Verbesserte Erstversorgung bei Großunfällen

Im Mittelpunkt von SOGRO steht die Verkürzung der ersten, potenziell chaotischen Phase bis zum Beginn des Transports der Verletzten in Krankenhäuser. Kernpunkt ist die neuartige Triagierung zur Sichtung und Einteilung der Verletzten in Dringlichkeitskategorien mit Funk-Etiketten in farbigen (Arm-)Bändern für die Verletzten statt der bisherigen Verletztenanhängekarten.

Zeitgewinn verbessert Versorgung

„Die Herausforderung des Projektes SOGRO liegt darin, schneller und detaillierter als das herkömmliche papierbasierte Verfahren zu sein und die in Gefahrensituationen unabdingbare Zuverlässigkeit, Fehlerfreiheit, Robustheit und einfache Bedienbarkeit zu steigern“, fasst Mario Di Gennaro, Projektkoordinator SOGRO beim Deutschen Roten Kreuz, zusammen. Der sich durch SOGRO ergebende Zeitgewinn, die detaillierte Gesamtübersicht und der integrierte Informationsfluss zwischen den Beteiligten verbessern die Erstversorgung wesentlich und können somit zur Rettung von Menschenleben beitragen. Durch den Einsatz moderner Informationstechnologie wird eine durchgängige Informationskette aufgebaut: Von der Erfassung, Sichtung und Versorgung der Verletzten, der Nachverfolgbarkeit von Transportwegen bis hin zur Klinikaufnahme. „Eine Begleitforschung behandelt rechtliche, soziologische und wirtschaftswissenschaftliche Fragen. Als Koordinator fungiert das Deutsche Rote Kreuz, Bezirksverband Frankfurt“, erklärt Di Gennaro.

Versorgung, Transport und Unterbringung

Im Rahmen der SOGRO-Erprobung fand am 9. Oktober 2010 die größte Rettungsübung der letzten Jahrzehnte im Rhein-Main-Gebiet unter der Bezeichnung „SOGRO MANV 500“ statt. Federführend für die Übung waren die Stadt Frankfurt am Main und das Deutsche Rote Kreuz Frankfurt am Main. Die Fraport AG verband mit der Aktion ihre alle zwei Jahre stattfindende Notfallübung nach den Richtlinien der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO. Das Übungsszenario umfasste eine Kollision zweier Flugzeuge mit über 500 Passagieren auf der Landebahn Nordwest. „Im Rahmen dieser Übung sollten sowohl das Zusammenspiel von medizinischer Versorgung, Transport der Schwerverletzten und die Unterbringung in Krankenhäusern geprobt als auch die Einbindung der Sicherheitsbehörden optimiert werden. Die Übung lief in einem realen Zeitrahmen ab, somit wurde gleichzeitig der Einsatz einer elektronischen Infrastruktur erprobt, die es ermöglichte, erforderliche Patientendaten in Echtzeit zur Verfügung zu stellen“, beschreibt Di Gennaro den Ablauf.

Herausforderung für Verkehrslogistik

Das Ergebnis bestätigte die Wirksamkeit der elektronischen Triage: ein deutlicher Zeitgewinn und eine bessere Übersicht der Verletztenanzahl und der Verletzungsmuster und die Übersicht vorhandener Krankenhausbetten direkt am Schadensort. „Da bisher noch nie 250 Patienten unter Realbedingungen mit Blaulicht transportiert wurden, war das Ergebnis eine Überraschung für alle Beteiligten“, erinnert sich der Projektkoordinator von SOGRO. Obwohl der Frankfurter Flughafen ca. 16 km von Frankfurt entfernt ist, waren alle 250 Transporte nach zwei Stunden und 45 Minuten abgeschlossen.
Zahlreiche Weiterentwicklungen wie eine GPS-Verfolgung der Rettungsfahrzeuge oder die elektronische Rückmeldung aus den Krankenhäusern bezüglich wechselnder Zahlen von belegten Betten wurden in der darauffolgenden Zeit vorgenommen. Für den endgültigen Test aller Neuerungen wurde im Februar 2012 noch einmal eine Rettungsübung unter der Bezeichnung „SOGRO MANV 250“ durchgeführt. In einer Ballsporthalle wurde der Einsturz einer Tribüne als Übungsszenario simuliert. Auch hier konnten eindeutig die Punkte

  • zeitgleiche und sofortige Information aller Beteiligten im Minutentakt,
  • sofortige Übersicht der vorhandenen Krankenhausbetten,
  • Übersicht der Gesamtbettenanzahl der Stadt Frankfurt
  • schnellere Übersicht der Verletzten (Verletzungsmuster) und somit Zeitgewinn beim Abtransport (Schwerstverletzte zuerst)

positiv demonstriert werden.

Ressourcenplanung in Echtzeit

Die auf den PDAs der Rettungsassistenten laufende Software ist vom Projektpartner Atos speziell für SOGRO entworfen und implementiert worden. Die Einsetzbarkeit dieser Software in Krisensituationen für Nicht-IT-Fachpersonal ist ein wesentlicher Akzeptanzfaktor für SOGRO. Die Anbindung der Krankenhäuser über die entwickelte SOGRO-Server-Software (TriageDataCenter) ermöglicht die Berücksichtigung der aktuellen Aufnahmekapazitäten der Krankenhäuser bei der Disponierung der Rettungstransportwagen schon in der Einsatzleitung am Schadensort. Frankfurt verfügt seit mehr als einem Jahr über ein webbasiertes Programm, das die Ressourcen der Krankenhäuser auch in Echtzeit darstellen kann (IVENA). Inzwischen wurde IVENA im Land Hessen flächendeckend eingeführt. IVENA war bisher nur für den alltäglichen Einsatz ausgelegt. Nun gibt es eine Schnittstelle zwischen IVENA und SOGRO. Damit können von SOGRO-Seite nun auch Patienten erfasst werden, die unabhängig vom SOGRO-Schadensfall im Krankenhaus aufgenommen werden. Jetzt haben die Transportkoordinatoren an der Schadensstelle Zugriff auf die tatsächlich in allen Frankfurter Kliniken zur Verfügung stehenden Betten.
Durch GPS-Lokalisation können auch die Geräte und somit die Fahrzeuge, in denen sich ein Gerät befindet, lokalisiert werden. Die Darstellung dieser Informationen in einem Geo-Informationssystem (GIS) verbessert die Übersicht über die Schadenslage.
Die exakte und früheste mögliche Alarmierung von weiteren Rettungskräften und Krankenhäusern ist bei Großschadensereignissen unerlässlich und unterstützt die Entscheider maßgeblich.

 

Mitglieder des Projekt-Konsortiums
  • Deutsches Rotes Kreuz, Bezirksverband Frankfurt
  • Atos IT Solutions and Services GmbH, C-LAB, Paderborn
  • Andres Industries AG, Berlin
  • Universität Freiburg, Freiburg im Breisgau
  • Universität Paderborn, C-LAB, Paderborn
  • Universität Stuttgart, Institut für Flugzeugbau (IFB), Stuttgart

www.sorgo.de