Dienstleistungen jährlich aus FFG-geförderten Projekten. Ein Fördereuro generiert mittelfristig rund zehn Euro an zusätzlichen Umsätzen und Lizenzerlösen.“ Allein in den Jahren 2015 bis 2017 wurden insgesamt über 51 Millionen Euro an Förderungen für Projekte aus dem Bereich Medizin und Gesundheit bewilligt.
Die FFG-Initiative „Arbeitsplätze durch Innovation“ zeichnet jene Unternehmen aus, die durch Innovationen neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt gebracht und damit eine besonders gute Unternehmens- und Beschäftigungsentwicklung erreicht haben. „Für uns stellt diese Initiative eine wichtige Awareness-Maßnahme dar, weil sie aufzeigt, welche wirtschaftlichen Impulse durch Forschung und Innovation gesetzt werden können und welche regionale Bedeutung die Unternehmen haben“, sind sich die FFG-Geschäftsführer einig.
Auch für außeruniversitäre Forschungszentren weiß DI Nikolaus Dellantoni, Geschäftsführer von ACMIT, dem Österreichischen Kompetenzzentrum für Forschung und Entwicklung im Bereich Medizintechnik, die Vorzüge des Standortes Österreich zu schätzen: „Es gibt eine breite Förderlandschaft, die in unterschiedlichen Phasen Finanzmittel bietet. Das reicht vom Innovationsprozess bis hin zum marktfähigen Produkt.“ Der Schwerpunkt von ACMIT liegt auf minimalinvasiver Chirurgie und dazu passenden operativen Eingriffen. Die Finanzierung der Projekte basiert auf dem Fördermodell des COMET-Programmes mit finanzieller Beteiligung von Industriepartnern sowie Fördermitteln der FFG. ACMIT konnte sich international mittlerweile einen sehr guten Ruf erarbeiten und so auch Investoren aus dem Ausland anziehen. „Das bringt Österreich nicht nur Reputation, sondern auch Arbeitsplätze und Neugründungen“, ist Dellantoni überzeugt. Für Unternehmen ist die Kooperation eine gute Möglichkeit, an Förderungen zu kommen, um neue Produkte zu entwickeln. Doch gerade in der Medizintechnik fehlt es oft an den passenden Partnern, denn viele der F&E-Abteilungen sind im Ausland angesiedelt.
Konkretes Verbesserungspotenzial für den Forschungsstandort ortet Dellantoni in mehreren Bereichen: „Die finanzielle Ausstattung der Universitäten ist verbesserungswürdig; der bürokratische Aufwand zur Förderabwicklung ist hoch und es gibt in Österreich wenig Risikokapital sowie keine aktive Investorenszene.“ Förderungen werden hierzulande genug angeboten, jedoch wer nicht genau weiß, wo und wie er danach suchen muss, bleibt meist auf der Strecke, denn die Drop-out-Quote ist hoch. „Ein Förderantrag ist ein Gesamtkunstwerk. Oft braucht es auch Glück, um zum Zug zu kommen. Das unternehmerische Risiko ist hoch, wenn mit viel personellem Aufwand Förderanträge geschrieben werden und dann doch kein Geld fließt“, weiß der Experte.
Zur Vereinfachung der Antragstellung wurde bei der FFG unter anderem auf ein elektronisches Einreichsystem umgestellt: „Gemeinsam mit der aws wurde www.foerderpilot.at ins Leben gerufen, das eine Suche nach den passenden Forschungs- und Wirtschaftsförderungen von österreichischen Bundes- und Landesstellen ermöglicht“, erklärt Egerth. QuickCheck kann auf Ideenskizzen schnell und unbürokratisch eine erste Einschätzung der Förderbarkeit geben, noch bevor ein Antrag ausgefüllt wird. „Für KMU gibt es niederschwellige Angebote wie den Innovationsscheck, den Patent.Scheck oder Markt.Start. Besonders der Innovationsscheck ist ein bewährtes Format, um auch jenen KMU, die über keine eigenen Forschungsressourcen verfügen, einen Einstieg in eine kontinuierliche Forschungs- und Innovationstätigkeit zu ermöglichen“, sagt Pseiner.
Die heimischen Forschungsstätten sind sehr gut aufgestellt und finden sich in vielen wissenschaftlichen Teilbereichen in der Weltspitze wieder. „Gerade, was die FWF-Förderung von Grundlagenforschung im Allgemeinen bzw. klinischer Forschung im Speziellen betrifft, wäre es allerdings notwendig, wenn man den Forschungsstätten zumindest zu einem Teil ihre Overheadkosten finanzieren könnte. Wir haben eine vielfältige Forschungslandschaft. Vielfalt stellt einen großen Wert dar, wenn sie Synergien entfaltet, ist aber hemmend, wenn sie zur Kleinteiligkeit und Zersplitterung führt“, wünscht sich Tockner. In puncto Personal sieht er derzeit keine Schwachstelle: „Österreich hat sowohl in der klinischen Forschung als auch in der Grundlagenforschung allgemein ausreichendes Potenzial, das es allerdings zu begeistern, zu fördern und zu halten gilt. Im immer stärker werdenden globalen Wettbewerb um die besten Talente gilt es mehr denn je, Top-Leute mittels attraktiver Rahmenbedingungen ins Land zu holen bzw. hier zu halten. Ohne einen international konkurrenzfähigen Wissenschaftsstandort werden wir über kurz oder lang noch mehr unserer besten Köpfe ans Ausland verlieren. Bereits jetzt sind wir ein Netto-Exportland an großartigen Talenten und Forschern“, sagt der FWF-Präsident.
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