Transparenz schafft Sicherheit

Wer Einblick hat, kann auch parti­zipativ mitentscheiden, meint Dr. ­Brigitte Ettl, Präsidentin der Österreichischen Plattform Patientensicherheit. Im Gespräch erklärt die Expertin, warum Patientensicherheit und Transparenz untrennbar verbunden sind.

Warum ist das Trio „Transparenz, Patientensicherheit und Medizinprodukte“ so wichtig in der Gesamtheit zu sehen?

Transparenz steigert Vertrauen. Vertrauen in Patientensicherheit und Vertrauen in die Qualität von Medizinprodukten ist unerlässlich für die Betreuung und Behandlung von Patienten. Die transparente Qualitätssicherung von Medizinprodukten ist bedeutend, so auch die Transparenz in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Sie fördert die partizipative Entscheidungsfindung.
Diese Transparenz lässt sich durch die Veröffentlichung von Patientensicherheitsindikatoren erreichen, so wie es beispielsweise die Helioskliniken in Deutschland handhaben. Die Stiftung Patientensicherheit in der Schweiz, das deutsche Aktionsbündnis Patientensicherheit und die Österreichische Plattform Patientensicherheit setzen sich für ein verpflichtendes Meldesystem ein, in dem definierte, vermeidbare, unerwünschte Ereignisse von besonderer Relevanz, sogenannte Never Events, durch die Leistungserbringer im Gesundheitswesen vermerkt werden.

Wo gibt es gute Ansätze, wo besteht noch Nachholbedarf im Gesundheitswesen?

Einen guten Ansatz in Österreich liefert etwa die Plattform kliniksuche.at. Die Website unterstützt Patienten dabei, ein Krankenhaus nach ihren Wünschen zu finden. Auch der Einsatz von Lern- und Reportingsystemen, die über Organisationen vernetzt werden können – wie zum Beispiel CIRSmedical –, ist ein guter Ansatz. Ziel muss es sein, dass diese Systeme noch viel stärker genutzt werden. Die darin enthaltenen Informationen müssen systematischer als bisher genutzt werden. Vor allem wäre die Kommunikation mit den Mitarbeitenden in den Gesundheitseinrichtungen wichtig. Damit könnten mehr Risiken erkannt und die entsprechenden Präventionsmaßnahmen gesetzt werden.
Handlungsbedarf gibt es in der Dokumentation und Erfassung von Fehlerhäufigkeiten und Schadensfällen. Da es keine Daten gibt, besteht auch keine Möglichkeit, das Lernen aus Fehlern zu fördern. Jeder Fehler, aus dem heute nicht gelernt wird, kann sich morgen wiederholen und einen Schaden verursachen. Nachholbedarf gibt es auch bei der Digitalisierung, beispielsweise in der Medikamentenverordnung. Mit dem Einsatz von Warnhinweisen von Allergie- und Arznei­mittel­inter­aktions-Checks könnten Medikationsfehler vermieden werden.

Wem nützt Transparenz?

Transparenz kann als vertrauensbildende Maßnahme sowohl für Anwender als auch für Patienten gesehen werden. Die Verwendung von qualitätsgesicherten Medizinprodukten ist für die Anwendenden wichtig, weil damit eine wesentliche Voraussetzung für erhöhte Patientensicherheit gegeben ist. Damit ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit in der Patientenbehandlung geleistet.
Transparenz ermöglicht Patienten vermehrt das Mitwirken an Behandlungsprozessen und stärkt das Patient Empowerment. Die Qualität einer Einrichtung und der Vergleich verschiedener Angebote von Behandlungs- und Therapieformen ist für Patienten besser sichtbar. Und: Transparenz kann wesentlich zur Enttabuisierung von Fehlern in der Medizin beitragen.

Wie hat sich das Thema Patient Empowerment in der COVID-19-Pandemie entwickelt?

Durch die COVID-19-Pandemie scheint das Bewusstsein für andere ernste Erkrankungen in den Hintergrund getreten zu sein. Auf der anderen Seite haben Themenbereiche wie Patient Empowerment und Hygiene einen starken Aufschwung erhalten. Das ist positiv zu bewerten. Wir waren und sind teilweise immer noch durch COVID-19 im Krisenmodus. Allerdings dürfen wir nicht die restlichen Tools der Patientensicherheit vergessen und übersehen. Und wir brauchen eine klare, transparente Kommunikation, die für alle verständlich ist. Dies gilt für das Know-how rund um Patientensicherheit wie auch für die Erkenntnisse, die wir aus der Pandemie gewinnen konnten.

Österreichische Plattform Patientensicherheit

Die Plattform Patientensicherheit wurde 2008 gegründet und setzt den Fokus auf vier zentrale Themenbereiche der Patienten- und Mitarbeitersicherheit: ­Kommunikation, Medikationssicherheit, Hygiene und Patient Empowerment. Wichtige Tools konnten entwickelt und in der Praxis etabliert werden. Ein internes Konsultationsverfahren unter Experten stellt die hohe Qualität der Ergebnisse dar. Neben Projekten werden laufend Arbeitsgruppen zu aktuellen Themen der Patienten- und Mitarbeitersicherheit etabliert. Im letzten Jahrzehnt konnte die Plattform im Bereich Patientensicherheit große Meilensteine erzielen: Handlungsempfehlungen, Checklisten und das kontinuierliche Kommunizieren der Schnittstellen und Bedeutung einer gelebten Patientensicherheit sind nur einige Beispiele dafür, was in dieser Zeit bewegt wurde.
Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika hinken in puncto Patientensicherheit den Arzneimitteln keineswegs hinterher, unsere Branche unterliegt vergleichbar hohen Anforderungen und Regulierungen wie jenen der Pharmaindustrie. Die neuen europäischen Verordnungen für Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika bringen dabei ein ­zusätzliches Plus an Transparenz, Sicherheit und Qualität in die Gesundheitsversorgung, sie ­führen aber auch zu mehr Bürokratie in der gesamten Abwicklung. Das belastet Betriebe umso mehr, als gewisse Schwachstellen in diesem Zulassungssystem noch nicht behoben sind.