Der Ursprung der therapeutischen Hypothermie liegt in den 1950er-Jahren, als in einigen Fallberichten die positive Wirkung bei Patienten nach Herzkreislaufstillstand berichtet wurde. Anfang der 1960er-Jahre gab es im Rahmen der ABC-Richtlinien für die Wiederbelebung bereits die Empfehlung, den Buchstaben „H“ für Hypothermie hinzuzufügen. Zu diesen Zeiten steckte die Intensivmedizin noch in den Kinderschuhen, Hypothermie war mit vielen nicht beherrschbaren Komplikationen verbunden, das Therapiekonzept wurde daher nicht mehr weiterverfolgt.
In den späten 1980er-Jahren fand man durch Zufall in Tierversuchen, dass man auch dann den ischämischen Schaden an Nervenzellen vermindern kann, wenn man die Körpertemperatur nach Kreislaufstillstand nur leicht auf 32 bis 34 °C absenkt. Es folgte eine Vielzahl an geplanten randomisierten Tierexperimenten, Fallberichten und Beobachtungsstudien, die weltweit immer wieder diesen Effekt zeigten. Die ersten zwei randomisierten Humanstudien zur therapeutischen Hypothermie nach Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern wurden 2002 publiziert: Auch diese bestätigten den neuroprotektiven Effekt, worauf in internationalen Guidelines die Empfehlung ausgesprochen wurde, Patienten nach einem nichttraumatischen prähospitalen Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie auf eine Zieltemperatur von 32 bis 34 °C abzukühlen und diese Zieltemperatur für zwölf bis 24 Stunden beizubehalten. Diese Empfehlung wurde auch für einen Kreislaufstillstand ohne Kammerflimmern ausgesprochen, jedoch mit einem niedrigeren Evidenzgrad. Ein Cochrane Review fasste in Folge die Ergebnisse von fünf randomisierten Studien zu therapeutischer Hypothermie zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass nach einem Kreislaufstillstand gekühlte Patienten eine um 55 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein gutes neurologisches Outcome haben, im Vergleich zu nicht gekühlten Patienten, entsprechend einer „number needed to treat“ von 6. Die Guidelines wurden damit inhaltlich bestätigt und auch in der neuesten Version der Empfehlungen der American Heart Association und des European Resuscitation Council von 2010 zur Behandlung von Patienten nach Kreislaufstillstand wurden diese Empfehlungen so ausgesprochen.
Nach 2010 bestätigten Register und Beobachtungsstudie zum überwiegenden Teil die positive Wirkung therapeutischer Hypothermie mit 32 bis 34 °C in der täglichen klinischen Routine. Rezent Ende 2013 wurde eine große randomisierte Multicenter-Studie von Nielsen und Kollegen veröffentlicht (Nielsen N, et al. NEJM. 2013. 369(23):2197-206). Sie zeigte, dass es sowohl hinsichtlich der Mortalität und des neurologischen Outcomes, aber auch hinsichtlich der Nebenwirkungen keinen Unterschied macht, ob Patienten auf 33 °C oder 36 °C gekühlt werden. Die Studie hat zu vielen Diskussionen unter Hypothermie-Experten und Klinikern geführt. Trotz einer ausgefeilten Methodik wies auch diese Studie einige grundlegende Limitationen auf. Eine der wichtigsten Limitationen ist das Studiendesign. Nielsen und Kollegen haben zur Frage der Dosisfindung (33 °C versus 36 °C) ein pragmatisches Studiendesign mit einem hohen Grad an Heterogenität verwendet (allein hervorgerufen durch 36 teilnehmende Zentren in ganz Europa ohne detailliertes Protokoll zur Kühlung). Ein fehlender Unterschied zwischen den beiden Interventionsgruppen könnte genauso auf die Heterogenität und das dadurch hervorgerufene „Hintergrundrauschen“ zurückzuführen sein, statt auf einen wirklich fehlenden Unterschied in der Effektivität, wie von den Studienautoren resümiert wurde. Ohne Placebo-Arm können eigentlich keine weiteren Aussagen getroffen werden.
Eine weitere Limitation der Studie liegt in der langen Zeitdauer von der erfolgreichen Reanimation bis zum Erreichen der Zieltemperatur 33 °C von insgesamt zehn Stunden. Tierstudien deuten auf ein therapeutisches Fenster der Hypothermie von längstens sechs bis acht Stunden hin. Weiters zeigten die Patienten, bedingt durch den sehr hohen Anteil an sofortiger Basisreanimation, mit durchschnittlich einer Minute eine sehr kurze absolute Zeit des Herzstillstands. Andere retrospektive Studien haben gezeigt, dass Patienten mit sehr kurzer Stillstandzeit kaum neurologische Schäden haben und eigentlich keiner Therapie mit Hypothermie bedürfen. Zurzeit gibt es noch keinen veröffentlichten Konsensus, ob Patienten nun mit 33 °C oder möglicherweise 36 °C gekühlt werden sollen. Das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR), dem auch die American Heart Association und das European Resuscitation Council angehören, hat daher in einer Aussendung empfohlen, den ursprünglichen Richtlinien von 2010 weiter zu folgen, bis eventuell ein neuer Konsensus gefunden wird.
In den ersten randomisierten Studien (HACA. NEJM 2002 und Bernard et al. NEJM 2002) wurden die Patienten erst nach Aufnahme im Krankenhaus mit einer Verzögerung von bis zu vier Stunden gekühlt. Zellstudien und Tierstudien zeigten, dass der neurologische Schaden geringer ist, je früher mit der Kühlung des Organismus begonnen wird. Dieser Zusammenhang konnte bis jetzt in randomisierten Studien (prähospitale Kühlung versus Kühlung nach Aufnahme im Krankenhaus) nicht nachgewiesen werden (Bernard et al. Circulation 2010 und Crit Care Med. 2012; Kim et al. Jama 2014). Leider haben auch diese Studien wesentliche Limitationen: In den Studien von Bernard sind die präklinisch gekühlten Patienten im Spital wieder mit der Temperatur angestiegen und im weiteren Verlauf ist die Zieltemperatur von 33 °C in keiner der beiden Gruppen erreicht worden; in der Studie von Kim erhielt nicht einmal die Hälfte der präklinisch gekühlten Patienten die ausreichende Menge an kalter Flüssigkeit. Der Schluss, dass es keinen Unterschied zwischen prähospitaler und innerhospitaler (frühzeitiger und verzögerter) Kühlung gibt, ist daher kritisch zu hinterfragen und wahrscheinlich nicht zulässig.
In einer rezenten Meta-Analyse (Kim et al. Resuscitation 2012) wurden alle nichtrandomisierten Studien zusammengefasst, die den Effekt von therapeutischer Hypothermie bei Patienten mit Asystolie und PEA verglichen. Es zeigte sich ein nicht ganz so großer Effekt für ein gutes neurologisches Outcome wie bei Patienten mit Kammerflimmern, aber er war signifikant und vorhanden. Auch die retrospektive Analyse einer populationsbasierten Datenbank in Wien zeigte, dass die Kühlung auch für Patienten mit nicht-schockbaren Rhythmen mit einem deutlich verbesserten neurologischen Outcome verbunden war (Testori et al. Resuscitation 2011).
Temperaturmanagement ist wichtig! Eventuell könnte eine bestimmte Patientengruppe auch von einer Zieltemperatur von 36 °C profitieren, derzeit empfiehlt das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) aber weiterhin, mit einer Zieltemperatur von 33 °C zu kühlen.