Die Ursachen von Schwindel reichen von Störungen des Gleichgewichtsorgans über zentral-neurologische und psychische Erkrankungen bis zu Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch. Das macht die Diagnose für Neurologen, aber auch Hals-Nasen-Ohren-Ärzte schwierig. Übliche Verfahren zur Untersuchung bei Schwindel sind die kalorische Spülung, bei der die Gehörgänge mit warmem und kaltem Wasser gespült werden, oder die Drehstuhl-Untersuchung, bei der der Patient gedreht und seine reflektorischen Augenbewegungen aufgezeichnet werden.
Seit wenigen Jahren gibt es den videobasierten Kopfimpulstest (vKIT), bei dem eine Kamera die Augenbewegungen misst, während der Kopf vom Untersucher rasch gedreht wird und der Patient gleichzeitig versucht, einen Zielpunkt im Blick zu behalten. Da das Gleichgewichtsorgan sehr empfindlich auf Beschleunigungen reagiert, können Fehlfunktionen des Organs durch rasche Kopfbewegungen gut erfasst werden. „Die Technik des vKIT hat sich kürzlich entscheidend verbessert, sodass nun auch solche schnellen Kopfbewegungen aufgezeichnet und in wenigen Minuten ausgewertet werden können“, erklärt Dr. Christoph Helmchen, Leiter der Schwindelambulanz des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Mitglied der Fortbildungskommission der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung.
Eine von Helmchen geleitete Studie an mehr als 1500 Schwindelpatienten zeigt, dass der vKIT für die Patienten verträglicher ist und deutlich weniger Zeit in Anspruch nimmt als eine einstündige kalorische Spülung oder eine Drehstuhl-Untersuchung: „Mit dem vKIT finden wir in 15 Minuten heraus, ob die Ursache für den Schwindel im Innenohr oder im Gehirn liegt.“ Je nach Ergebnis lässt sich damit unmittelbar ein Schlaganfall ausschließen, weshalb der DGKN-Experte den Video-Test auch für Notaufnahmen in Kliniken empfiehlt. „Viele Menschen, die mit Schwindel die Notaufnahme erreichen, leiden an einem vestibulären Schwindel, bei dem die Ursache im Innenohr liegt“, so Helmchen.
Die bisher übliche Magnetresonanztomografie (MRT) ist für diese Diagnose meistens nicht geeignet und auch nicht notwendig, folgert Helmchen aus den Ergebnissen einer amerikanischen Studie. Diese zeigt, dass Ärzte mittels vKIT und zwei anderen einfachen Untersuchungen einen Schlaganfall als Ursache einer akuten Schwindelepisode genauso gut diagnostizieren können wie mit MRT, allerdings in erheblich kürzerer Zeit. Helmchen geht sogar noch weiter: „Der videobasierte Kopfimpulstest könnte künftig den gleichen Stellenwert erlangen wie das EKG für den Neurologen in den Notaufnahmen.“