Wer freut sich schon auf ein Audit?

Viel Zeit, viel Aufwand und wenig Output“ ist der verbreitete Tenor, wenn von ISO-Zertifizierungen die Rede ist. „Wir wollen dem ein Ende setzen und Qualitätsmanagementsysteme als das positionieren, was sie sind, nämlich ein Instrument, um gemeinsam Prozesse zu gestalten und dabei die Performance zu verbessern“, betont Konrad Schreiber, CEO Quality Austria anlässlich des 21. qualityaustria Forums, an dem knapp 800 Besucher teilgenommen hatten. „Das Audit ist ein Gestaltungshebel“, so Schreiber. Und um gestalten zu können, ist eine Reihe von Voraussetzungen nötig, wie das Wissen um Normen und Modelle, aber auch die Kenntnis der Branche, der Auditmethoden sowie von Fragetechniken und Dokumentation bis hin zu einer Form der ­Unternehmenskultur, die auch einen Gestaltungseffekt erzeugen kann. „Gestaltung ist ein kreativer Schaffensprozess, bei dem Situationen, Prozesse oder Gedankengut verändert werden. Das braucht eine Reihe von kognitiven Lernkompetenzen, die Offenheit, die Fähigkeit, Fehler zuzugeben, Umsetzungsbereitschaft, Vertrauensförderung und Mut“, fasst Schreiber zusammen.

Gemeinsame Werte entwickeln

Für Krankenhäuser heißt das konkret: eine offene Fehlerkultur und eine Lernkultur zu schaffen, die Mitarbeiter fördert, sich laufend verbessern zu wollen. Dass dazu eine Reihe von „kulturbedingten“ Rahmenbedingungen erforderlich ist, die im medizinischen Arbeitsalltag oft fehlen, liegt auf der Hand: respektvolles Miteinander, die Vermeidung von Prüfungs- und Versagensängsten, die Bereitschaft, Wissen zu teilen, oder auch die Ansicht, dass Audits Lernplattformen sein dürfen. Auditprozesse erfordern es, auf einer Führungsebene klare Entscheidungen zu treffen und nicht zuletzt gemeinsame Werte zu entwickeln. „Wer bei einem Audit etwas gelernt hat, muss das oft verheimlichen, sonst wird sofort sein Expertenstatus angezweifelt“, weiß Schreiber aus Erfahrung und fordert mehr Lob und Anerkennung für die Beteiligten.

Neufassung der ISO 9001

Dr. Anni Koubek, Prokuristin Innovation & Koordination bei Quality Austria, fasste zusammen, was sich Unternehmen von der Revision der ISO 9001, von der in Österreich ca. 5.000 Institutionen betroffen sind, erwarten dürfen. Die aus der Tradition für Produktionsbetriebe kommende ISO 9001 wandle sich mit der Revision und spreche nun auch explizit Dienstleistungsunternehmen an. „Die neue Managementnorm ISO 9001:2015 soll unterstützen und sicherstellen, dass Veränder­ungen in den zunehmend komplexen, anspruchsvollen und dynamischen Umgebungen, in denen Organisationen tätig sind, reflektiert werden. Denn bei Qualität geht es ums Gestalten – nicht ums Verhindern!“

Qualität schafft Stabilität

Diesem Motto folgte auch Dr. Hans-Georg Häusel von der Gruppe Nymphenburg Consult AG und untersuchte, was das (Qualitäts-)Management von der Hirnforschung lernen kann: „70 bis 80 % der alltäglichen Entscheidungen erfolgen unbewusst. Daher stehen die Grundkräfte jeder Unternehmensentwicklung auch ebenso im Spannungsfeld der vier Emotionssysteme im Gehirn: Stimulanz, Dominanz, Balance und Harmonie.“ Die Summe der in einer Organisation vertretenen Charaktere bestimme somit auch die Arbeits-, Lern- oder Fehlerkultur in einem Krankenhaus – dort, wo dominante Typen vorherrschen, sind Spitäler eher First Mover bzw. auf Wachstum und Expansion ausgerichtet, während Organisationen mit hohen „Balance“-Kräften vor allem durch Stabilität, Verlässlichkeit und Tradition gekennzeichnet sind. Auch die Qualität und Qualitätsmanagementsysteme sind im Emotionssystem der Balance angesiedelt, werden daher mit Stabilität und Sicherheit, aber auch Gewohnheit gleichgesetzt.

 

Quelle: 21. qualityaustria Forum, März 2015